13.09.2015, 5803 Zeichen
Die Pleite – sorry: Der Verkauf – der österreichischen Heimwerkerkette Baumax wird also rund 1.000 Beschäftigten (genaue Zahlen liegen noch nicht vor, zur Kündigung angemeldet sind einmal 1.100) ihre Jobs kosten. Anleger werden dabei keinen direkten Schaden erleiden, da das Unternehmen längst nicht mehr an der Börse notiert. Rund 400 Mio. bleiben den Gläubigern, vorwiegend den Banken, übrig, und hier wiederum soll unbestätigten Gerüchten zufolge Raiffeisen mit einem größeren Betrag beteiligt sein, indirekt kostet es die Anleger also doch etwas. Alles in allem (außer für die Gekündigten) aber kein Drama und wirtschaftlich trotz angespannter Eigenkapitalsituation im Bankensektor problemlos verkraftbar.
Baumax ist aber ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig die Börse für die österreichischen Arbeitsplätze ist. Die Gründe für die Schräglage der einstmals größten österreichischen und drittgrößten europäischen Heimwerkerkette lassen sich nämlich leicht finden: Auslöser des Notverkaufs war eine katastrophale Überschuldung. Wie ist es zu dieser gekommen? Baumax strebte die Marktführerschaft in CEE an – eine an sich richtige Strategie, bei deren Umsetzung es im Osten allerdings Serienpannen gab: Schlechte Lagen, schlechtes Personal, schlechte Führungskräfte und schließlich die Entscheidung, auf die große Fläche zu setzen führten in den Untergang. Erfahrung hatte das Top-Management allerdings jahrelang nur mit kleineren und mittleren Flächen.
Ein Blick zurück auf die Börsenvergangenheit zeigt allerdings, dass hinter dem Scheitern ein System steht. Baumax war nämlich nicht direkt an die Börse gekommen, sondern in Form einer Holding-Gesellschaft. Deren einzige Tätigkeit war die Verwaltung der Baumax-Aktien. Die Kleinanleger waren also nicht an der operativen Gesellschaft beteiligt, sondern hielten bloß Aktien einer Holding, in der das eigentliche Geschäft gar nicht sinnvoll diskutiert werden konnte. Der damalige Unternehmenschef und Mehrheitseigentümer Karlheinz Essl erreichte damit zwei Ziele: Einerseits brachte es (wegen einer damals geltenden, unsinnigen Regelung) steuerliche Vorteile, andererseits konnte er im Unternehmen nach eigenem Gutdünken schalten und walten – was er auch recht ungebremst tat. Sein Führungsstil galt als autoritär und überheblich.
Der Rückzug von der Börse erfolgte nach massivem öffentlichem Druck, die Strukturen zu öffnen und damit wohl auch die Führung auf eine breitere Basis zu stellen. Als Essls Sohn in das Unternehmen eintrat, änderte sich daran nur wenig. „Was-wäre-wenn“-Szenarien sind immer problematisch, weil‘s letztlich ja doch niemand wissen kann, doch zumindest zwei Probleme wären entweder gar nicht aufgetreten oder rechtzeitig zu erkennen gewesen, wäre Baumax an der Börse geblieben. Erstens: Der Aktienkurs zeigt besser als jedes Frühwarnsystem, wenn Probleme auftauchen. Ein Gegensteuern ist so meist noch rechtzeitig möglich (daher sind Pleiten wie jene von Teak Holz bei börsennotierten Unternehmen eher selten). Zweitens: Eine offensichtlich überforderte, aber autoritäre Führung kann in der HV von den Aktionären bekämpft werden, selbst wenn sie über keine Mehrheit verfügen bzw. kommt es früher – also vielleicht noch „rechtzeitig“ – zu Übernahmeangeboten. Drittens: Die Finanzierung der Expansion über Kredite war letztlich tödlich, hier hätte eine Finanzierung über Aktienemissionen geholfen, die Arbeitsplätze zu erhalten. Aber leider hat die Regierung mit der Einführung der unsinnigen „Kapitalertragsteuer II“ und der kommenden Anhebung der Dividendenbesteuerung von 25 auf 27,5 Prozent genau das Gegenteil getan – sie hat Aktienbesitz noch unattraktiver gemacht. Tausende völlig unnötige Arbeitslose mehr sind die Folge. Sie dürfen sich bei Rot/Schwarz bedanken.
Übrigens: Wie selbst unserer Regierung nicht verborgen geblieben sein dürfte, hat China derzeit größere wirtschaftliche Probleme und das schwächste Wachstum seit einem Vierteljahrhundert. Wissen Sie, wie die chinesische Regierung gegensteuert? Eine der Maßnahmen: Sie befreit Anleger, die ihre Aktien mehr als ein Jahr halten, von der Besteuerung der Gewinne. Genau das fordern wir bereits seit langem: Wer Aktien kurzfristig hält, soll bis zu 50 Prozent (Einkommens-)Steuer bezahlen, wer sein Geld der Wirtschaft längerfristig zur Verfügung stellt, soll dafür wie vor Einführung der unsinnigen Kest II entlastet werden – und auch die Dividendenbesteuerung darf selbstverständlich nicht erhöht werden, denn dass Aktionäre bereit sind, ein hohes Risiko einzugehen, das auch adäquat entlohnt werden muss, zeigt ja die jüngste Vergangenheit.
Wie mir eine Mitarbeiterin des Unternehmens erzählte, hat Sozialminister Hundstorfer in den vergangenen Wochen übrigens ganz besorgt bei Baumax angerufen. Der Minister sollte sich lieber Sorgen um die Wiener Börse machen. Das ist nämlich einer der Plätze, wo entschieden wird, wie es mit der österreichischen Wirtschaft und unseren Arbeitsplätzen weitergeht. Mehr als 400.000 Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt an die Börse geknüpft – jeder zehnte in Österreich. Und da setzt die SPÖ mit Komplizenschaft der ÖVP höhere Steuern auf Aktien durch? Die Herren Politiker sollten einmal bei China lernen.
Ein Beitrag von Franz C. Bauer
Franz C. Bauer ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs
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