24.07.2017, 3385 Zeichen
Die Maschinen sind da. Die Büchse der Pandora, die vor einigen Jahren geöffnet wurde, hat sie inzwischen freigelassen. An unseren Märkten herrscht der Automatismus. Wir müssen dazu lernen.
Die Kursbewegungen der letzten Tage deuten exakt in die Richtung eines automatisierten Orderverhaltens. Was noch vor ein paar Jahren und Monaten auf ein paar unachtsame Programmierer in den USA geschoben wurde, wir erinnern uns an den einen oder anderen Flash-Crash mit anschließendem Konkursantrag einiger Broker, hat mittlerweile Europa eingeholt.
Aus wenig schlüssigen Gründen fallen Aktien ins zweistellige Minus während andere Werte aus ebensolchen Gründen im 5% Modus hin und her fetzen. Je geringer liquide die Tagesverfassung umso besser. Sommer ein Paradies. Illiquidität verschärft den Sex-Appeal. Wäre halb so wild, wenn es sich um ein paar wild gewordene Attacken handeln würde, aber, sorry to say, das Ding hat Methode. Während wir von Sonne und Strand samt Margharitas und Trallala träumen, sitzen ein paar Nerds in irgendwelchen Kellern oder 80-stöckigen Wolkenkratzern und träumen vom virtuellen Wahnsinn. Beziehung zu einzelnen Geschäftsmodellen, Luxus. Irgendwelche Sentimentalitäten bezüglich mühseliger Präsentationsarbeit in Unternehmen, sinnlos. Die Macht der geringen Aufmerksamkeit bestimmt das (Gottseidank zumeist kurzfristige Geschehen). Der Schaden ist aber mit Sicherheit dadurch fixiert, als die langwierigen Aufbauprozesse, die zu einer Art Vertrauensbasis zwischen Aktionär und Unternehmen führten, durch solche Prozesse zumindest um den Faktor „Risikopuffer“ belastet werden. Bedeutet, dass sich solche Unternehmen nicht mehr zur Gänze oder so schnell wieder erholen werden (es sei denn einer dieser Algo-Fuzzis ist short gegangen und muss sich dank aufmerksamer Depotbanken über den Markt eindecken (da sind aber zwei Unmöglichkeiten im Satz versteckt. Möge jeder nachdenken und erkennen, welche Unterstellungen in der Praxis nicht halten (Auflösung: die Depotbanken merken das gar nicht und über den Markt deckt keiner von den Superstars wieder ein. Die leihen sich die Stücke oder nehmen gleich Kundendepots die meistens gar nichts davon wissen. Bis jetzt hat mir noch keiner das Gegenteil bewiesen)). Also dauert die fundamental bedingte Erholung ein wenig länger.
Jetzt gilt es daher einmal tief einzuatmen, runter zu schlucken was auch immer im Halse stecken möge und aufzupassen, denn die fundamentale Kraft wird so bald kein Algo killen können. Wenn also ein paar wildgewordene Verkaufsprogramme die Werte durcheinander wirbeln, dann entstehen dadurch eindeutige Kauf-Chancen. Nur weil grad halb Deutschland dem Vitamin D- Mangel huldigt und sich am Freitag in den sonnigen Frühschluss rettet heißt das noch lange nicht, dass man jetzt in seiner Aufmerksamkeit nachlassen sollte. Wir kriegen gerade die Chancen des Jahres serviert! Also aufgepasst und auf solche … Genies gewartet, die im Glauben, dass die halbe Welt nur aus Momentum-Deppen besteht, die Aktien herunterdreschen. Denn dann werden wir nicht, wie von Dritter Seite erhofft, ebenso verkaufen, sondern erst recht erneut einsteigen. Und wir werden uns die kommenden Unternehmensergebnisse genüsslich auf Bauch, Wange oder Ohren scheinen lassen. Es wird vielleicht einige Zeit dauern, aber es wird richtig, richtig gut sein, diese Programm-Hirsche aus dem Markt zu kaufen. Einfach weil‘s wahr ist.
kapitalmarkt-stimme.at daily voice 3/365: Warum der Österreichische Kapitalmarkt vom Zuckerl-Aus profitieren wird
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