19.02.2017, 4778 Zeichen
Zählen Sie in Gedanken doch bitte einmal durch, wer von Ihren Freunden (und/oder -innen, um der Genderpflicht Genüge zu tun) wie lange schon an Ihrer Seite weilt. Unter Umständen – und da können Sie sich vermutlich durchaus glücklich schätzen – sind da einige schon sehr lange dabei. Allerdings, und diese Erfahrung durfte ich schon machen, trifft man auch im weiteren Leben immer wieder mal auf Menschen, die dasselbe bereichern und durch ihre Freundschaft irgendwie ein bisschen schöner machen. Sie merken schon, ich bin heute versöhnlich gestimmt, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass in dieser Woche der alljährliche Valentinstag stattfand und ich vor lauter „Hab-dich-lieb“-Herzchen kaum den Weg zur Supermarktkasse fand. Damit dieses Editorial jetzt jedoch nicht zur weichgespülten Soap-Klamotte verkommt, packe ich sogleich den kritischen Berichterstatter aus und stelle als solcher fest, dass es sehr wohl neben all der Harmonie und immerwährenden Zuneigung so etwas wie schwierige Freundschaften gibt. Schönes Beispiel sind hier ganz aktuell die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die (zumindest auf politischer Ebene) auf die ein oder andere Probe gestellt werden könnte. Oder die Geschichte mit den Griechen, die sich, knapp zwei Jahre nach dem GREXIT-Streit, erneut zu einer Bewährungsprobe für den europäischen Zusammenhalt entwickeln dürften. Und noch eine Sache fällt mir in diesem Zusammenhang ein, und da tauchen wir direkt ins Marktgeschehen ein:
The trend is your friend
Der Trend ist dein Freund, sagt eine der bekanntesten Börsenweisheiten. Gemeint ist damit, dass es fast immer lukrativer ist, einem bestehenden Trend zu folgen, indem man bei steigenden Kursen Long- beziehungsweise in fallenden Märkten Short-Positionen eingeht. Ja, das hört sich auf jeden Fall erst einmal mächtig plausibel an. Der Teufel steckt wie so oft im Detail, und das fängt schon beim Anlagehorizont an. Ist derselbe langfristig, dann muss man konstatieren, dass die Börsen seit Jahrzehnten konsequent aufwärts marschieren. Na gut, den japanischen Nikkei 225 müssen wir da wohl ausnehmen, mit dem war in den vergangenen Jahren wahrlich kein Blumentopf zu gewinnen. Ansonsten gilt – the only way is up. Was in die oben genannte Strategie übertragen nichts anderes bedeutet als: kaufen und liegenlassen. Richtig, das hat schon der gute alte Kostolany gesagt, und damit in gewisser Weise recht gehabt. Verlassen wir aber den langfristigen Anlagehorizont und wenden uns einem mittel- oder gar kurzfristigen zu, wird die Angelegenheit ungleich komplizierter. Denn nun haben wir es durchaus mit mehreren Trends und vor allem mit deren Wechseln zu tun. Aktuelles Beispiel gefällig?
Buy the rumours, sell the facts
An der Wall Street (dieses Intro konnte ich praktischerweise direkt aus der Vorwoche übernehmen) sehen wir derzeit einen Mega-Trend. Der Dow Jones (und mit ihm der breiter gefasste S&P 500 sowie die Tech-Indizes) legen gerade eine Rekord-Rallye hin, wie sie nicht alle Tage zu sehen ist. Der Dow hat dabei in den vergangenen drei Monaten knapp 10 Prozent aufgesattelt, auf Jahresfrist sind es bereits gut 27 Prozent. Das nennt man dann wohl eine mustergültige Hausse. Die Frage, die sich nun stellt, lautet allerdings – wie lange geht das noch so gut? Oder, noch etwas differenzierter: wer oder was treibt denn da eigentlich die Kurse? Und wie positioniert man sich als Anleger dabei – läuft man der Meute / den Kursen hinterher oder stellt man sich gar gegen den Trend? Zur ersten Frage: das weiß natürlich wieder einmal keiner, wann die Party endet. Wer oder was die Hausse befeuert, wird hingegen recht schnell klar, denn es handelt sich hierbei um den neuen US-Präsidenten Trump in persona und die Hoffnung auf ein Wunder per se („make America great again“, als ob das was werden könnte!). Indem Trump den Anlegern dieses Wunder verspricht, verleitet er die Markteilnehmer zu einem hoffnungsfrohen Kauf einer besseren Zukunft. Die passende Börsenweisheit hierzu lautet „buy the rumours, sell the facts“. Solange der CEO der United States keine konkreten Maßnahmen / Vorhaben / Entscheidungen präsentiert, werden die Gerüchte gekauft, und zwar sowas von. Aber wehe, wenn die Fakten auf den Tisch kommen. Der anschließende Ausverkauf könnte nämlich ebenso gewaltig werden!
Ein Beitrag von Sebastian Jonkisch von Prime Quants
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