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09.06.2014, 10544 Zeichen

 Text: Daniel Koinegg (Bild Mitte), siehe http://www.christian-drastil.com/blog/praktikant/ bzw. http://boerse-social.com/smeil/entry_ranking_2014/143;bargain-magazinecom .

Objekt: Delisting-Gefahr in Deutschland?

Mangels Beschäftigung damit hatte ich ein aus meiner Sicht ziemlich gefährliches Thema im Zusammenhang mit Investitionen in Aktien bisher übersehen, nämlich das Risiko des Delistings einer Gesellschaft, in der man engagiert ist. Da mir nun aber im Rahmen meiner Aktiensuche am deutschen Markt schon zwei Gesellschaften (Schuler und Magix) untergekommen sind, bei denen sich dieses Risiko zu manifestieren scheint, möchte ich einige Recherchen zu diesem Problem anstellen und daraus den einen oder anderen Artikel für das bargain-Magazine basteln. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich bei den erwähnten Unternehmen nicht investiert bin, diese Gedanken keine rechtliche Beratung darstellen und ich auch im deutschen Kapitalmarkt- und Wertpapierrecht nicht bewandert bin. Von daher bin ich über jede Art von Feedback sehr dankbar.

Unter Delisting versteht man zunächst einmal den Rückzug von der Börse. § 39 des deutschen BörseG bestimmt hierzu:

§ 39 - Widerruf der Zulassung bei Wertpapieren

(1) Die Geschäftsführung kann die Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt außer nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes widerrufen, wenn ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist und die Geschäftsführung die Notierung im regulierten Markt eingestellt hat oder der Emittent seine Pflichten aus der Zulassung auch nach einer angemessenen Frist nicht erfüllt.

(2) Die Geschäftsführung kann die Zulassung im Sinne des Absatzes 1 auch auf Antrag des Emittenten widerrufen. Der Widerruf darf nicht dem Schutz der Anleger widersprechen. Die Geschäftführung hat einen solchen Widerruf unverzüglich im Internet zu veröffentlichen. Der Zeitraum zwischen der Veröffentlichung und der Wirksamkeit des Widerrufs darf zwei Jahre nicht überschreiten. Nähere Bestimmungen über den Widerruf sind in der Börsenordnung zu treffen.

Quelle: http://dejure.org/gesetze/BoersG/39.html

Das bedeutet vereinfacht gesagt, die Geschäftsführung der Börse kann auch auf Antrag der Gesellschaft (die durch das Management nach außen vertreten wird) die Börsezulassung aufheben. Geschieht dies, muss der Anlegerschutz gewährleistet, der Widerruf der Zulassung im Internet veröffentlicht werden und das Delisting innerhalb von zwei Jahren stattfinden.

Soweit, so gut. Sehen wir uns die beiden diesen Artikel veranlassenden Fälle an:

Die Schuler AG veröffentlichte am 4.4.2014 folgende ad-hoc-Mitteilung:

Der Vorstand der Schuler AG hat heute beschlossen, den Widerruf der Börsenzulassung der Aktien der Schuler AG (Delisting) zu beantragen. Der Vorstand wird bei allen Börsen, an denen die Aktien der Schuler AG im Regulierten Markt gehandelt werden (Frankfurter Wertpapierbörse und Börse Stuttgart), den Widerruf der Zulassung zum Regulierten Markt beantragen. Der Vorstand geht davon aus, dass der Widerruf sechs Monate nach seiner Veröffentlichung durch die jeweilige Börsengeschäftsführung wirksam wird. Anschließend werden die Aktien der Schuler AG nicht mehr im Regulierten Markt handelbar sein.

Quelle: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/DGAP-Ad-hoc-Schuler-AG-3432487

 

Die Magix AG veröffentlichte eine ad hoc mit ähnlichem Charakter am 20.05.2014:

Der Vorstand der MAGIX AG, Berlin, (ISIN DE0007220782) hat heute beschlossen, bei der Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse einen Antrag auf Widerruf der Zulassung zum Freiverkehr (Entry Standard) zu stellen. Entsprechende Anträge sollen bei den Börsen Berlin, Düsseldorf, München und Stuttgart gestellt werden. Durch den angestrebten Börsenrückzug der MAGIX AG ist eine deutliche Reduzierung des Verwaltungs- und Kostenaufwands der Gesellschaft zu erwarten. Aus Sicht des Vorstands ergeben sich aus der Börsennotierung keine signifikanten Vorteile für die Gesellschaft; insbesondere ist die Gesellschaft für ihre Finanzierung nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen. Der Schutz der Anleger im Streubesitz soll dadurch sichergestellt werden, dass der Börsenrückzug nicht sofort wirksam wird, sondern erst mit Wirkung zum 30. November 2014, mithin nach Ablauf einer Frist von mehr als sechs Monaten nach Antragstellung. Bis dahin können die Aktionäre ihre Aktien wie bisher über die Börse handeln.

Quelle: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/DGAP-News-MAGIX-AG-3581626

Zunächst einmal ist erkennbar, dass in beiden Fällen eine Entscheidung des Vorstandes getroffen wurde und kein Gesellschafterbeschluss hinter dieser Maßnahme steht. Weiters wird darauf hingewiesen, dem „Anlegerschutz“ dadurch Rechnung zu tragen, dass eine Übergangsfrist von 6 Monaten einzuhalten ist, in der noch gehandelt werden kann. Und weiters ist offensichtlich, dass diese Vorgangsweise sowohl für den Freiverkehr wie auch für den Regulierten Handel wählbar sein kann. Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass möglicherweise ein Abfindungsangebot an die Aktionäre ergehen würde, wie es etwa bei einem squeeze out vorgeschrieben wäre. Bei der Magix handelt es sich sogar um ein Unternehmen, das einen signifikanten freefloat von >30% laut finanzen.net aufweist.

In diesem Zusammenhang ist die im vorigen Oktober ergangene Entscheidung des deutschen BGH (Beschluss des II. Zivilsenats vom 8.10.2013 - II ZB 26/12) wahrscheinlich von großer Relevanz, die folgenden Rechtssatz (oder wie das in Deutschland auch heißen mag) statuiert:

Bei einem Widerruf der Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Barabfindung. Es bedarf weder eines Beschlusses der Hauptversammlung noch eines Pflichtangebotes (…)

Hier geht es vorerst nur um ein „downlisting“, d.h. um einen Widerruf der Handelszulassung für den regulierten Markt, nicht um ein vollständiges „delisting“. Bei dem Unternehmen, um das es in diesem Fall ging, handelte es sich übrigens um die Frosta AG.

Aus den Entscheidungsgründen dieses Beschlusses geht aber offenbar hervor, dass der BGH diese Grundsätze (kein Hauptversammlungsbeschluss, kein Pflichtangebot) auch bei einem vollständigen „Delisting“ angewendet wissen möchte.

Bemerkenswert ist zunächst einmal die Begründung in Randziffer 3 der Entscheidungsgründe. Der BGH beruft sich dort auf ein Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012, in dem die Anwendbarkeit des verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsrechts nach Art. 14 Grundgesetz im Falle eines Delistings verneint wird. Besser gesagt: dem Aktionär werde durch ein Delisting keine Rechtsposition genommen, die durch die genannte Norm geschützt wird. Weder werde er in seinen mitgliedschaftsrechtlichen, noch in seinen vermögensrechtlichen Positionen beeinträchtigt. Hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit der Anteile komme es auf die rechtliche Verkehrsfähigkeit, und nicht auf die tatsächliche an (die ja durch den Wegfall des Börsehandels schon ein klitzekleines bisschen „nachlässt“). Natürlich ist die rein rechtliche Verkehrsfähigkeit gleichzeitig eine eher theoretische. Dass durch das delisting auch die eine oder andere Publizitätspflicht wegfällt, die dem typischen Kleinanleger eine regelmäßige Überprüfung der Wirtschaftlichkeit seiner engagements ermöglicht und vielfach der Hauptgrund für den Kauf der Anteile ist, wird meines Erachtens auch nicht berücksichtigt.

Randzahl 14 der Entscheidungsgründe beschäftigt sich dann noch mit dem Anlegerschutz, den § 39 Abs 2 dt. BörseG verlangt. So meint der BGH de facto, dass eine Übergangsfrist von sechs Monaten (wie auch in den beiden Anlassfällen) denselben Schutz bieten würde wie ein Abfindungsangebot. Weiters geht das Höchstgericht an dieser Stelle davon aus, dass sich nicht feststellen ließe, dass schon die Ankündigung eines Börsenrückzuges einen Kurssturz herbeiführen würde. Hierzu kann ich anmerken, dass der Kurs der Schuler am Tag vor der Ankündigung bei 27,75 EUR (Schlusskurs) lag, schließlich nach der ad hoc am 4.4.2014 bei 25,30 EUR schloss und innerhalb der nächsten ca. zwei Wochen in Regionen zwischen ca. 22,90 und 24,x abtauchte. Bei der Magix lag der Kurs am 19.05.2014, d.h. vor der Ankündigung bei 3,75 EUR, am Handelstag der Ankündigung schloss die Aktie bei 2,83 EUR. Seither hat sich der Kurs bei etwas über 3 EUR eingependelt. Etwas weltfremd ist für mich die Auffassung, ein Kurssturz durch die Ankündigung könne nicht beobachtet werden, also schon. Freilich war der Rückgang bei der Schuler weit weniger gravierend, aber das wird eher daran liegen, dass hier kaum noch Streubesitz vorhanden ist.

Randzahl 16 weist schließlich auf eine Möglichkeit hin, wie man sich als Aktionär zumindest versuchen kann zu schützen, nämlich durch einen „Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung“. Dieser Beschluss wird von der Börse erlassen und hat wie schon erörtert den Anlegerschutz zu beachten. Ob dieser Weg für den durchschnittlichen Kleinanleger (dem typischen freefloat) aus Effizienzgründen gangbar ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Jedenfalls werde ich vor allem bei der Magix die kommende Entwicklung genau beobachten und gegebenenfalls weitere Beiträge veröffentlichen.

Soweit es sich für mich nun darstellt (ich kann mich auch täuschen!!!), reicht theoretisch eine über die faktische Präsenzmehrheit in der Hauptversammlung ausübbare mittelbare Einflussnahme auf die Managemententscheidungen via Aufsichtsrat aus, um vielen Angehörigen des Streubesitzes wichtige Informationsgrundlagen sowie de facto die Handelbarkeit ihrer Anteile ohne wirtschaftliche Abgeltung zu entziehen. Freilich, der Anteilsbesitz selbst, die Substanzbeteiligung und die Mitgliedschaftsrechte, die aus der Aktionärseigenschaft erwachsen, bleiben de iure unverändert, de facto werden sie aber erheblich beschnitten. Daher bin ich versucht, etwas polemisch zu denken und zu schreiben: wenn Beispiele wie Schuler und Magix „Schule machen“, dann Gute Nacht Kapitalmarkt.

Den Volltext gibt es unter http://www.bargain-magazine.com zu lesen. Dort werden umfangreichere Überlegungen zur finaziellen Stabilität, zum Geschäftsmodell, möglicherweise vorhandenen Wettbewerbsvorteilen sowie diversen „weichen“ Bewertungsfaktoren sowie insbesondere zu einer Schätzung eines Unternehmenswertes angestellt. 

Es sei darauf hingewiesen, dass der Autor kein Aktionär dieses Unternehmens ist. Die Informationen stammen zum einen von der Homepage des Unternehmens und zum anderen aus den verschiedenen Geschäftsberichten.



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    Unter Delisting versteht man zunächst einmal den Rückzug von der Börse. § 39 des deutschen BörseG bestimmt hierzu:

    § 39 - Widerruf der Zulassung bei Wertpapieren

    (1) Die Geschäftsführung kann die Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt außer nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes widerrufen, wenn ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist und die Geschäftsführung die Notierung im regulierten Markt eingestellt hat oder der Emittent seine Pflichten aus der Zulassung auch nach einer angemessenen Frist nicht erfüllt.

    (2) Die Geschäftsführung kann die Zulassung im Sinne des Absatzes 1 auch auf Antrag des Emittenten widerrufen. Der Widerruf darf nicht dem Schutz der Anleger widersprechen. Die Geschäftführung hat einen solchen Widerruf unverzüglich im Internet zu veröffentlichen. Der Zeitraum zwischen der Veröffentlichung und der Wirksamkeit des Widerrufs darf zwei Jahre nicht überschreiten. Nähere Bestimmungen über den Widerruf sind in der Börsenordnung zu treffen.

    Quelle: http://dejure.org/gesetze/BoersG/39.html

    Das bedeutet vereinfacht gesagt, die Geschäftsführung der Börse kann auch auf Antrag der Gesellschaft (die durch das Management nach außen vertreten wird) die Börsezulassung aufheben. Geschieht dies, muss der Anlegerschutz gewährleistet, der Widerruf der Zulassung im Internet veröffentlicht werden und das Delisting innerhalb von zwei Jahren stattfinden.

    Soweit, so gut. Sehen wir uns die beiden diesen Artikel veranlassenden Fälle an:

    Die Schuler AG veröffentlichte am 4.4.2014 folgende ad-hoc-Mitteilung:

    Der Vorstand der Schuler AG hat heute beschlossen, den Widerruf der Börsenzulassung der Aktien der Schuler AG (Delisting) zu beantragen. Der Vorstand wird bei allen Börsen, an denen die Aktien der Schuler AG im Regulierten Markt gehandelt werden (Frankfurter Wertpapierbörse und Börse Stuttgart), den Widerruf der Zulassung zum Regulierten Markt beantragen. Der Vorstand geht davon aus, dass der Widerruf sechs Monate nach seiner Veröffentlichung durch die jeweilige Börsengeschäftsführung wirksam wird. Anschließend werden die Aktien der Schuler AG nicht mehr im Regulierten Markt handelbar sein.

    Quelle: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/DGAP-Ad-hoc-Schuler-AG-3432487

     

    Die Magix AG veröffentlichte eine ad hoc mit ähnlichem Charakter am 20.05.2014:

    Der Vorstand der MAGIX AG, Berlin, (ISIN DE0007220782) hat heute beschlossen, bei der Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse einen Antrag auf Widerruf der Zulassung zum Freiverkehr (Entry Standard) zu stellen. Entsprechende Anträge sollen bei den Börsen Berlin, Düsseldorf, München und Stuttgart gestellt werden. Durch den angestrebten Börsenrückzug der MAGIX AG ist eine deutliche Reduzierung des Verwaltungs- und Kostenaufwands der Gesellschaft zu erwarten. Aus Sicht des Vorstands ergeben sich aus der Börsennotierung keine signifikanten Vorteile für die Gesellschaft; insbesondere ist die Gesellschaft für ihre Finanzierung nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen. Der Schutz der Anleger im Streubesitz soll dadurch sichergestellt werden, dass der Börsenrückzug nicht sofort wirksam wird, sondern erst mit Wirkung zum 30. November 2014, mithin nach Ablauf einer Frist von mehr als sechs Monaten nach Antragstellung. Bis dahin können die Aktionäre ihre Aktien wie bisher über die Börse handeln.

    Quelle: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/DGAP-News-MAGIX-AG-3581626

    Zunächst einmal ist erkennbar, dass in beiden Fällen eine Entscheidung des Vorstandes getroffen wurde und kein Gesellschafterbeschluss hinter dieser Maßnahme steht. Weiters wird darauf hingewiesen, dem „Anlegerschutz“ dadurch Rechnung zu tragen, dass eine Übergangsfrist von 6 Monaten einzuhalten ist, in der noch gehandelt werden kann. Und weiters ist offensichtlich, dass diese Vorgangsweise sowohl für den Freiverkehr wie auch für den Regulierten Handel wählbar sein kann. Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass möglicherweise ein Abfindungsangebot an die Aktionäre ergehen würde, wie es etwa bei einem squeeze out vorgeschrieben wäre. Bei der Magix handelt es sich sogar um ein Unternehmen, das einen signifikanten freefloat von >30% laut finanzen.net aufweist.

    In diesem Zusammenhang ist die im vorigen Oktober ergangene Entscheidung des deutschen BGH (Beschluss des II. Zivilsenats vom 8.10.2013 - II ZB 26/12) wahrscheinlich von großer Relevanz, die folgenden Rechtssatz (oder wie das in Deutschland auch heißen mag) statuiert:

    Bei einem Widerruf der Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Barabfindung. Es bedarf weder eines Beschlusses der Hauptversammlung noch eines Pflichtangebotes (…)

    Hier geht es vorerst nur um ein „downlisting“, d.h. um einen Widerruf der Handelszulassung für den regulierten Markt, nicht um ein vollständiges „delisting“. Bei dem Unternehmen, um das es in diesem Fall ging, handelte es sich übrigens um die Frosta AG.

    Aus den Entscheidungsgründen dieses Beschlusses geht aber offenbar hervor, dass der BGH diese Grundsätze (kein Hauptversammlungsbeschluss, kein Pflichtangebot) auch bei einem vollständigen „Delisting“ angewendet wissen möchte.

    Bemerkenswert ist zunächst einmal die Begründung in Randziffer 3 der Entscheidungsgründe. Der BGH beruft sich dort auf ein Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012, in dem die Anwendbarkeit des verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsrechts nach Art. 14 Grundgesetz im Falle eines Delistings verneint wird. Besser gesagt: dem Aktionär werde durch ein Delisting keine Rechtsposition genommen, die durch die genannte Norm geschützt wird. Weder werde er in seinen mitgliedschaftsrechtlichen, noch in seinen vermögensrechtlichen Positionen beeinträchtigt. Hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit der Anteile komme es auf die rechtliche Verkehrsfähigkeit, und nicht auf die tatsächliche an (die ja durch den Wegfall des Börsehandels schon ein klitzekleines bisschen „nachlässt“). Natürlich ist die rein rechtliche Verkehrsfähigkeit gleichzeitig eine eher theoretische. Dass durch das delisting auch die eine oder andere Publizitätspflicht wegfällt, die dem typischen Kleinanleger eine regelmäßige Überprüfung der Wirtschaftlichkeit seiner engagements ermöglicht und vielfach der Hauptgrund für den Kauf der Anteile ist, wird meines Erachtens auch nicht berücksichtigt.

    Randzahl 14 der Entscheidungsgründe beschäftigt sich dann noch mit dem Anlegerschutz, den § 39 Abs 2 dt. BörseG verlangt. So meint der BGH de facto, dass eine Übergangsfrist von sechs Monaten (wie auch in den beiden Anlassfällen) denselben Schutz bieten würde wie ein Abfindungsangebot. Weiters geht das Höchstgericht an dieser Stelle davon aus, dass sich nicht feststellen ließe, dass schon die Ankündigung eines Börsenrückzuges einen Kurssturz herbeiführen würde. Hierzu kann ich anmerken, dass der Kurs der Schuler am Tag vor der Ankündigung bei 27,75 EUR (Schlusskurs) lag, schließlich nach der ad hoc am 4.4.2014 bei 25,30 EUR schloss und innerhalb der nächsten ca. zwei Wochen in Regionen zwischen ca. 22,90 und 24,x abtauchte. Bei der Magix lag der Kurs am 19.05.2014, d.h. vor der Ankündigung bei 3,75 EUR, am Handelstag der Ankündigung schloss die Aktie bei 2,83 EUR. Seither hat sich der Kurs bei etwas über 3 EUR eingependelt. Etwas weltfremd ist für mich die Auffassung, ein Kurssturz durch die Ankündigung könne nicht beobachtet werden, also schon. Freilich war der Rückgang bei der Schuler weit weniger gravierend, aber das wird eher daran liegen, dass hier kaum noch Streubesitz vorhanden ist.

    Randzahl 16 weist schließlich auf eine Möglichkeit hin, wie man sich als Aktionär zumindest versuchen kann zu schützen, nämlich durch einen „Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung“. Dieser Beschluss wird von der Börse erlassen und hat wie schon erörtert den Anlegerschutz zu beachten. Ob dieser Weg für den durchschnittlichen Kleinanleger (dem typischen freefloat) aus Effizienzgründen gangbar ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Jedenfalls werde ich vor allem bei der Magix die kommende Entwicklung genau beobachten und gegebenenfalls weitere Beiträge veröffentlichen.

    Soweit es sich für mich nun darstellt (ich kann mich auch täuschen!!!), reicht theoretisch eine über die faktische Präsenzmehrheit in der Hauptversammlung ausübbare mittelbare Einflussnahme auf die Managemententscheidungen via Aufsichtsrat aus, um vielen Angehörigen des Streubesitzes wichtige Informationsgrundlagen sowie de facto die Handelbarkeit ihrer Anteile ohne wirtschaftliche Abgeltung zu entziehen. Freilich, der Anteilsbesitz selbst, die Substanzbeteiligung und die Mitgliedschaftsrechte, die aus der Aktionärseigenschaft erwachsen, bleiben de iure unverändert, de facto werden sie aber erheblich beschnitten. Daher bin ich versucht, etwas polemisch zu denken und zu schreiben: wenn Beispiele wie Schuler und Magix „Schule machen“, dann Gute Nacht Kapitalmarkt.

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