23.12.2021, 4402 Zeichen
Die Analysten von Raiffeisen Research haben ihren Aktienmarktkompass veröffentlicht und kommen zu dem Fazit: "Wir bleiben bei unserer (vorsichtig) optimistischen Haltung gegenüber der weiteren Aktienmarktentwicklung. In den letzten Quartalen sind wir damit im Nachhinein betrachtet sogar zumeist eher noch zu vorsichtig denn zu optimistisch gewesen.
Die Lage in Sachen Inflation ist – so weit das geht – hinlänglich bekannt und in die Märkte eingepreist. Zuletzt haben dann auch einige global bedeutende Notenbanken weitaus klarer und glaubwürdiger als in den Monaten zuvor Stellung bezogen, wie sie sich das Tapering (Drosselung der Anleihenkäufe) und den Beginn der Zinswende grob vorstellen.
Ein weiteres Dauerthema, das Corona-Virus, bleibt hingegen insbesondere durch das Auftauchen der weitaus ansteckenderen Omikron-Variante ins erste Quartal hinein die große Unbekannte. Ausfälle von Arbeitskräften, neue (Teil-)Lockdowns, Reisebeschränkungen und nicht zuletzt potenziell neu aufflammende Lieferschwierigkeiten aufgrund von Lieferkettenunterbrechungen müssen zumindest befürchtet werden bzw. deuten sich ohnehin schon sichtbar an. Damit bleibt auch die Gefahr im Raum, dass durch mangelnde Komponenten (Microchips und dergleichen) und Rohstoffe eine gewisse Angebotsknappheit vorerst weiter bestehen bleibt, sodass die eigentlich unverändert robuste Nachfrage nicht, oder nur in Teilen befriedigt werden kann. Auch ein bis zu einem gewissen Maß konstatierbarer Mangel an Durchsetzungsvermögen (in den eigenen Reihen!) von US-Präsident Biden verhindert, dass die Konjunktur noch schneller und dauerhafter angeschoben wird als dies ohnehin der Fall ist. Recht deutlich abgeebbt ist hingegen die Sorge vor einer globalen Ausstrahlung der Probleme Chinas, die in den letzten Wochen primär, die heimischen chinesischen Börsen in Zaum gehalten haben. Dort bremst man seit heuer einerseits mittels harscher Regulatorik, andererseits aber auch mit einem nicht sehr transparenten Umgang mit der Misere am chinesischen Immobilienmarkt das Interesse ausländischer (sowie wahrscheinlich auch lokaler) Investoren ein. Eine Folge dessen ist aber eine nunmehr günstig erscheinende Bewertung des chinesischen Aktienmarktes, welche wir insbesondere für längerfristige Engagements ans Herz legen und in unseren unten noch einmal eingefügten Indexprognosen auch zum Ausdruck bringen wollen.
Im Verlauf der letzten Monate kühlte das zuvor überhitzte Aktienmarkt-Sentiment auf deutlich moderatere Niveaus ab. Auch das gilt insbesondere seit Ende November, als der griechische Buchstabe Omikron aus heiterem Himmel auf uns hereingeprasselt ist. Aktuell kann daher weder große Euphorie noch Panik am Markt beobachtet werden, was grundsätzlich eine positive Marktentwicklung unterstützen sollte. Technische Faktoren wie Momentum oder eben Marktsentiment treiben das Börsengeschehen aber ohnehin nur kurzfristig, mittel- bis langfristig stellen in der Regel der Wirtschaftszyklus, Unternehmensgewinne und Bewertungsniveaus die dominanten Faktoren dar.
Wir zeichnen daher den Pfad einer im oder leicht über dem langjährigen Durchschnitt liegenden, positiven Aktienmarktentwicklung weiter fort und behalten unsere im Spätsommer ausgesprochenen "Kauf"-Empfehlungen für alle von uns analysierten Aktienindizes bei. Wir wollen keine großartigen Wetten pro Europa oder USA eingehen. Für US-Aktien sprechen ganz klar das offensichtlich größere Ausmaß an Resilienz gegenüber den ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise (was wir in etwas stärkeren Performance-Prognosen für das März-Quartal zum Ausdruck bringen wollen) und die höhere Indexgewichtung von Branchen mit überdurchschnittlicher Profitabilität (etwa IT). Für Europa spricht, dass die hier vielfach hoch gewichteten konjunktursensitiven Industrien von einem auch 2022 anhaltenden Aufwind der Wirtschaft getragen werden sollten. Auch ein Umfeld steigender Anleiherenditen, wie wir sie für 2022/23 erwarten, sollte Indizes mit hoher Gewichtung des Finanzsektors wie den ATX oder den Euro STOXX 50 über eine steilere Zinskurve und damit bessere Aussichten für die Nettozinsmargen stützen. Zudem sollte Europa aktienseitig vermehrt davon profitieren können, wenn sich die dunklen Wolken am Corona-Himmel im Frühjahr mit steigenden Außentemperaturen abermals rasch verziehen und Aufholeffekte im Konsum, in der Wirtschaft und nicht zuletzt am Aktienmarkt mit sich bringen."
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