17.10.2014, 3481 Zeichen
Ich bin jetzt nicht unbedingt ein großer Anhänger von Verschwörungstheorien. Aber wenn wir uns die eben wieder aus ihren Höhlen kriechende Sorge um die Schuldensituation einiger europäischer Staaten ansehen, ist/wird klar, warum die großen Markenartikler dieser Welt in den USA zu Hause sind. Denn einzig geschicktes Marketing macht die Marke - ob das dahintersteckende Produkt wirklich besser ist, ist zweitrangig. Wohl sind die Europäer aber Mitschuld, dass ihre Staatsfinanzen mehr im Mittelpunkt des Interesses stehen. Vergeht ja auch kaum ein Tag, wo nicht irgendjemand angesichts der schwachen Konjunkturzahlen fordert, dass mehr investiert werden muss. Ohne natürlich den notwendigen Sparzwang weiter hoch zu halten. Es brauche einen neuen Wachstumspakt, der die Reformpläne mit der Haushaltssanierung und Investitionen verbinde, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem diese Woche.
Von welchen Haushaltsanierungen spricht Dijsselbloem eigentlich? Die weltweiten Schulden der Staaten und der Privatwirtschaft betrugen Ende 2007 beachtliche 107 Billionen Dollar, gut das Doppelte der globalen Wirtschaftsleistung, und war Anlassfall für die folgende Krise. Seither ist viel und oft von Schuldenabbau und von Sparen die Rede. Doch was ist passiert? Die Schulden sind weiter gestiegen, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vorgerechnet hat. Ende 2013 lag die Welt bereits bei mehr als 150 Billionen Dollar.
Kein Thema beim Stichwort Schulden sind derzeit jedenfalls die USA - diese nehmen das Wort derzeit in Bezug auf sich selbst auch nicht in den Mund. Und müssen es auch nicht. Hatten sich Senat und Repräsentantenhaus doch im Frühjahr auf die Aussetzung der gesetzlichen Schuldenobergrenze von 17,3 Billionen US-Dollar geeinigt. Um einer gegenseitigen Blockade zuvor zu kommen, da die USA damals bereits an der Schwelle zur (gesetzlichen) Zahlungsunfähigkeit standen. Nun muss bis März 2015 eine neue Regelung her. Was blöd ist, da sich US-Präsident Barack Obama zu diesem Zeitpunkt wohl einer feindlichen Mehrheit von Republikanern in beiden Kammern des Landes gegenübersieht. Zumindest sieht es danach laut den aktuellen Umfragen zu den anstehenden Mid-Term-Wahlen zum Kongress aus.
Die nächsten Verhandlungen zur Schuldenfrage könnten dann bereits für parteipolitische Spielchen angesichts der nächste Präsidentschaftswahl genutzt werden. Aus heutiger Sicht wage ich damit die Prognose: Die Fed wird ihr aktuelles QE3 vielleicht wirklich auslaufen lassen - doch das nächste steht vor der Tür.
Denn wer sollte ohne Fed den USA eigentlich noch Geld borgen? Weltleitwährung hin oder her - der Staat ist Pleite, das würde jeder ‘normale’ Bilanzprüfer attestieren: Mit 17,9 Billionen Dollar ist das (ausgesetzte) Schuldenlimit bereits übertroffen - wir liegen damit bei 105 Prozent des BIP. Zähle ich hier die Verschuldung von Haushalten, Unternehmen und der nicht staatlichen öffentlichen Hand dazu, liegen wir bei einem BIP-Faktor von 3,5. Sie finden das erschreckend? Dann vielleicht noch eine Zahl: Die ungedeckten Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand (etwa aus Gesundheits- oder Pensionsprogrammen) liegt bei sagenhaften 115,2 Billionen Dollar. Das entspricht dem 1,5-fachen Welt-BIP. Und übersteigt erstmals die totalen Assets (private wie öffentlich) der USA von 112,5 Billionen. Sagen wir es, wie es ist: Eigentlich sind nicht nur die USA Pleite - wir alle sind es.
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