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Das wahre politische Kapitalmarktrisiko heißt nicht Trump, sondern Europa! (Robert Halver, Marc Schmidt)

Autor:
Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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16.11.2016, 10454 Zeichen

Es gibt keine politische Schulpflicht, um US-Präsident zu werden. So musste auch Donald Trump keine höhere Bildung vorweisen, die ihn als Polit-Profi ausweist. Eigentlich hat er in dieser Disziplin noch nicht einmal Pudding-Abitur. Ist aufgrund seines unvoreingenommenen Halbwissens also ein pragmatischer Regierungsstil der Marke „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern im Wahlkampf“ zu erwarten?

Flexibilität und plötzliche Überraschungsmomente werden wohl nicht zu kurz kommen. Der politische Kompass spielt verrückt. Und dennoch werden Donald und seine coole republikanische Gang ihre Duftmarken wie Rüden an den großen (geo-)politischen Bäumen hinterlassen.

Europas Versicherungsprämie für den amerikanischen Vollkaskoschutz wird deutlich teurer

Amerika wird sich unter Trump nicht ins geostrategische Mäuseloch zurückziehen. Das werden die republikanischen hard liner, die ohnehin den weltpolitischen Machtzuwachs Chinas kritisch sehen, zu verhindern wissen. Amerika bleibt schon aus egoistischen Motiven die Weltmacht Nr. 1. Denn seit dem Ende des II. Weltkriegs folgte auf den militärischen Siegeszug auch der geostrategische, kulturelle und wirtschaftliche Erfolg der Marke „Made in USA“. Kann man sich weltweit ein Leben ohne US-Militär, ohne amerikanische Filme, Serien, Musik, ohne Coca-Cola , McDonald’s, Nike , Pampers oder Mars-Riegel überhaupt noch vorstellen? Und auf diesen Einfluss soll die neue US-Regierung verzichten? Eher wird ein Mexikaner neuer Stabschef von Trump!  Eher fahren Merkel und Trump gemeinsam in Urlaub!

Allerdings wird man die Rest-Welt für diesen american way of life deutlich mehr bezahlen lassen. Die US-Funktion als Freund und Beschützer der freien Welt unter dem Mantel der Nato sieht Trump weniger emotional, dafür mehr rational, geschäftsmäßig, so wie er als Baulöwe nun einmal ist. Die Versicherungsprämien für den Trump-Schutz werden ab 2017 mindestens so massiv ansteigen wie die von privat Krankenversicherten. Auch deswegen wird 2017 die deutsche schwarze Null zu Grabe getragen.

Ohnehin hat die Atlantik-Region für die USA viel geringere geostrategische Bedeutung als der pazifische Raum. Aber bereits unter Obama hat sich die einst heiße „Liebe“ zu Europa abgekühlt wie bei manchem alten Ehepaar. Das US-Geld für Europa sitzt längst nicht mehr so locker wie früher zu Zeiten des Kalten Kriegs, als Deutschland noch wichtiger Frontstaat war.

Insgesamt wird sich Amerika weniger politisch korrekt, dafür mehr politisch direkt zeigen.

Geopolitisch zeigt sich mit Trump immerhin ein Hoffnungsschimmer

In puncto Beziehung zu Russland ist Trump ideologiebefreit. Die harte Haltung unter Obama wird aufweichen. Ich persönlich kann keinen Nachteil darin entdecken, wenn die USA mit Väterchen Frost wieder ins Gespräch kommen. Wenn man geostrategische Konflikte – gerade im Nahen Osten und speziell Syrien – eingrenzen will, kommt man an Gesprächen mit dem nicht lupenreinen Demokraten Putin nicht vorbei. Sollten die zwei Alpha-Tiere erfolgreich an der Beziehungskrise ihrer beiden Länder arbeiten, profitieren nicht zuletzt auch Europa und Deutschland. Die Flüchtlingskrise verlöre schon an Brisanz, weil man zu ihrer Lösung nicht mehr unterwürfig auf EU-fremde Länder angewiesen ist, die zur Verfolgung ihrer rechtsunstaatlichen Ziele auch vor Erpressungen nicht zurückschrecken. Und sollten sogar Sanktionen gegen Russland und Gegensanktionen von Russland zurückgeführt werden, wird sich keine Industrie mehr freuen als die deutsche.

Spätestens dann wird sich so mancher Politiker in Europa schnell einer geläuterten Rhetorik über Trump befleißigen. Titulierungen wie Schreihals, Horrorclown oder Hassprediger werden nicht mehr vorkommen. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ sprach der Wendehals.

Freihandel kein Freifahrtschein mehr für Deutschland

Mittlerweile ist auch Amerika froh über seine Exporte. Doch sind die USA dank einer großen, konsumfreudigen Bevölkerung und verschuldungstrunkenen Finanzpolitik darauf nicht annähernd so angewiesen wie z.B. Deutschland. Unsere volkswirtschaftliche Nahrungskette hat oft genug mit Außenhandel ihren Anfang genommen und beim Konsum geendet. Wenn die USA wollten, könnten sie uns mit Handelsprotektionismus tatsächlich so richtig wehtun. Donald Trump wird sich hier zwar nicht als Sadist per se aufführen, aber wiederum als knallharter Geschäftsmann: Keine Leistung ohne Gegenleistung.

Ab seiner Amtseinführung am 20. Januar 2017 wird ein kälterer handelspolitischer Wind wehen. Europa und speziell Deutschland werden mehr für die Weltkonjunktur tun müssen. Das, was uns der IWF seit Jahren durch die Blume sagt, wird uns die neue US-Administration eher mit dem Hammer nahe bringen: Investiert mehr, lasst deutlich mehr Schulden und weniger germanische Stabilität zu. Und für Griechenland wird man etwas fordern, was bislang für Frau Merkel und Herrn Schäuble Teufelszeug war: Einen großzügigen Schuldenschnitt. Für Trump muss alles aus dem Weg geräumt werden, was dem Wachstum schadet, auch Schulden. Schulden und ihre Streichung sind für ihn nichts Anrüchiges. Sie sind nur Mittel zum Zweck. So hat er es auch in seinem Immobilienimperium gemacht. Seine Botschaft: Von mir lernen, heißt siegen lernen.

Und natürlich weiß auch die neue Trump-Administration um die strategische Bedeutung Griechenlands. Washington will keine Destabilisierung an der Südostflanke der Nato. Zusammengefasst heißt das: Je mehr wir uns fügen, desto mehr hält Donald die Tür des Freihandels offen.

Auch Nebenkriegsschauplätze sollten als amerikanische Drohkulisse nicht ignoriert werden. Deutsche Banken und Autokonzerne haben das schon zu spüren bekommen. Dass hierbei mit zweierlei Maß gemessen wird, ist unverkennbar. Denn wer als Auto-Manager in den USA ohne Abgas-Sünde ist, werfe den ersten Stein. Doch daran stört man sich in Amerika nicht.

Hält der europäische Hühnerstall gegen den Fuchs Trump zusammen?

Die Hoffnung Europas, dass Mutti Hillary die geostrategische Happy Hour aufrechterhält, ist dahin. Auf die Herausforderungen des Trumpismus muss Europa starke gemeinschaftliche Antworten finden. Die EU als größter Wirtschaftsraum der Welt muss sich ja nicht alles gefallen lassen.

Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Europa hält nicht zusammen. Zunächst muss die EU ab 2017 zunehmend ohne die Großen Briten auskommen. Trump hat immer große Sympathien für die „Befreiung“ Großbritanniens aus dem EU-Gefängnis gezeigt. Damit wird sich die britische Regierung unter Theresa May bestärkt fühlen, eine knallharte Scheidung von der EU anzustreben.

Durch diesen Hard Brexit scheidet Großbritannien – Atommacht, geostrategisch kampferprobt als ehemalige Kolonialmacht und als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat – als Kämpfer für gemeinsame europäische Ideale und vor allem als Gegengewicht zu Amerikas Machtdominanz aus.

Großbritannien als amerikanischer Dorn im Fleisch der EU

Die Briten könnten sogar die politischen Seiten wechseln. May und Trump könnten ein ebenso harmonisches Polit-Duo werden wie früher Thatcher und Reagan. Auch ein umfangreiches Handelsabkommen unter diesen Freunden ist möglich. Zukünftig werden die Ähnlichkeiten beider Länder – die bereits zwischen Donald Trump und dem britischen Außenminister Boris Johnson unverkennbar sind – deutlich herausgestellt. Für Europa heißt das, Großbritannien wird vom Partner immer mehr zum (wirtschafts-)politischen Konkurrenten.

Dagegen taugen Merkel und Trump als Besetzung für eine Liebesschnulze von Rosamunde Pilcher wohl kaum. Die Mutter Europas wird es schwerer haben, sich transatlantisches Gehör zu verschaffen.

Mit einer neuen strategischen Achse Washington-London wird Rest-Europa geopolitisch sicher nicht stärker. Überhaupt, selbst mit den Briten ist Europa den Beweis für europäischen Zusammenhalt oft genug schuldig geblieben. Oder will man bei der gemeinsamen Stabilitätspolitik oder bei der Sicherung der Außengrenze von Erfolgen sprechen?

Wird die europäische Idee im Wahljahr 2017 überhaupt eine Chance haben?

Aber auch 2017 wird Europa geschwächt sein wie Seemann Popeye ohne Spinat. Nach dem unerwarteten Wahlsieg Trumps gilt auch für die anstehenden Wahlen in Europa „Nichts ist unmöglich“, eben auch nicht die Abrechnung mit dem Europa-freundlichen Establishment. Auf scheinbar beruhigende demoskopische Umfragen kann man nicht mehr unbeirrt vertrauen. Fatalerweise gibt es nächstes Jahr gleich drei Nationalwahlen in der Eurozone: Deutschland, Niederlande, Frankreich. Vor allem in den zwei letztgenannten Ländern geben viele Wähler Europa die Schuld an nationalen Fehlentwicklungen.

Und politisch könnte es noch dicker kommen: Die Abstimmung über eine neue italienische Verfassung am 4. Dezember könnte für Ministerpräsident Renzi zum Spießrutenlauf werden. Spätestens seit Trumps Wahlsieg haben Italiens Populisten das Referendum als Denkzettelwahl gegen Europa und die Polit-Elite in Italien auserkoren. Verliert Renzi die Abstimmung – die Gegner der Verfassungsänderung liegen stabil in Führung – wird es 2017 auch in Italien Neuwahlen geben.

Mit Rücksicht auf viele Euro-skeptische Wähler ist dann im nächsten Jahr von Europa nicht viel für Europa zu erwarten. Da nutzen auch die vielen Stuhlkreise in Brüssel mit hartnäckigem, wenn nicht sogar arrogantem moralischem Überlegenheitsgefühl wenig. Parolen wie „Europa muss Supermacht sein, weil man zukünftig auf Amerika weniger zählen kann“ hört man zurzeit oft. Doch wo ist der Nährwert, wenn sich dahinter nur politisch heiße Luft verbirgt, wenn politische und wirtschaftliche Reformen ausbleiben?

Ein sich wie ein Grippevirus verbreitender Populismus ist damit nicht zu bekämpfen. „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“ schrieb einst der große französische Schriftsteller Victor Hugo. Dieses von ihm damals positiv gemeinte Zitat bereitet mir heute Sorgen.

2017 wird das politischste Kapitalmarktjahr aller Zeiten werden. Aber die größten Börsenrisiken gehen dabei nicht von Trump aus, sondern von Europa. Ob Europa endlich verstanden hat?

Ein Beitrag von Robert Halver.

Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.

 


(16.11.2016)

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    Flexibilität und plötzliche Überraschungsmomente werden wohl nicht zu kurz kommen. Der politische Kompass spielt verrückt. Und dennoch werden Donald und seine coole republikanische Gang ihre Duftmarken wie Rüden an den großen (geo-)politischen Bäumen hinterlassen.

    Europas Versicherungsprämie für den amerikanischen Vollkaskoschutz wird deutlich teurer

    Amerika wird sich unter Trump nicht ins geostrategische Mäuseloch zurückziehen. Das werden die republikanischen hard liner, die ohnehin den weltpolitischen Machtzuwachs Chinas kritisch sehen, zu verhindern wissen. Amerika bleibt schon aus egoistischen Motiven die Weltmacht Nr. 1. Denn seit dem Ende des II. Weltkriegs folgte auf den militärischen Siegeszug auch der geostrategische, kulturelle und wirtschaftliche Erfolg der Marke „Made in USA“. Kann man sich weltweit ein Leben ohne US-Militär, ohne amerikanische Filme, Serien, Musik, ohne Coca-Cola , McDonald’s, Nike , Pampers oder Mars-Riegel überhaupt noch vorstellen? Und auf diesen Einfluss soll die neue US-Regierung verzichten? Eher wird ein Mexikaner neuer Stabschef von Trump!  Eher fahren Merkel und Trump gemeinsam in Urlaub!

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    Ohnehin hat die Atlantik-Region für die USA viel geringere geostrategische Bedeutung als der pazifische Raum. Aber bereits unter Obama hat sich die einst heiße „Liebe“ zu Europa abgekühlt wie bei manchem alten Ehepaar. Das US-Geld für Europa sitzt längst nicht mehr so locker wie früher zu Zeiten des Kalten Kriegs, als Deutschland noch wichtiger Frontstaat war.

    Insgesamt wird sich Amerika weniger politisch korrekt, dafür mehr politisch direkt zeigen.

    Geopolitisch zeigt sich mit Trump immerhin ein Hoffnungsschimmer

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    Spätestens dann wird sich so mancher Politiker in Europa schnell einer geläuterten Rhetorik über Trump befleißigen. Titulierungen wie Schreihals, Horrorclown oder Hassprediger werden nicht mehr vorkommen. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ sprach der Wendehals.

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    Und natürlich weiß auch die neue Trump-Administration um die strategische Bedeutung Griechenlands. Washington will keine Destabilisierung an der Südostflanke der Nato. Zusammengefasst heißt das: Je mehr wir uns fügen, desto mehr hält Donald die Tür des Freihandels offen.

    Auch Nebenkriegsschauplätze sollten als amerikanische Drohkulisse nicht ignoriert werden. Deutsche Banken und Autokonzerne haben das schon zu spüren bekommen. Dass hierbei mit zweierlei Maß gemessen wird, ist unverkennbar. Denn wer als Auto-Manager in den USA ohne Abgas-Sünde ist, werfe den ersten Stein. Doch daran stört man sich in Amerika nicht.

    Hält der europäische Hühnerstall gegen den Fuchs Trump zusammen?

    Die Hoffnung Europas, dass Mutti Hillary die geostrategische Happy Hour aufrechterhält, ist dahin. Auf die Herausforderungen des Trumpismus muss Europa starke gemeinschaftliche Antworten finden. Die EU als größter Wirtschaftsraum der Welt muss sich ja nicht alles gefallen lassen.

    Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Europa hält nicht zusammen. Zunächst muss die EU ab 2017 zunehmend ohne die Großen Briten auskommen. Trump hat immer große Sympathien für die „Befreiung“ Großbritanniens aus dem EU-Gefängnis gezeigt. Damit wird sich die britische Regierung unter Theresa May bestärkt fühlen, eine knallharte Scheidung von der EU anzustreben.

    Durch diesen Hard Brexit scheidet Großbritannien – Atommacht, geostrategisch kampferprobt als ehemalige Kolonialmacht und als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat – als Kämpfer für gemeinsame europäische Ideale und vor allem als Gegengewicht zu Amerikas Machtdominanz aus.

    Großbritannien als amerikanischer Dorn im Fleisch der EU

    Die Briten könnten sogar die politischen Seiten wechseln. May und Trump könnten ein ebenso harmonisches Polit-Duo werden wie früher Thatcher und Reagan. Auch ein umfangreiches Handelsabkommen unter diesen Freunden ist möglich. Zukünftig werden die Ähnlichkeiten beider Länder – die bereits zwischen Donald Trump und dem britischen Außenminister Boris Johnson unverkennbar sind – deutlich herausgestellt. Für Europa heißt das, Großbritannien wird vom Partner immer mehr zum (wirtschafts-)politischen Konkurrenten.

    Dagegen taugen Merkel und Trump als Besetzung für eine Liebesschnulze von Rosamunde Pilcher wohl kaum. Die Mutter Europas wird es schwerer haben, sich transatlantisches Gehör zu verschaffen.

    Mit einer neuen strategischen Achse Washington-London wird Rest-Europa geopolitisch sicher nicht stärker. Überhaupt, selbst mit den Briten ist Europa den Beweis für europäischen Zusammenhalt oft genug schuldig geblieben. Oder will man bei der gemeinsamen Stabilitätspolitik oder bei der Sicherung der Außengrenze von Erfolgen sprechen?

    Wird die europäische Idee im Wahljahr 2017 überhaupt eine Chance haben?

    Aber auch 2017 wird Europa geschwächt sein wie Seemann Popeye ohne Spinat. Nach dem unerwarteten Wahlsieg Trumps gilt auch für die anstehenden Wahlen in Europa „Nichts ist unmöglich“, eben auch nicht die Abrechnung mit dem Europa-freundlichen Establishment. Auf scheinbar beruhigende demoskopische Umfragen kann man nicht mehr unbeirrt vertrauen. Fatalerweise gibt es nächstes Jahr gleich drei Nationalwahlen in der Eurozone: Deutschland, Niederlande, Frankreich. Vor allem in den zwei letztgenannten Ländern geben viele Wähler Europa die Schuld an nationalen Fehlentwicklungen.

    Und politisch könnte es noch dicker kommen: Die Abstimmung über eine neue italienische Verfassung am 4. Dezember könnte für Ministerpräsident Renzi zum Spießrutenlauf werden. Spätestens seit Trumps Wahlsieg haben Italiens Populisten das Referendum als Denkzettelwahl gegen Europa und die Polit-Elite in Italien auserkoren. Verliert Renzi die Abstimmung – die Gegner der Verfassungsänderung liegen stabil in Führung – wird es 2017 auch in Italien Neuwahlen geben.

    Mit Rücksicht auf viele Euro-skeptische Wähler ist dann im nächsten Jahr von Europa nicht viel für Europa zu erwarten. Da nutzen auch die vielen Stuhlkreise in Brüssel mit hartnäckigem, wenn nicht sogar arrogantem moralischem Überlegenheitsgefühl wenig. Parolen wie „Europa muss Supermacht sein, weil man zukünftig auf Amerika weniger zählen kann“ hört man zurzeit oft. Doch wo ist der Nährwert, wenn sich dahinter nur politisch heiße Luft verbirgt, wenn politische und wirtschaftliche Reformen ausbleiben?

    Ein sich wie ein Grippevirus verbreitender Populismus ist damit nicht zu bekämpfen. „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“ schrieb einst der große französische Schriftsteller Victor Hugo. Dieses von ihm damals positiv gemeinte Zitat bereitet mir heute Sorgen.

    2017 wird das politischste Kapitalmarktjahr aller Zeiten werden. Aber die größten Börsenrisiken gehen dabei nicht von Trump aus, sondern von Europa. Ob Europa endlich verstanden hat?

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    Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

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