13.01.2025, 4390 Zeichen
Wien (OTS) - Der sich zuspitzende Arbeitskräftemangel durch eine
schrumpfende
Erwerbsbevölkerung wird Österreich und seine Exportwirtschaft im
nächsten Jahrzehnt vor große Probleme stellen. Das ist das Ergebnis
einer neuen Studie des Wiener Instituts für Internationale
Wirtschaftsvergleiche (wiiw) im Auftrag des Bundesministeriums für
Arbeit und Wirtschaft.
Selbst unter optimistischen Annahmen, was die demografische
Entwicklung betrifft, dürfte der Arbeitskräftemangel in den 2030er
Jahren auch bei relativ moderatem Wirtschaftswachstum ein
limitierender Faktor werden. Zwar sollte die Exportwirtschaft
angesichts ihrer Beschäftigungsstruktur davon grundsätzlich etwas
weniger stark betroffen sein. Weil sie aber im Wettbewerb mit anderen
Branchen um die immer rareren Arbeitskräfte steht, wird auch sie
verstärkt um Fachkräfte und Talente buhlen müssen.
Allein zwischen 2022 und 2027 werden rund 540.000 Menschen der
geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Pension gehen. Diese
fehlenden Arbeitskräfte werden nicht vollständig durch jüngere
Menschen ersetzt werden können, weil nachfolgende Jahrgänge
wesentlich geburtenschwächer sind.
Um den daraus resultierenden Arbeitskräftemangel zu bekämpfen und
den damit zu befürchtenden Wohlstandsverlusten zu begegnen, empfiehlt
die Untersuchung eine gezielte Arbeitsmarktpolitik zur Erhöhung der
Erwerbsbeteiligung von Frauen, Migrant:innen und Älteren, die
Steigerung von Produktivität und Innovation sowie die verstärkte
Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland.
Für die Studie haben die beiden Autor:innen Robert Stehrer und
Stella Zilian verschiedene Szenarien der Bevölkerungsentwicklung mit
der voraussichtlichen Nachfrage nach Arbeitskräften verglichen. Im
Fokus steht dabei die heimische Exportwirtschaft, die rund ein
Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätze
generiert. Fazit: Auch unter optimistischen Annahmen in Bezug auf die
Bevölkerungsentwicklung, die Zuwanderung und die Erwerbsbeteiligung
wird es ab den frühen 2030er Jahren in Österreich einen akuten Mangel
an Arbeitskräften geben.
Zwtl.: Industrie in der Bredouille
„Nicht zuletzt die exportorientierte Industrie - immer noch das
Rückgrat der heimischen Wirtschaft - steht im Wettbewerb um Talente
mit anderen Branchen und könnte in Zukunft unter größeren Engpässen
bei Facharbeiter:innen in der Produktion und bei Beschäftigen mit
mittlerer und höherer Bildung leiden“ , sagt Robert Stehrer,
wissenschaftlicher Direktor des wiiw und Co-Autor der Studie.
„Angesichts des bereits heute ausgeprägten Fachkräftemangels in der
Industrie sollten bei den Verantwortlichen sämtliche Alarmglocken
schrillen. Es steht nämlich zu befürchten, dass vor allem
Vorzeigebetriebe abwandern könnten, wenn es dafür keine Lösung gibt“
, warnt Stehrer.
Zwtl.: Kaum mehr Wachstum ohne massive Steigerung der
Arbeitsproduktivität
Eine einfache Rechnung verdeutlicht das volkswirtschaftliche
Ausmaß des Problems: Selbst im äußerst positiven Szenario eines um
0,4% steigenden Angebots an Arbeitskräften pro Jahr durch verstärkte
Zuwanderung und verstärkte Erwerbsbeteiligung bis Anfang der 2030er
Jahre müsste die Arbeitsproduktivität in Österreich pro Jahr um satte
1% steigen, um ein BIP-Wachstum von moderaten 1,5% zu ermöglichen (
Durchschnittswert der Jahre 2011 bis 2019).
„Das würde bedeuten, dass die Produktivität pro Jahr etwa dreimal
so stark ansteigen müsste, wie sie das in den Jahren 2011 bis 2019
getan hat“ , erklärt Stella Zilian, Ökonomin am wiiw und Co-Autorin
der Studie. „Aber auch durch den Einsatz von Automatisierung und
digitaler Technologien sowie kapitalintensiven Investitionen in
effizientere Produktionsmethoden wäre eine derartige Steigerung der
Arbeitsproduktivität keineswegs gesichert“ , so Zilian.
Neben den erwähnten Maßnahmen für eine erhöhte Erwerbsbeteiligung
von Frauen, Älteren und Migran:innen empfiehlt die Studie vor allem
die Förderung von Innovation und Digitalisierung in den Betrieben, um
so die Arbeitsproduktivität zu steigern. Zudem sollten verstärkt
Fachkräfte aus dem Ausland angeworben und mittels attraktiver
Rahmenbedingungen an das Land gebunden werden. „Österreich wird sich
hier ins Zeug legen müssen, um gegenüber anderen Staaten nicht den
Anschluss zu verpassen, schließlich steht es auch international in
einem immer schärferen Wettbewerb um die besten Köpfe“ , betont
Zilian.
Die gesamte Studie steht hier zum Download zur Verfügung .
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