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Durchstarten - Regularien verunmöglichen Prozesse (Wolfgang Matejka)

Autor:
Wolfgang Matejka

Über 30 Jahre einschlägige Erfahrung im Bankwesen, davon über 15 Jahre in Führungspositionen

  • seit 07/2013 Chief Investment Officer der Wiener Privatbank SE
  • seit 07/2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
  • 02/2010 - 07/2010 Geschäftsführer der Oscar Investment GmbH Wertpapierfirma
  • seit 10/2009 Geschäftsführer der Matejka Beteiligungs GmbH, Erwerb, Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung einer Beteiligung
  • 09/ 2009-10/2009 Vorstand der Q1 Capital Management AG, Unabhängiges Multi-Manager-Investmenthaus mit Sitz in Wien
  • 06 / 2009-10/2010 GF Sparrow GmbH. (Einzelgesellschaft) – Geschäftsgegenstand: Erwerb, Verwaltung und Entwicklung von Beteiligungen
  • 04 / 2006: GF Julius Meinl Investment GmbH
  • 03 / 2004: CIO Meinl Bank AG
  • 05 / 2002: Vst. Bank Vontobel Österreich AG
  • 01 / 1999: GF Allianz Invest KapitalanlagegesmbH.
  • 07 / 1994: Investment & Trust Bank (nunm. Allianz Investment Bank AG)
  • 04 / 1990: Länderbank Capital Markets GmbH.
  • 10 / 1981: Österreichische Länderbank AG
  • Matura (Naturwissenschaftl. Realgymnasium), CEFA, div. Fachseminare

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07.10.2015, 3683 Zeichen

Vielleicht haben einige von uns schon mal ein „Durchstarten“ erlebt. Wenn ein Flugzeug im Landeanflug knapp vorm Aufsetzen auf die Piste noch einmal vollen Schub gibt und mit vibrierendem Rumpf samt zumeist ebensolch zitternden Passagieren wieder abhebt. Ein gefährliches Manöver, das man nicht so leichtfertig tut, und Spaß macht’s sicher den Wenigsten. An der Börse macht‘s dagegen einen Riesenspaß.

Wir starten gerade so richtig durch. Vielleicht für Manche von uns eine völlig klare Entwicklung, für wohl die Meisten kam die Markterholung aber doch sehr überraschend. Nicht weil sie kam, sondern in welcher Art sie kam. Wir sehen seit Anfang Oktober eine gravierende Erholung der Aktienmärkte die je nach Markt zwischen 4% und 9% liegt. Was vorher Schwarz gesehen wurde, ist jetzt im schlimmsten Fall hellgrau, globale Ängste werden in Chancen gewandelt. Alles so easy?

Wohl nicht. Das Timing des Beginns der Erholung ist vielleicht eine von Vielen Erklärungen. Am 29.9. war fast überall der Tiefpunkt erreicht und die Märkte drehten am selben Tag ins Plus. Markante globale Events waren da nicht auszumachen. Die FED hatte nichts gesagt, die Arbeitsmarktdaten kamen ja erst am 1.10., die Politik blieb einseitig auf die Flüchtlingsthematik ausgerichtet und von der Unternehmensseite kam nach VW auch kein kolossal bullisher Call. Wie kam dann der Meinungsumschwung zustande? Wahrscheinlich gar nicht. Denn das Datum 29.10. deutet nahezu eindeutig auf ein auf den Monatsultimo hin getimtes Verkaufsverhalten hin (die Trades werden ja mit 2 Tagen Valuta abgerechnet, geht sich daher aus mit 30.9. wenn man am 28.9. „fertig“ ist). Quasi: bis Ende September verkaufen, danach ist mir alles egal.

Vielleicht habe ich ja auch nur irgendeinen ganz wichtigen ökonomischen globalen Swing übersehen, aber für mich reicht die Erklärung einmal fürs Erste um den Blick auf das Wesentliche wieder etwas geklärt zu empfinden. Das ist, dass die FED angesichts schwächer als erwarteter Arbeitsmarktdaten die Zinserhöhung wohl ins nächste Jahr verschieben wird, sie erspart sich aber dadurch einen eventuellen Gesichtsverlust falls sie erhöhte Zinsen wegen irgendeiner globalen Schwäche wieder zurücknehmen müsste. Die Staaten sind mittlerweile auch auf dem Weg sich stärker ins Geschehen einzubringen. Ob durch Russlands plötzlichen globalen Kuschelkurs, der überraschend „erwachsenen“ Thematisierung der Flüchtlingskatastrophe, mit steuerlichen Überlegungen oder, hallo, generellen regulatorischen Erleichterungen.

Ja, richtig! Die Erkenntnis des Monats, wenn nicht Jahrzehnts kam ganz unbemerkt, auf leisen Sohlen: die EU-Kommission hat festgestellt, dass seit 2008 (dem Start der globalen Finanzkrise und für mich dem Start einer beispiellosen Ausrede mit diesem „Krisenargument“ politischen Einfluss massiv verankern zu wollen) exakt 60 (!) unterschiedliche Regularien durchgesetzt wurden. Und jetzt kommt’s: man setzt eine Kommission ein die bis Jänner prüfen soll, welche von diesen Regularien negative Auswirkungen auf die Wirtschaft ergeben haben! Sollte diese Kommission nicht eine blinde Farce werden, müsste das Ergebnis sein: ALLE! Alle Regularien sind Eingriffe in bestehende Prozesse und alle haben allein durch ihren administrativen Aufwand enorme Ressourcen gebunden, und etliche haben Geschäftsprozesse einfach pauschal verunmöglicht, ohne die gesamtwirtschaftlichen Effekte überhaupt zu berücksichtigen. Ein Ruck könnte durch Versicherungen, Banken, Versorger, Gemeinden, Selbständige und viele mehr gehen. Der Arbeitsmarkt wäre auf einen Schlag den größten Druck los. Und der Kapitalmarkt hat glänzende Augen, weil was Wert  ist, wieder Wert sein darf.

Viel Spaß beim Durchstarten !


(07.10.2015)

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