20.07.2018, 6905 Zeichen
Die launigen HV-Berichte des Börse Social Network Club durch Günter Luntsch machen erfreulicherweise die Runde und werden eine riesige Strecke im nächsten Börse Social Magazine zieren, wir schnüren da auch ein Paket für die Leser, denn die Free-Phase des #gabb wird bald vorbei sein. Der Mann auf dem Bildern hier ist aber natürlich nicht Günter, sondern mein Ex-Kollege Manfred Kainz. Manfred (war auch Chef des Aktienforums mal und schreibt etzt u.a. für den Börsen-Kurier) hat mir als Ergänzung zur "HV-in-Österreich-Serie" seinen Erlebnisbericht aus Amsterdam angeboten. Es geht um das erste Annual General Meeting der RHI Magnesita N.V.. Das ist natürlich sehr passend. In der Folge der Text von Manfred.
"Es war eine neue Erfahrung. Auch (oder gerade) für jemanden, der Österreichische Hauptversammlungen gewöhnt ist. Wenn die HVs in Wien stattfinden (das tun die meisten), dann hat man es als Wiener nicht gar so weit. Aber auch HVs in den Bundesländern sind ja nicht „aus der Welt“, also relativ schnell erreichbar. Umgekehrt bevölkern auch viele Nicht-Wiener Aktionäre HVs in der Bundeshauptstadt (inklusive wohlverdientem Buffet zur Stärkung vor der Heimreise.) Also alles nicht allzu weit auseinand´. Und dann erst der Ablauf… Aber der Reihe nach.
Das First Annual General Meeting der - nach der Austro-brasilianischen Fusion- neuen RHI Magnesita N.V. war da in vielerlei Hinsicht einigermaßen anders. Das begann schon mit der Anreise: Flugzeug statt Auto, Tram oder ÖBB, hieß es für mich. Denn nach dem Wiener Haus der Industrie und dem Austria Center Vienna, den Örtlichkeiten früherer RHI-HVs, stand das Hilton Amsterdam Airport Schiphol auf dem Programm. Denn der neue Konzern folgt Niederländischem Handels- und Gesellschaftsrecht und hat, neben seinem Office in Wien, seinen statutorischen Sitz in Arnhem, Niederlande.
Für dem „geeichten“ Austro-Aktionär ebenfalls nicht alltäglich: Der Start der HV war nicht, wie hierzulande gewöhnt, am Vormittag, sondern um 13:30 am Nachmittag. Wohl um die Anreise von Aktionären (und Board Members) von weiter her zu ermöglichen, eben aus Austria oder UK. Und so gab es, der Beginnzeit entsprechend, das große Aktionärsbuffet schon vor und nicht nach der HV, sozusagen als Lunch.
Dann endlich im Saal – der von seiner Größe (eigentlich Kleinheit) und Optik nicht zu vergleichen war mit dem imperialen Festsaal im Wiener Haus der Industrie. Eher dunkel und statt Sitzreihen Rundtische wie bei einem Galadinner. Und eine mit 3-4 Mann/Frauen bestückte Technikkabine war auch noch drin. Als weitere Veränderung erwartbar war, dass die HV in englischer Sprache stattfand. Was aber wirklich eine neue Dimension war: Statt hunderten Privataktionären gerade mal 30/40 Leute an den Rundtischen. Darunter auch die Austro-Non Executive Directors Wolfgang Ruttenstorfer und Karl Sevelda und Gäste. (Dass nicht viele Austro-„Klein“aktionäre die lange Reise nach Amsterdam antreten würden, war wohl nicht so überraschend, und die Aktienkursentwicklung lässt auch nicht viel Grund zum Matschkern.) Was mit Austro-Erfahrungen einen „langen Tag“ befürchten ließ (denn der Flieger zurück wartet nicht), war die gutbestückte Tagesordnung: mit 18 (!) TO-Punkten. Aber welch Überraschung: Nach einer Stunde war alles erledigt – inklusive Abstimmungen – und davon gab es immerhin 24!
Nach Vorstellung des Podiums der Eexecutive Directors (CEO und CFO) und Non Executive Directors durch den Chairman of the Board Herbert Cordt (der davor Aufsichtsratsvorsitzender der RHI war) und dem Verlesen der notariellen Formalismen, erklärte Cordt das (für hiesige Verhältnisse innovative) Abstimmungsprocedere: Jeder Aktionär konnte sich eine „Lumi AGM app“ auf das Smartphone herunterladen; Meeting-ID, Username und Password gab´s beim Eingang. Dieses „Voting Device“ sorgte dann für wirklich blitzschnelle Abstimmungen, so schnell, dass ich mit dem Mitschreien der Voting Results gar nicht mitkam… Also nix Nummerntaferln in die Höhe halten und einzeln vom Notar laut abzählen. (Die Frage ist, als gelernter Österreicher, wie so eine App-Abstimmung wohl in einem Saal mit einigen hunderten Kleinaktionären abläuft…) Davor gab’s aber den Annual Report von CEO Stefan Borgas: zum Fokus auf die Konzernintegration mit strategischer Kombination aus „synergies and driving efficiencies“. In seinem Outlook erwartete Borgas für heuer eine „sehr positive“ Geschäftsentwicklung, finanziell sei man „well on track“. Übergeordnetes Target laut dem CEO: Ein globaler Feuerfest-Führer zu sein mit einem unverwechselbaren Produkt- und Leistungsangebot auf „fünf Säulen“: weltweite Präsenz (so sei man auch gegen Handelskriege gerüstet), umfassendes Portfolio, Top-Technologielösungen, wettbewerbsfähige Kosten und Top-Mitarbeiter.
Für CFO Octavio Lopes, der danach die „konservative“ Dividendenpolitik und den Dividendenvorschlag (0,75 Euro je Aktie) ausführte, war es das erste und gleich auch das letzte Annual General Meeting als Finanzvorstand der RHI Magnesita, denn er bleibt ja nur bis Jahresende 2018. Für Cordt ein positives Zeichen, dass das Unternehmen „auf guten Weg“ sei. Anschließend erläuterte Celia Baxter, Vorsitzende des Vergütungsausschusses, in line mit den Holländischen und UK-Corporate Governance Codes & UK-Remuneration Guidelines, die „Remuneration Policy“ des Board inklusive des „Long Term Incentive Plan“. Dinge, die den internationalen Proxy Advisors offenbar sehr wichtig sind.
Danach: Die „Q & A Session“. Da werden heimische HVs erst so richtig lebendig… im Amsterdamer Saal gab´s genau… keine Frage aus dem Publikum! Vielleicht, weil sich die wesentlichen Shareholders schon vorher (über Proxy Advisors) informiert hatten? Anyway, so ging es eben gleich zu den „Votings“. Via App gingen die und die Auszählung in Sekundenschnelle. So erhielten die 2017er-Zahlen, der Dividendenvorschlag und die Entlastung der directors 100% Zustimmung. Die Wiederwahl der Executive Directors, des Chairman und der Non Executice Directors ging mit jeweils 98-99% Zustimmung über die App-Bühne. Dasselbe galt für die Wiederwahl des Wirtschaftsprüfers PwC, für die Annahme der „New Directors´ Remuneration Policy“, des „Remuneration Report“, des „Long Term Incentive Plan“ und für die Authorisierung des Board zu Ausgabe und Rückkauf von Aktien Wie gesagt, nach einer Stunde konnte der Chairman das Annual General Meeting schließen. Da es danach kein konstituierendes Board Meeting gab, hatten Chairman Cordt und CEO Borgas noch relaxte Zeit für ein langes persönliches Gespräch, wo ich einiges über Proxy Advisors, Remote Voting und internationale Märkte hörte.
PS: Ein Austro-Privataktionär aus OÖ, den man aus vielen heimischen HVs als regen Fragensteller kennt, war ebenfalls (per Bahn) nach Amsterdam angereist. Weil aber -wie er enttäuscht berichtete- der Zug unterwegs eine Panne hatte, kam er leider erst in den Saal, als die HV gerade zu Ende war – sozusagen zum „Hiatlaufsetzen“."
(Ende Text Manfred Kainz)
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