25.03.2016, 5304 Zeichen
Es gibt so Tage, da kann man als aufmerksamer Börsenbeobachter nur mit dem Kopf schütteln. Vor gut einer Woche war es mal wieder soweit. Mitte März blies der Windanlagenbauer Senvion seinen geplanten Börsengang ab und begründete diesen Schritt mit der „jüngsten Volatilität an den Märkten“. Ein kurzer Blick auf den Volatilitätsindex der Deutsche Börse zeigt, dass dieses Argument völlig aus der Luft gegriffen ist. Zum Zeitpunkt der Absage zeigte der VDAX New nämlich einen Wert von gut 22 Punkten an, was den bis dahin niedrigsten (!) Indexstand des laufenden Börsenjahres bedeutete. Gut einen Monat zuvor stand der Vola-Index noch bei über 36 Punkten, also mehr als 50 Prozent höher. Die auch als Angstbarometer der Börsen bezeichnete Kennzahl signalisierte damit eine deutliche Beruhigung der Lage, was als Umfeld für Börsengänge durchaus geeignet erscheint.
Noch undurchsichtiger wird das Vorgehen der wankelmütigen Entscheidungsträger durch die Tatsache, dass der Sprung auf das Börsenparkett nur eine Woche später (in einem nahezu unveränderten Umfeld) dann doch vollzogen wurde. Allerdings senkte das früher unter dem Namen Repower Systems firmierende Unternehmen seine Preisspanne von ursprünglich 20,00 bis 23,50 Euro recht drastisch auf nur noch 15,50 bis 17,00 Euro je Aktie. Der Ausgabekurs wurde dann bei 15,75 Euro festgelegt. Das sieht dann doch schwer danach aus, als ob nicht die Volatilität des Marktes, sondern vielmehr das geringe Interesse an der Aktie der Grund für die Absage bzw. Verschiebung des Börsendebuts gewesen ist. Bei wikifolio.com waren einige Trader auf dem deutlich reduzierten Niveau dann aber doch bereit, ein paar Stücke der Neuemission in ihr Depot aufzunehmen.
Christian Scheid („Scheid“) hat die Senvion-Aktie am Mittwoch gleich für mehrere seiner zahlreichen Portfolios eingesammelt, was der umtriebige Finanzjournalist gewohnt ausführlich begründete: „Die Aktie hat zwar einen schwachen Start erwischt - gegenüber dem Ausgabepreis von 15,75 EUR ging es bis auf 15,36 EUR nach unten. Doch nun hat der Titel den IPO-Preis zurückerobert. Der Windkraftanlagenhersteller kommt aktuell auf einen Börsenwert von gut 1 Mrd. EUR. Zum Vergleich: Senvion machte im vergangenen Jahr einen Umsatz von gut 2 Mrd. EUR. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) sowie vor Sonderposten blieb ein Gewinn von 154 Mio. EUR hängen. Auf dieser Basis hätte die Senvion-Aktie verglichen mit dem Wettbewerber Nordex noch reichlich Luft nach oben. Die Unterbewertung ist eklatant. Wer längerfristig investiert, sollte beachten, dass sich die Großaktionäre über kurz oder lang verabschieden werden. Doch dazu brauchen sie eine gute Kursentwicklung. Und jetzt ist ohnehin erst mal für knapp sechs Monate Ruhe. Denn während der vereinbarten Lockup-Periode dürfen die Großaktionäre keine weiteren Stücke verkaufen“. Einen Tag später wurde die Aktie aufgrund der wenig dynamischen Kursentwicklung aus dem wikifolio „Special Situations long/short“ dann wieder verkauft. In einem anderen Depot setzt der Trader hingegen auf eine mittelfristig positive Entwicklung: „Anders als erwartet kann sich die Senvion-Aktie nicht vom Emissionspreis von 15,75 EUR lösen. Scheinbar braucht man hier - trotz der offensichtlichen Unterbewertung im Vergleich zu Nordex - ein wenig Geduld. Ich habe die Aktie daher aus dem wikifolio "Special Situations long/short" verkauft. Im wikifolio "Special Situations" bleibt der Titel hingegen drin, da diese Strategie etwas längerfristig ausgelegt ist. Mittel- bis langfristig sollte sich der Bewertungsabschlag gegenüber Nordex abbauen. Spätestens im September dürfte Senvion in den TecDAX einziehen. Für einen "Fast Entry" im Juni dürfte es noch nicht reichen“. Obwohl die beiden wikifolios also etwas unterschiedliche Schwerpunkte haben, kann sich die Performance von +138 Prozent (seit September 2012) bzw. 111 Prozent (seit November 2013) bei beiden jeweils auf oder nahe dem Allzeithoch liegenden wikifolios mehr als sehen lassen.
Karl-Heinz Bleser („KHB“) hat bei dem Börsenneuling ebenfalls direkt am Tag der Erstnotiz zugeschlagen. In dem wikifolio„Börsenchancen clever nutzen“ ist die Aktie seitdem mit einem Gewicht von rund 6 Prozent vertreten. Obwohl der Trader seine Depotveränderungen sehr oft und ausführlich erläutert, gab es diesmal keinen Kommentar dazu. Da das im April 2015 gestartete wikifolio mit einem Plus von 54 Prozent ebenfalls fast auf Allzeithoch notiert (Maximalverlust: 16,6 Prozent), werden die Anleger darüber aber hinwegsehen können. Das im Oktober des vergangenen Jahres emittierte wikifolio-Zertifikat kommt trotz der kurz danach angelaufenen Aktienmarktkorrektur auf eine auch schon sehr beachtliche Performance von 25 Prozent.
10 Aktien mit den meisten Trades (18.03-24.03.2016)
# | Name | ISIN | TradingVolume | All |
1 | PUBLITY AG | DE0006972508 | 1.144.783,71 | 281 |
2 | EPIGENOMICS AG | DE000A11QW50 | 873.480,67 | 249 |
3 | SENVION S.A. | LU1377527517 | 351.583,16 | 33 |
4 | Tom Tailor | DE000A0STST2 | 306.607,59 | 154 |
5 | ALL FOR ONE STEEB AG | DE0005110001 | 293.720,32 | 99 |
6 | Bauer | DE0005168108 | 262.830,56 | 10 |
7 | SOLARWORLD AG | DE000A1YCMM2 | 256.593,36 | 129 |
8 | HELMA EIGENHEIMBAU | DE000A0EQ578 | 225.820,27 | 124 |
9 | PNE Wind | DE000A0JBPG2 | 186.353,14 | 99 |
10 | Balda AG | DE0005215107 | 170.588,79 | 55 |
Basis: alle investierbaren wikifolios
Alle wikifolios mit Senvion (ISIN: LU1377527517) im Depot.
Im Original hier erschienen: Chaotischer Börsengang: Senvion im Fokus
Wiener Börse Party #719: Flughafen Wien auf All-time-High mit Event für AktionärInnen, Marinomed still alive, Chapter 11 als Vorbild
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