18.05.2017, 3792 Zeichen
Die jüngsten Enthüllungen um die Entlassung von FBI-Direktor James Comey und die Verbindungen der Trump-Administration nach Russland haben das Zeug zur ausgewachsenen Staatsaffäre. Eine Ikone der republikanischen Partei zitiert bereits den wohl dramatischsten Polit-Skandal der Nachkriegszeit: „I think it’s reaching the point where it’s of Watergate size and scale“, orakelte am Dienstagabend Senator John McCain, Präsidentschaftskandidat von 2008.
Missbrauch von Regierungsmacht unter Nixon
„Watergate“ steht dabei nicht nur für das Hauptquartier der oppositionellen Demokraten, das in der Nacht zum 17. Juni 1972 Ziel eines vom Wahlkampfteam der Republikaner orchestrierten Einbruchs wurde. Vielmehr ist Watergate auch juristisch ein Synonym für den systematischen Missbrauch von Regierungsmacht unter Richard Nixon. Der 37. Präsident der USA war am 9. August 1974 zurückgetreten und auf diese Weise einem offiziellen Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) entgangen.
Wall Street-Crash während der Watergate-Ermittlungen
Auch bei Börsianern weckt Watergate böse Erinnerungen. Denn nachdem die Aktienkurse in der zweiten Hälfte von Nixons erster Amtszeit kräftig gestiegen waren und seine Wiederwahl im November 1972 den Dow Jones Industrial Average erstmals über die magische Schwelle von 1.000 Punkten gehievt hatte, ging es hernach rasant bergab. Binnen zwei Jahren büßte „der Dow“ über 40% ein. Erst unter dem vom Vize zum Nachfolger aufgerückten Kurzzeit-Präsidenten Gerald Ford gab es einen neuen Aufschwung.
An der Wall Street werden deshalb bereits Parallelen zwischen Nixon und Trump gezogen. Je mehr der Präsident damit beschäftigt ist, seine eigene Haut zu retten, umso weniger Zeit und vor allem Autorität bleiben übrig, um Politik zu machen – und endlich die Steuerreform, das Infrastruktur-Programm und all die anderen Initiativen auf den Weg zu bringen, die seit dem überraschenden Wahlsieg des Immobilien-Milliardärs die Kurse beflügelt haben.
Affären untergraben den Ruf des Präsidenten
Versinkt die Trump-Administration im Affären-Sumpf, dürften diese Vorhaben auf der Strecke bleiben – was dann durchaus der Katalysator für eine Börsenkorrektur sein könnte, die nach Meinung vieler Beobachter ohnehin längst überfällig ist.
Gleichwohl sollte man es mit den historischen Bezügen nicht übertreiben. Denn nachdem der Ölpreis sich binnen kürzester Zeit vervierfacht hatte, wären die vom Vietnam-Krieg schwer gebeutelten USA 1973/74 wohl auch dann in die Rezession gerutscht, wenn der Präsident und sein Stab voll handlungsfähig gewesen wären. Die ständigen Ermittlungen haben allenfalls als Brandbeschleuniger gewirkt, waren aber nicht ursächlich für den Kurssturz.
Watergate für die Börse langfristig nur eine Fußnote
Obendrein hat Nixon zwar die Demokratie besudelt und die politische Kultur schwer beschädigt. Im Ultra-Langfrist-Chart ist der Crash von 1973/74 dennoch nicht mehr als ein Abschnitt einer ohnehin schwierigen Epoche. Wer damals nicht die Nerven verloren, sondern seine Aktien gehalten oder vielleicht sogar nachgekauft hat, wurde ein paar Jahre später reich entlohnt: Kurz nach dem Amtsantritt von Ronald Reagan begann eine Jahrhunderthausse, die dem Dow Jones binnen zwei Jahrzehnten eine Verfünfzehnfachung beschert hat. (Die seit März 2009 laufende Rally brachte übrigens bis dato nur eine Verdreifachung.)
Trump ist nur der Hausmeister
Insofern gilt mehr denn je: Cool bleiben, Dividenden kassieren und lieber die Sonne genießen als auf die Aktienkurse schauen. Wenn der Hausmeister in der Wohnanlage, wo Sie eine Eigentumswohnung besitzen, sich als Flitzpiepe entpuppt, stellen Sie die Bude ja auch nicht zum Verkauf – sondern freuen sich weiter über jeden Mieteingang.
Der Beitrag Watergate Reloaded: Droht jetzt der Trump-Crash? erschien zuerst auf DividendenAdel.
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