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Die taubenhafteste US-Zinserhöhung aller Zeiten (Robert Halver, Christoph Scherbaum)

Autor:
Christoph Scherbaum

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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17.03.2017, 9080 Zeichen

Die Risikofaktoren an den Finanzmärkten haben zuletzt deutlich an Einfluss verloren. Durch ihre Zinserhöhung kann die Fed jetzt behaupten, angesichts verbesserter US-Konjunkturdaten nicht untätig geblieben zu sein. Damit verschafft sie sich – und das ist die eigentliche Absicht – ein willkommenes Alibi für zinspolitische Zurückhaltung, bis sich die Konjunkturpolitik der neuen US-Regierung offenbart. Frau Yellen kann ihr Kunststück „Zins-Spiel ohne Ball“ zur Verhinderung eines Zinsschocks an den Rentenmärkten also fortsetzten. In den Niederlanden hat der Deich gegen die Euro-feindlichen Sturmfluten gehalten. Und ein ähnliches pro Europa-Ergebnis ist auch für die Präsidentschaftswahl in Frankreich zu erwarten. Doch besteht langfristig die größte politische Gefahr für ein gemeinsames Europa darin, dass die Politiker dann versucht sein könnten, weiter ihre Hände in den Schoß zu legen und damit Europa seiner wirtschaftlichen, aber auch politischen Perspektiven berauben.

Der sogenannte „dot plot“ – die Leitzinsprojektionen der Fed – signalisieren zwar weiter insgesamt drei Zinssteigerungen für dieses Jahr sowie jeweils für 2018 und 2019. Diese sind jedoch alles andere als in Stein gemeißelt. Tatsächlich spricht Frau Yellen anhaltend von akkommodierender Geldpolitik. Am Devisenmarkt hat sich die Einschätzung durchgesetzt, dass die US-Wirtschaft zinspolitisch nicht über Gebühr belastet wird. So zeigt der US-Dollar seit Jahresbeginn und zuletzt mit Dynamik gegenüber den meisten Währungen eine Abschwächung. Neben einer Aufwertung des Euros hat interessanterweise der mexikanische Peso am stärksten zugelegt.

US-Konjunkturpläne im Fokus der Fed

Das Hauptaugenmerk der Fed richtet sich auf die Konjunkturmaßnahmen der Trump-Administration. Die geplanten Trumponomics haben sich in einem imposanten Stimmungsanstieg bei US-Kleinunternehmen niedergeschlagen. Bislang allerdings sind die wirtschaftspolitischen Pläne der neuen US-Regierung wenig konkret. Das versetzt die US-Notenbank in die Lage, sich in puncto weiterer Zinserhöhungen Zeit zu lassen.

Grundsätzlich hat die US-Notenbank ihre Wachstumsprojektionen nahezu unverändert gelassen: 2,1 Prozent in diesem Jahr; 2,1 nach 2,0 Prozent für 2018 und 1,9 Prozent für 2019. Auch das setzt zinserhöhungspolitisch entspannte Duftmarken.

Inflationsanstieg und Notenbankreaktion – Das Alibi wieder sinkender Ölpreise

Ad hoc betrachtet besteht aus Inflationssicht zwar klares Zinserhöhungspotenzial. Dieser Preisdruck entspringt jedoch nicht der vermeintlich robusten Situation am US-Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungsaufbau vollzieht sich weiterhin schwerpunktmäßig im Bereich des Niedriglohnsektors – vor allem in der Gastronomie – und bislang kaum im einkommensstarken Industriesektor.

Diese Entwicklung am Arbeitsmarkt erklärt den bislang moderaten Aufwärtsdruck der durchschnittlichen Stundenlöhne im produzierenden Gewerbe. Ein Inflationsschub über Zweitrundeneffekte bleibt aus.

Tatsächlich hat die US-Notenbank ihre Inflationsprognosen nicht verändert: 1,9 Prozent 2017, 2018 und 2019 jeweils 2,0 Prozent. Insofern wird das Inflationsziel der Fed erst 2018 erreicht, was keine unmittelbar scharfe Zinsreaktion erfordert. Die Fed ist sogar bereit, ein temporäres Überschießen über ihren Inflationszielwert zu tolerieren, für das sie insbesondere die Basiseffekte steigender Rohstoffpreise verantwortlich macht.

Denn diese rohstoffbasierte Preisbeschleunigung sieht die Fed als nicht nachhaltig an. Sie kennt die mangelnde Förderdisziplin der OPEC aufgrund der finanzpolitischen Notlage ihrer Mitglieder. Und sie weiß, dass angesichts der Alternativfördermethode Fracking keine nachhaltige Preisbefestigung zu erwarten ist. Tatsächlich haben die Anzahl aktiver US-Ölbohrungen und damit auch die US-Ölproduktion wieder spürbar zugenommen, seit der Ölpreis über der Profitabilitätsschwelle von 50 US-Dollar liegt. Wenn die OPEC kürzt, weitet Fracking die Produktion aus.

So deuten auch die markant gestiegenen Spekulationen am Terminmarkt auf steigende Ölpreise – seit der Einigung der OPEC-Produzenten und Russland auf Förderkürzungen – auf deutliches Korrekturpotenzial beim Ölpreis hin. Die zuletzt widersprüchliche Nachrichtenlage von der OPEC-Front hat in der Tat erhebliche Zweifel an der Umsetzung der Förderkürzungen aufkommen lassen. Die Rohstoffseite gibt der Fed ein Argument für zinserhöhungspolitische Zurückhaltung.

Restriktive US-Zins- und Liquiditätspolitik nur eine Fata Morgana

Nach Inflation entpuppt sich die bisherige US-Zinserhöhungspolitik ohnehin als Mogelpackung. Real haben wir es in Amerika seit 2015 mit einer „Zinssenkungspolitik“ zu tun. Und nach Preissteigerung sind auch die volkswirtschaftlichen Kreditzinsen rückläufig und damit eindeutig wirtschaftsfördernd. Der Realzins einer durchschnittlichen 30-jährigen Hypothek ist auf das tiefste Niveau seit 2013 gefallen. Amerika ist mit der bravsten Zinserhöhungspolitik aller Zeiten „konfrontiert“.

Die Fed hält auch an ihrer üppigen monetären Ausstattung fest. Sie betreibt keinen Liquiditätsabzug, um einem weltkonjunktur- und -finanzmarktschädlichen Zinsschock zu entgehen. Frau Yellen weiß um den massiven Überdruck in der größten Anlageblase der Welt, dem Zinsvermögen.

Damit wird auch das Volumen der Wertpapierkredite an der New York Stock Exchange als markante Stütze für die Aktienmärkte zinspolitisch nicht gehandicapt. Von ihrem Rückgang aufgrund der Zinserhöhungsangst im vergangenen Jahr hat sich das Kreditvolumen vollständig erholt und befindet sich sogar auf einem neuen Allzeithoch.

Politische Zitterpartie in Europa vorerst gestoppt, aber…

Mit dem Euro-freundlichen Ergebnis bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden ist das Gespenst eines „Nexit“ – eines niederländischen Euro-Austritts – gebannt. Dieses Ergebnis hat ebenso positive Signalwirkung auf die Wahlen in Frankreich: Dort wird die Euro-kritische Präsidentschaftskandidatin Le Pen in der Stichwahl wohl keine Mehrheit erhalten.

Folgerichtig signalisiert der von der BNP Paribas veröffentlichte Political Risk Index für die Eurozone, dass die politischen Risiken deutlich an Drohpotenzial verloren haben. Die Kursschwankungsbreite von Aktien der Eurozone gemäß VStoxx Volatility Index befindet sich auf einem Allzeittief.
Über diesen Pyrrhus-Sieg kann sich Europa aber nicht zu lange freuen. Die EU- und Euro-Politik muss dicke Bretter bohren anstatt Laubsägearbeiten zu betreiben. Langfristig wird Europa von seinen Bürgern abgelehnt, wenn es nicht mit Perspektiven, mit persönlicher Prosperität verbunden ist. Die kommt aber nicht aus Verzagtheit, sondern nur mit mutiger Reformpolitik, die z.B. die Wertschöpfung der Digitalisierung nicht Amerika und Asien überlässt. Ansonsten ist das europäische Gemeinschaftswerk nachhaltig nicht zu halten.

Immerhin haben sich die Geschäftsaussichten für die deutsche Industrie selbst laut ZEW Konjunkturerwartungen stabilisiert. Die hierzu befragten Analysten waren in der Vergangenheit im Vergleich zu den ifo Geschäftserwartungen – bei denen die Unternehmen selbst befragt werden – deutlich kritischer.

Hintergrund ist ein versöhnlicherer Ton von US-Präsident Trump in Handelsfragen, übrigens auch in Richtung deutscher Bundesregierung. Auch China schafft es, seine Volkswirtschaft mit Hilfe der Notenbank zu stabilisieren. Insgesamt werden die Aussichten für die Weltkonjunktur 2017 stabiler eingeschätzt.

Und auch das bisherige Zauberelixier für die Aktienmärkte bleibt erhalten. Frau Yellens Zinspolitik tut nicht wirklich weh. Und von der EZB geht keine Gefahr aus.

Charttechnik DAX – Die Marke bei 12.000 Punkten bleibt hart umkämpft

Aus charttechnischer Sicht kommt es zu einer Korrektur, wenn der DAX die Unterstützung bei 12.016 Punkten unterschreitet. Darunter geben dann die kurzfristig wichtigen Marken bei 11.920 und 11.821 Halt. Setzt der Index seinen intakten langfristigen Aufwärtstrend fort, stößt er bei 12.083 auf einen ersten Widerstand. Wird dieser durchbrochen, liegen die nächsten Hürden bei 12.219 und darüber am Allzeithoch bei 12.391 Punkten.

Der Wochenausblick für die KW 12 – Wenig Aufregung voraus

In den USA verstetigt sich die Konjunkturerholung in Form stabiler Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter und eines im Trend aufwärtsgerichteten Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe.

Die Konjunkturstimmung in der Eurozone legt mit unveränderten Einkaufsmanagerindices in der Industrie für März eine Verschnaufpause ein. In Deutschland bleibt die Binnenwirtschaft laut GfK Konsumklimaindex ein wichtiges Konjunkturstandbein.

Vom Eurogruppen-Treffen der Finanzminister geht keine Gefahr von der Causa Griechenland aus.

Ein Beitrag von Robert Halver.

Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.

 


(17.03.2017)


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    Der sogenannte „dot plot“ – die Leitzinsprojektionen der Fed – signalisieren zwar weiter insgesamt drei Zinssteigerungen für dieses Jahr sowie jeweils für 2018 und 2019. Diese sind jedoch alles andere als in Stein gemeißelt. Tatsächlich spricht Frau Yellen anhaltend von akkommodierender Geldpolitik. Am Devisenmarkt hat sich die Einschätzung durchgesetzt, dass die US-Wirtschaft zinspolitisch nicht über Gebühr belastet wird. So zeigt der US-Dollar seit Jahresbeginn und zuletzt mit Dynamik gegenüber den meisten Währungen eine Abschwächung. Neben einer Aufwertung des Euros hat interessanterweise der mexikanische Peso am stärksten zugelegt.

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    Tatsächlich hat die US-Notenbank ihre Inflationsprognosen nicht verändert: 1,9 Prozent 2017, 2018 und 2019 jeweils 2,0 Prozent. Insofern wird das Inflationsziel der Fed erst 2018 erreicht, was keine unmittelbar scharfe Zinsreaktion erfordert. Die Fed ist sogar bereit, ein temporäres Überschießen über ihren Inflationszielwert zu tolerieren, für das sie insbesondere die Basiseffekte steigender Rohstoffpreise verantwortlich macht.

    Denn diese rohstoffbasierte Preisbeschleunigung sieht die Fed als nicht nachhaltig an. Sie kennt die mangelnde Förderdisziplin der OPEC aufgrund der finanzpolitischen Notlage ihrer Mitglieder. Und sie weiß, dass angesichts der Alternativfördermethode Fracking keine nachhaltige Preisbefestigung zu erwarten ist. Tatsächlich haben die Anzahl aktiver US-Ölbohrungen und damit auch die US-Ölproduktion wieder spürbar zugenommen, seit der Ölpreis über der Profitabilitätsschwelle von 50 US-Dollar liegt. Wenn die OPEC kürzt, weitet Fracking die Produktion aus.

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