15.09.2017, 3841 Zeichen
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat in seiner Rede zur Lage der Union 2017 auch eine Ausweitung des Euroraums angeregt. Die Reaktionen waren – vorsichtig ausgedrückt – verhalten. Nicht ganz zu unrecht wie sich mit Blick auf die Krisenjahre und deren Bewältigung zeigt.
Wunschdenken vs. Realität. Juncker malte in blumigen Worten das Bild einer prosperienden Union, die es aber aus unserer Sicht so nicht gibt. So erklärte er u.a.: „Europa hat wieder Wind in den Segeln. Aber wir werden nur vom Fleck kommen, wenn wir diesen Wind nutzen.(…) Wir sollten den Kurs für die Zukunft abstecken. Wie Mark Twain schrieb: Jahre später werden wir mehr enttäuscht sein von den Dingen, die wir nicht getan haben, als von den Dingen, die wir getan haben. Jetzt ist der Moment, um ein mehr geeintes, stärkeres und demokratischeres Europa für das Jahr 2025 aufzubauen.“
Der Eindruck mag aus Brüsseler Sicht existent sein. Bei den Menschen in den EU-Staaten ist der Eindruck ein anderer. Man denke nur an die Brexit-Entscheidung oder die brandaktuellen Seperationsbewegungen in Katalonien. Die Beispiele für die unterschiedlichen Befindlichkeiten lassen sich in sämtlichen Bereichen der EU finden. Angefangen bei der Landwirtschaft, über Energiefragen bis hin zu Einwanderungs-/Flüchtungsthemen. Dies alles will Juncker unter anderem mit noch mehr Zentralismus aus Brüssel und einer Gemeinschaftswährung für alle heilen.
Wörtlich sagte Juncker: „Wenn wir wollen, dass der Euro unseren Kontinent mehr eint als spaltet, dann sollte er mehr sein als die Währung einer ausgewählten Ländergruppe. Der Euro ist dazu bestimmt, die einheitliche Währung der Europäischen Union als Ganzes zu sein.“ Sein Plan sieht vor, dass bis auf Dänemark alle EU-Staaten auch den Euro bekommen. Wenn man sich an die Ursprünge der Griechenland-Krise zurückerinnert, kann man ob solcher Pläne nur das kalte Grausen bekommen. Erst recht, so lange eine EZB Milliarden in den Aufkauf von Staats- und Unternehmensanleihen steckt, um das System am laufen zu halten.
Kritik formiert sich. Die Kritik ist aber aus Ökonomensicht recht eindeutig: „Vor einer tatsächlichen Einführung des Euro in diesen Ländern sollte man deren Budgetsituation genau unter die Lupe nehmen. Eine Ausweitung der Eurozone mag zwar eine Prüfung wert sein, aber in allen verbleibenden Ländern auf einmal den Euro einzuführen, muss doch mit Skepsis betrachtet werden. Nach heutigem Wissen war auch Griechenland nicht reif für den Euro. Den Fehler einer vorschnellen Einführung der Gemeinschaftswährung sollte man also nicht wiederholen. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob Länder wie Dänemark und Schweden tatsächlich ein Interesse daran hätten“, so etwa Klaus Stopp, Head of Market Making Bonds der Baader Bank.
Sicherlich darf man auch in der Eurofrage nicht nur das Negative sehen. Aber die vergangenen Jahre haben eben auch gezeigt, dass nur mit einer klaren Linie das System Euro zukunftsfest wird. Die anhaltenden wirtschaftlichen Probleme in den Mittelmeerstaaten werden ja gerade auch durch das Korsett des Euro nicht kleiner. Ob Frankreich sich unter Präsident Macron tatsächlich wieder an die (wirtschaftliche) Spitze der EU-Bewegung muss sich erst noch zeigen. Von daher muss man auch eine mehr oder minder planlose Erweiterung der Eurozone kritisch sehen. Solange die Probleme in der bisherigen Eurozone nicht gelöst sind, ist es müßig weitere Euro-Staaten ins Leben zu rufen – noch dazu vorrangig ökonomisch schwache Volkswirtschaften.
In diesem Sinne,
weiterhin viel Erfolg bei der Geldanlage
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