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Wie viel politischer Schrecken ist mit Trump verbunden? (Robert Halver, Marc Schmidt)

Autor:
Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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10.11.2016, 10624 Zeichen

Die kleine Lisa Simpson aus der US-Kult-Zeichentrick-Serie „Die Simpsons“ hat schon früh geahnt, dass es einmal einen Präsidenten Trump geben wird. In einer Folge vom März 2000 sieht sie ihre berufliche Zukunft als US-Präsidentin, die auf Donald Trump folgt. Dieser hatte die USA zuvor in den wirtschaftlichen Ruin und eine handfeste US-Finanzkrise geritten.

Tatsächlich, der Kelch Donald Trump ist nicht an uns vorübergegangen. Er wird der 45. Präsident der USA. Im angeschlagenen „Rostgürtel“ – der ältesten und größten Industrieregion der USA – hat er sich sehr erfolgreich als Robin Hood verkauft, der gegen den bösen Sheriff von Nottingham alias Washington ankämpft, der nur an sich selbst denkt.

Aber wird Trump auch Amerika und die (Finanz-)Welt wie im Comic in den Ruin treiben? Die Befürchtungen in Europa sind jedenfalls groß. Ich kann mich nicht erinnern, dass Brüssel und Berlin jemals so zurückhaltend auf die Wahl eines US-Präsidenten reagiert haben. Ihre politische Reaktion passt eher auf den Anflug einer Grippe. Das liegt daran, dass Trump außer für einen „bemerkenswerten“ Wahlkampf für nichts Konkretes steht. Er hat nie ein politisches Amt bekleidet, das ihm einen unverkennbaren Stallgeruch verliehen hätte. Er ist wie eine Wundertüte. Niemand weiß, was drin ist, zumindest nicht bis zur Amtseinführung am 20. Januar 2017.

Was bleibt vom Trump’schen Wahlkampf in der Realität seiner Amtszeit übrig?

Es ist zu bezweifeln, dass das, was von ihm im Wahlkampf so heiß gekocht wurde, in seiner Amtszeit tatsächlich auch so heiß gegessen wird. Trump ging es sehr darum, mit „knackigen“ Themen und unglaublichen Verbalentgleisungen Aufmerksamkeit und damit die Wahl zu gewinnen. In seiner Amtszeit wird er abkühlen müssen. Das gilt absurderweise auch vor dem Hintergrund, dass die Republikaner jetzt überall – Präsident, Senat, Repräsentantenhaus – die Nase vorn haben. Denn diese Mehrheit schmälert den Corpsgeist, d.h. die Zwietracht in der Partei nimmt zu, zumal Trump nicht der Liebling der republikanischen Massen ist. Einen ungebremsten Aufstieg des Drachen wird es für Trump also nicht geben. Die Partei hält die Leine fest in den Händen. Er wird immer wieder eingefangen. Anders formuliert: So manches politisch querstehende Horn wird abgeschliffen. Ein lockeres Durchregieren wird es für Trump also nicht geben.

Ich unterstelle außerdem, dass er kein großer Aktenleser ist. Das spricht dafür, dass die zweite und dritte Ebene die politische „Drecksarbeit“ machen wird. Und genau die kennen sich mit den Niederungen des Geschäfts, seinen Schlaglöchern, Fettnäpfchen, begrenzten Möglichkeiten und auch der unglaublichen Bürokratie Washingtons aus. Sie wissen, was geht und was nicht.

Trump wird eher die Gallionsfigur sein, die nach außen Parolen verteilt, durchaus auch als populistischer Seelenverkäufer.

Eine neue Ära des Isolationismus?

Überhaupt, geopolitische Abschottung passt nicht zu Amerika. Glaubt denn irgendjemand, dass Amerika die Führung der Welt den Russen oder Chinesen überlässt? Die USA wissen sehr genau, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht zuletzt mit geostrategischer Durchsetzungskraft erkauft wird. An einem Zerfall des aktuellen „Römischen Reiches“ hat niemand Interesse. Isolationismus passt auch nicht zu den Republikanern, die sich doch immer gerne in der Rolle der Freunde und Beschützer sehen.

Vor diesem Hintergrund wird die Trump-Administration auch an der Nato unter Führung Amerikas festhalten. Sie sichert die militärische Omnipräsenz der USA und legitimiert Eingriffe selbstverständlich auch zum eigenen Vorteil. Allerdings wird Trump die Nato-Partner und insbesondere die Bundesregierung verpflichten, deutlich mehr Geld in den Klingelbeutel der Nato zu werfen. Trump wird hier der Meinung in Amerika folgen, wonach sich der europäische Kontinent – also ohne den wertgeschätzten Waffenbruder Großbritannien – gerne hinter dem Schutzschild der USA versteckt, aber sich bei eigenen Engagements eher zurückhält.

In puncto Russland ist Trump mangels politischer Historie nicht befangen wie es eine Hillary Clinton mit ihrer harten Haltung seit Jahren ist. Das eröffnet theoretisch pragmatisches Verhandlungspotenzial, mit Putin Wirtschaftskonflikte und auch die Krisen in Syrien und in der gesamten arabischen Region einzugrenzen. Das ist sicherlich nicht einfach. Aber die Chancen, dass sich zwei grobe Klötze am Ende – nachdem der Wodka oder Whiskey in Strömen gelaufen ist – einigen, sind gegeben. Das würde im Übrigen auch Europa, das sich in Eurosklerose befindet, einige Probleme z.B. bei der Flüchtlingskrise abnehmen.

Und zur Erinnerung: Die Sanktionen gegen Russland, die mit russischen Gegensanktionen verbunden sind, tun wirtschaftlich niemandem so weh wie Deutschland. Ein entspannteres Verhältnis zwischen den USA und Russland würde der deutschen Exportindustrie durchaus helfen.

Grundsätzlich können wir uns keine lupenreinen Demokraten backen. Im Gespräch sollte man aber mit dem Staatspräsident aus dem Osten bleiben. Wir haben ja auch kein Kommunikationsproblem mit dem aus Südosteuropa.

Was bedeutet die Wahl Trumps für die Exportnation Deutschland

Sollte Amerika den Freihandel einschränken, protektionistische Töne anschlagen, Importzölle verhängen oder gar Handelsabkommen kündigen, ist dies auch für Amerika selbst gefährlich. Eine Volkswirtschaft ohne Außenhandel gibt es höchstens noch in Nordkorea und gut geht es dem Land deshalb sicher nicht. Amerika hat die Annehmlichkeiten als Exportnation längst erkannt, die das Land aus der Einseitigkeit kreditfinanzierten Konsums herausholt. Und wenn Amerika Europa wehtut, warum sollten wir dann Amerika schonen? Die EU könnte ja auch engere Handelsbeziehungen mit den Schwellenländern oder mit Kanada anstreben, um den USA die kalte Exportschulter zu zeigen. Natürlich ist das nicht einfach. Aber als die willfährigen Handelstrottel werden wir uns auch nicht präsentieren. In diesem Zusammenhang ist für mich übrigens das aktuelle Handelsabkommen TTIP mausetot.

Grundsätzlich werden die großen multinationalen Konzerne der USA – vor allem die Markennamen wie Coca-Cola , Apple , Procter & Gamble oder Nike – der neuen US-Administration mit gewaltiger Lobby-Arbeit schon die handelspolitischen Flötentöne beibringen. Da wird nicht gekleckert, da wird geklotzt. Diese Unternehmen wollen weltweit weiter ungeniert verkaufen.

Dennoch, die USA werden die außenwirtschaftlichen Daumenschrauben für Deutschland anziehen. In Amerika wird ja immer behauptet, dass die deutsche Industrie zwar gerne von einer guten US- und Weltkonjunktur profitiert, Deutschland selbst aber viel zu wenig für die Stabilisierung der globalen Wirtschaft tut. Die schwarze Null oder gar Überschüsse im deutschen Staatshaushalt sind den USA ein riesiger Dorn im Auge. Stabilitätspolitik der germanischen Art ist für Amerikaner so wenig genießbar wie Bratwurst für Veganer. Herr Trump wird hier deutlich mehr Druck ausüben als sein Vorgänger: Entweder Deutschland fördert zumindest die lahmende europäische Wirtschaft mit staatlichen Konjunkturpaketen oder Amerika könnte sich einiger Instrumente aus dem protektionistischen Werkzeugkasten bedienen. Dabei können schon Nadelstiche unsere deutschen Exportbranchen empfindlich treffen. Einen Vorgeschmack auf handelspolitische Ohrfeigen aus Amerika haben bereits die deutschen Auto- und Bankmanager erhalten. Ihre leuchtend roten Wangen könnten mühelos als Signallampen im Eisenbahnverkehr zwischen Washington und New York eingesetzt werden. Demnächst auch noch blaue Augen? Darauf hat in deutschen Vorstandsetagen niemand Lust.

In der Tat, gegen eine nachhaltig konjunkturfördernde Infrastrukturoffensive in Deutschland, die den Namen verdient, ist – unabhängig von Trump – nichts, gar nichts einzuwenden.

Legt Trump die US-Notenbank an die Kette?

Trump hat im Wahlkampf massive Kritik an der Fed geäußert und ihr vorgeworfen, verlängerter politischer Arm des Weißen Hauses zu sein. Wird also die geldpolitische Allmacht der Fed kastriert und fällt damit einer der bedeutendsten Glücksmomente der Finanzwelt zukünftig aus? Nun, wenn der gute Donald im Weißen Haus sitzt, dann ist er selbst Begünstigter einer freizügigen US-Zins- und Geldpolitik. Wie sonst sollen denn die dramatischen Steuersenkungen und gewaltigen Infrastrukturprojekte in der Industriewüste Amerikas finanziert werden, die Trump versprochen hat? Ohne die Hilfe seiner zukünftigen „Freundin“ Janet Yellen wird ihm das nicht gelingen!

Risiken eines US-Präsidenten Trump sollten nicht geleugnet werden

Natürlich, da Trump politisch betrachtet „unbenutzt“ und damit als US-Präsident schwer einschätzbar ist, können auch unschöne politische wie handelspolitische Entwicklungen nicht ausgeschlossen werden. Es bleibt natürlich abzuwarten, wie viel Kreide er nach einem zerstörerischen Wahlkampf wirklich gefressen hat.

Fatal wäre es insbesondere, wenn Populisten weltweit Trump als ihren Guru, als nachzuahmendes Beispiel betrachten. Gerade in Europa haben die Falschen Trump als erste gratuliert. Wenn EU und Eurozone aber schon Angst vor dem Fuchs Trump und seinen politischen Kollateralschäden haben, sollte dann nicht das Polit-Establishment in Europa den Hühnerstall zügig absichern? Jetzt ist es höchste Zeit, Europa nicht mehr nur zu verwalten, sondern (wirtschafts-)politisch rundzuerneuern.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die bereits schwellenden politischen Risiken in Europa auch für die Finanzmärkte deutlich größer sind als die potenziellen in den USA. Es sollte nicht vergessen werden, dass es 2017 in mindestens drei bedeutenden EU- und Euro-Ländern Nationalwahlen gibt. Und in allen drei Ländern rumort es.

Keine Frage, ein Zusammentreffen von Kanzlerin Merkel und Präsident Trump wird kein  Kaffeekränzchen mit Berlinern und Donuts. Da hat Trump schon im Vorfeld viel Geschirr zerschlagen. Aber es nutzt ja nichts. Die good times unter Barack Obama sind vorbei. Wir müssen das Beste daraus machen.

Die Aktienmärkte als typische Frühwarnsysteme signalisieren zumindest bislang, dass es so schlimm wie gedacht mit Trump nicht kommen wird. Glück auf!

Schlimm steht es allerdings um die US-Umfrageinstitute. So voll danebenzuliegen, ist ein Desaster.

Ein Beitrag von Robert Halver.

Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.

 


(10.11.2016)

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    Die kleine Lisa Simpson aus der US-Kult-Zeichentrick-Serie „Die Simpsons“ hat schon früh geahnt, dass es einmal einen Präsidenten Trump geben wird. In einer Folge vom März 2000 sieht sie ihre berufliche Zukunft als US-Präsidentin, die auf Donald Trump folgt. Dieser hatte die USA zuvor in den wirtschaftlichen Ruin und eine handfeste US-Finanzkrise geritten.

    Tatsächlich, der Kelch Donald Trump ist nicht an uns vorübergegangen. Er wird der 45. Präsident der USA. Im angeschlagenen „Rostgürtel“ – der ältesten und größten Industrieregion der USA – hat er sich sehr erfolgreich als Robin Hood verkauft, der gegen den bösen Sheriff von Nottingham alias Washington ankämpft, der nur an sich selbst denkt.

    Aber wird Trump auch Amerika und die (Finanz-)Welt wie im Comic in den Ruin treiben? Die Befürchtungen in Europa sind jedenfalls groß. Ich kann mich nicht erinnern, dass Brüssel und Berlin jemals so zurückhaltend auf die Wahl eines US-Präsidenten reagiert haben. Ihre politische Reaktion passt eher auf den Anflug einer Grippe. Das liegt daran, dass Trump außer für einen „bemerkenswerten“ Wahlkampf für nichts Konkretes steht. Er hat nie ein politisches Amt bekleidet, das ihm einen unverkennbaren Stallgeruch verliehen hätte. Er ist wie eine Wundertüte. Niemand weiß, was drin ist, zumindest nicht bis zur Amtseinführung am 20. Januar 2017.

    Was bleibt vom Trump’schen Wahlkampf in der Realität seiner Amtszeit übrig?

    Es ist zu bezweifeln, dass das, was von ihm im Wahlkampf so heiß gekocht wurde, in seiner Amtszeit tatsächlich auch so heiß gegessen wird. Trump ging es sehr darum, mit „knackigen“ Themen und unglaublichen Verbalentgleisungen Aufmerksamkeit und damit die Wahl zu gewinnen. In seiner Amtszeit wird er abkühlen müssen. Das gilt absurderweise auch vor dem Hintergrund, dass die Republikaner jetzt überall – Präsident, Senat, Repräsentantenhaus – die Nase vorn haben. Denn diese Mehrheit schmälert den Corpsgeist, d.h. die Zwietracht in der Partei nimmt zu, zumal Trump nicht der Liebling der republikanischen Massen ist. Einen ungebremsten Aufstieg des Drachen wird es für Trump also nicht geben. Die Partei hält die Leine fest in den Händen. Er wird immer wieder eingefangen. Anders formuliert: So manches politisch querstehende Horn wird abgeschliffen. Ein lockeres Durchregieren wird es für Trump also nicht geben.

    Ich unterstelle außerdem, dass er kein großer Aktenleser ist. Das spricht dafür, dass die zweite und dritte Ebene die politische „Drecksarbeit“ machen wird. Und genau die kennen sich mit den Niederungen des Geschäfts, seinen Schlaglöchern, Fettnäpfchen, begrenzten Möglichkeiten und auch der unglaublichen Bürokratie Washingtons aus. Sie wissen, was geht und was nicht.

    Trump wird eher die Gallionsfigur sein, die nach außen Parolen verteilt, durchaus auch als populistischer Seelenverkäufer.

    Eine neue Ära des Isolationismus?

    Überhaupt, geopolitische Abschottung passt nicht zu Amerika. Glaubt denn irgendjemand, dass Amerika die Führung der Welt den Russen oder Chinesen überlässt? Die USA wissen sehr genau, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht zuletzt mit geostrategischer Durchsetzungskraft erkauft wird. An einem Zerfall des aktuellen „Römischen Reiches“ hat niemand Interesse. Isolationismus passt auch nicht zu den Republikanern, die sich doch immer gerne in der Rolle der Freunde und Beschützer sehen.

    Vor diesem Hintergrund wird die Trump-Administration auch an der Nato unter Führung Amerikas festhalten. Sie sichert die militärische Omnipräsenz der USA und legitimiert Eingriffe selbstverständlich auch zum eigenen Vorteil. Allerdings wird Trump die Nato-Partner und insbesondere die Bundesregierung verpflichten, deutlich mehr Geld in den Klingelbeutel der Nato zu werfen. Trump wird hier der Meinung in Amerika folgen, wonach sich der europäische Kontinent – also ohne den wertgeschätzten Waffenbruder Großbritannien – gerne hinter dem Schutzschild der USA versteckt, aber sich bei eigenen Engagements eher zurückhält.

    In puncto Russland ist Trump mangels politischer Historie nicht befangen wie es eine Hillary Clinton mit ihrer harten Haltung seit Jahren ist. Das eröffnet theoretisch pragmatisches Verhandlungspotenzial, mit Putin Wirtschaftskonflikte und auch die Krisen in Syrien und in der gesamten arabischen Region einzugrenzen. Das ist sicherlich nicht einfach. Aber die Chancen, dass sich zwei grobe Klötze am Ende – nachdem der Wodka oder Whiskey in Strömen gelaufen ist – einigen, sind gegeben. Das würde im Übrigen auch Europa, das sich in Eurosklerose befindet, einige Probleme z.B. bei der Flüchtlingskrise abnehmen.

    Und zur Erinnerung: Die Sanktionen gegen Russland, die mit russischen Gegensanktionen verbunden sind, tun wirtschaftlich niemandem so weh wie Deutschland. Ein entspannteres Verhältnis zwischen den USA und Russland würde der deutschen Exportindustrie durchaus helfen.

    Grundsätzlich können wir uns keine lupenreinen Demokraten backen. Im Gespräch sollte man aber mit dem Staatspräsident aus dem Osten bleiben. Wir haben ja auch kein Kommunikationsproblem mit dem aus Südosteuropa.

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    Sollte Amerika den Freihandel einschränken, protektionistische Töne anschlagen, Importzölle verhängen oder gar Handelsabkommen kündigen, ist dies auch für Amerika selbst gefährlich. Eine Volkswirtschaft ohne Außenhandel gibt es höchstens noch in Nordkorea und gut geht es dem Land deshalb sicher nicht. Amerika hat die Annehmlichkeiten als Exportnation längst erkannt, die das Land aus der Einseitigkeit kreditfinanzierten Konsums herausholt. Und wenn Amerika Europa wehtut, warum sollten wir dann Amerika schonen? Die EU könnte ja auch engere Handelsbeziehungen mit den Schwellenländern oder mit Kanada anstreben, um den USA die kalte Exportschulter zu zeigen. Natürlich ist das nicht einfach. Aber als die willfährigen Handelstrottel werden wir uns auch nicht präsentieren. In diesem Zusammenhang ist für mich übrigens das aktuelle Handelsabkommen TTIP mausetot.

    Grundsätzlich werden die großen multinationalen Konzerne der USA – vor allem die Markennamen wie Coca-Cola , Apple , Procter & Gamble oder Nike – der neuen US-Administration mit gewaltiger Lobby-Arbeit schon die handelspolitischen Flötentöne beibringen. Da wird nicht gekleckert, da wird geklotzt. Diese Unternehmen wollen weltweit weiter ungeniert verkaufen.

    Dennoch, die USA werden die außenwirtschaftlichen Daumenschrauben für Deutschland anziehen. In Amerika wird ja immer behauptet, dass die deutsche Industrie zwar gerne von einer guten US- und Weltkonjunktur profitiert, Deutschland selbst aber viel zu wenig für die Stabilisierung der globalen Wirtschaft tut. Die schwarze Null oder gar Überschüsse im deutschen Staatshaushalt sind den USA ein riesiger Dorn im Auge. Stabilitätspolitik der germanischen Art ist für Amerikaner so wenig genießbar wie Bratwurst für Veganer. Herr Trump wird hier deutlich mehr Druck ausüben als sein Vorgänger: Entweder Deutschland fördert zumindest die lahmende europäische Wirtschaft mit staatlichen Konjunkturpaketen oder Amerika könnte sich einiger Instrumente aus dem protektionistischen Werkzeugkasten bedienen. Dabei können schon Nadelstiche unsere deutschen Exportbranchen empfindlich treffen. Einen Vorgeschmack auf handelspolitische Ohrfeigen aus Amerika haben bereits die deutschen Auto- und Bankmanager erhalten. Ihre leuchtend roten Wangen könnten mühelos als Signallampen im Eisenbahnverkehr zwischen Washington und New York eingesetzt werden. Demnächst auch noch blaue Augen? Darauf hat in deutschen Vorstandsetagen niemand Lust.

    In der Tat, gegen eine nachhaltig konjunkturfördernde Infrastrukturoffensive in Deutschland, die den Namen verdient, ist – unabhängig von Trump – nichts, gar nichts einzuwenden.

    Legt Trump die US-Notenbank an die Kette?

    Trump hat im Wahlkampf massive Kritik an der Fed geäußert und ihr vorgeworfen, verlängerter politischer Arm des Weißen Hauses zu sein. Wird also die geldpolitische Allmacht der Fed kastriert und fällt damit einer der bedeutendsten Glücksmomente der Finanzwelt zukünftig aus? Nun, wenn der gute Donald im Weißen Haus sitzt, dann ist er selbst Begünstigter einer freizügigen US-Zins- und Geldpolitik. Wie sonst sollen denn die dramatischen Steuersenkungen und gewaltigen Infrastrukturprojekte in der Industriewüste Amerikas finanziert werden, die Trump versprochen hat? Ohne die Hilfe seiner zukünftigen „Freundin“ Janet Yellen wird ihm das nicht gelingen!

    Risiken eines US-Präsidenten Trump sollten nicht geleugnet werden

    Natürlich, da Trump politisch betrachtet „unbenutzt“ und damit als US-Präsident schwer einschätzbar ist, können auch unschöne politische wie handelspolitische Entwicklungen nicht ausgeschlossen werden. Es bleibt natürlich abzuwarten, wie viel Kreide er nach einem zerstörerischen Wahlkampf wirklich gefressen hat.

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    Ich bin der festen Überzeugung, dass die bereits schwellenden politischen Risiken in Europa auch für die Finanzmärkte deutlich größer sind als die potenziellen in den USA. Es sollte nicht vergessen werden, dass es 2017 in mindestens drei bedeutenden EU- und Euro-Ländern Nationalwahlen gibt. Und in allen drei Ländern rumort es.

    Keine Frage, ein Zusammentreffen von Kanzlerin Merkel und Präsident Trump wird kein  Kaffeekränzchen mit Berlinern und Donuts. Da hat Trump schon im Vorfeld viel Geschirr zerschlagen. Aber es nutzt ja nichts. Die good times unter Barack Obama sind vorbei. Wir müssen das Beste daraus machen.

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    Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

    Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.

     


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