10.12.2023,
5685 Zeichen
Wien (OTS) - “Wir stecken in einer handfesten Rezession”, sagt Georg
Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) in der
ORF-Pressestunde. Es sei keine „milde Rezession”, wie oft behauptet
wird, sondern der stärkste realwirtschaftliche Rückgang seit 1951.
Dadurch sieht der IV-Präsident den Wohlstand in Österreich gefährdet,
denn die Industrie ist wesentliches Fundament des wirtschaftlichen
Erfolgs und Garant für sichere und attraktive Arbeitsplätze. “Wenn
wir die Industrie aufs Spiel setzen, indem wir dem Standort schaden,
wird das für uns alle Auswirkungen haben”, mahnt Knill, der
Österreich bereits am Wendepunkt sieht.
Die Verlagerung der heimischen Industrie ins Ausland geschehe
bereits und sei “Symptom einer schleichenden Entwicklung auf
nationaler wie europäischer Ebene über Jahre hinweg. Seien es
bürokratische Auflagen und Pflichten, hohe KV-Abschlüsse, hohe
Energiepreise oder Versäumnisse im Infrastrukturausbau – auf den
ersten Blick und bei einzelner Betrachtung sind die Herausforderungen
schaffbar – kumuliert ist das Fass jedoch vor dem überlaufen. Die
heimischen Unternehmen tragen den Rucksack mit nationalen wie
inneuropäischen Belastungsbrocken im globalen Wettlauf ständig mit
und müssen damit dieselben Leistungen bringen, das wird zunehmend
schwerer”, so Knill.
Hohe Lohnabschlüsse beeinflussen internationale
Wettbewerbsfähigkeit
Die hohen Lohnabschlüsse heuer seien ein „wirtschaftlich teilweise
schmerzhafter Kompromiss“, den die Industrie zur Kenntnis nehme.
„Dass Unternehmen, die sich tagtäglich auf internationalen Märkten
behaupten müssen und aktuell in einer tiefen Rezession stecken,
zunehmend durch Kollektivvertragsverhandlungen im geschützten Bereich
– wie Beamte oder Pensionisten – unter Druck gesetzt werden, ist
jedenfalls eine falsche Entwicklung“, stellt Knill fest und erklärt
weiter: „besonders im internationalen Wettbewerb sind hohe Lohnkosten
fordernd, denn in der Industrie ist der Mitbewerber nicht um die Ecke
sondern sitzt in China, Indien oder Südamerika.“
Lohnnebenkostensenkung und Strompreiskompensation rasch umsetzen
Was braucht es, um das Ruder in dieser schwierigen
wirtschaftlichen Situation für Österreich herumzureißen? Knill
fordert eine fokussierte Wirtschaftspolitik mit klarem Bekenntnis zum
Industriestandort: Entlastung durch eine strategische Reduktion der
Steuern- und Abgabenquote, die derzeit mit 43,2 Prozent die
vierthöchste in der EU ist auf 40 Prozent bis 2030; Eine spürbare
Senkung der Lohnnebenkosten; rascher Infrastrukturausbau durch eine
Beschleunigung von Genehmigungsverfahren; Ausweitung der
Strompreiskompensation (SAG), die auf indirekte CO2-Kosten abzielt,
bis 2030 wie in fast allen EU-Ländern; gezielte Fachkräftestrategie,
die Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland anspricht und durch
Leistungsanreize Arbeitskräfte-Potenziale im Inland hebt.
Zusätzlichen Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit übe die Idee eine
Arbeitszeitreduktion bei vollem Lohnausgleich gesetzlich zu
verankern. Das würde die ohnehin hohen Lohnkosten in Österreich
weiter steigern und damit die Produktion im internationalen Vergleich
weiter verteuern. Die Arbeitskosten müssen aber im Gegenteil
hinunter.
Wer argumentiert, dass es sich dabei ja derzeit nur um “politische
Ideen” handelt, verkennt laut Knill eines: Oft genügt schon die
Aussicht auf eine Verschlechterung der Situation, um Menschen zum
Handeln zu bringen. Um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs ist es
jetzt schon nicht gut bestellt, wie internationale Rankings zeigen.
Welchen Effekt das auf Investitionen heimischer Unternehmen hat,
sieht man bereits in den Direktinvestitionen, die die Nationalbank
ausweist. In den Jahren 2019 bis 2022 lagen die Investitionen
heimischer Unternehmen im Ausland auf dem doppelten Niveau der
Vergleichsperiode davor. Unternehmen, die international aufgestellt
sind, verlagern bereits ihre Investitionen. Das sollte Alarmsignal
genug sein, um jetzt dringend Maßnahmen zu setzen, die die
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.
EU: Berichtspflichten reduzieren, wie angekündigt
Damit der Aufschwung gelingt, braucht es aus Sicht des
IV-Präsidenten nicht nur eine kluge Wirtschaftspolitik auf nationaler
Ebene, sondern auch Bemühungen auf EU-Ebene. "Es ist traurig genug,
feststellen zu müssen, dass die Industriepolitik der EU weiterhin im
Tiefschlaf wäre, hätte die USA nicht mit dem Inflation Reduction Act
Druck gemacht. Danke an die USA”, sagt Knill. “Für einen echten
industriepolitischen Wandel braucht es aber mehr: Die nächste
EU-Kommission muss das Thema der Investitionsbedingungen in Europa
umfassender angehen und insbesondere eine regulatorische Überdehnung
vermeiden”. In der aktuellen EU-Legislaturperiode (2019-2023) hat der
europäische Gesetzgeber Unternehmen insgesamt 850 neue
Verpflichtungen auferlegt, was mehr als 5.000 Seiten an
Rechtsvorschriften entspricht.
Handelspartnerschaften schließen – Mercosur-Abkommen umsetzen
Es war immer die Öffnung zu anderen Weltregionen und die
Beseitigung von Handelsbarrieren, die in Europa starken
wirtschaftlichen Aufschwung gebracht hat. Gerade vor dem Hintergrund
der aktuellen Herausforderungen in der europäischen Nachbarschaft
sollte der Fokus jetzt umso mehr auf der Stärkung der Beziehung zu
dynamischen Wirtschaftsräumen liegen. Das aktuell abgeschlossene
Abkommen mit Neuseeland, das 2024 in Kraft treten wird, ist ein
positives Signal. Ein weiterer wichtiger Schritt ist nun, die lange
verhandelte Partnerschaft mit den südamerikanischen Mercosur-Ländern
unter Dach und Fach zu bringen. Dort liegen geostrategische Chancen
für beide Seiten. “Wer heute laut „Nein“ schreit, darf sich morgen
nicht wundern, wenn Europa weiter an Bedeutung und internationalem
Anschluss verliert”, sagt der IV-Präsident.
BSN Podcasts
Christian Drastil: Wiener Börse Plausch
SportWoche Podcast #119: Harald Bauer, der Ex-Sporthilfe-Chef, der Euren willdienstrad.at-Wunsch erfüllen kann
Aktien auf dem Radar:CA Immo, Immofinanz, Wienerberger, Strabag, Polytec Group, UBM, EVN, Wiener Privatbank, Palfinger, VIG, Mayr-Melnhof, Semperit, Telekom Austria, RBI, ams-Osram, AT&S, Marinomed Biotech, Wolford, Addiko Bank, Oberbank AG Stamm, Zumtobel, Agrana, Amag, Erste Group, Flughafen Wien, Kapsch TrafficCom, Österreichische Post, S Immo, Uniqa, Warimpex, Sartorius.
Strabag
Strabag SE ist ein europäischer Technologiekonzern für Baudienstleistungen. Das Angebot umfasst sämtliche Bereiche der Bauindustrie und deckt die gesamte Bauwertschöpfungskette ab. Durch das Engagement der knapp 72.000 MitarbeiterInnen erwirtschaftet das Unternehmen jährlich eine Leistung von rund 14 Mrd. Euro (Stand 06/17).
>> Besuchen Sie 68 weitere Partner auf boerse-social.com/partner
Mehr aktuelle OTS-Meldungen HIER