14.12.2014, 5848 Zeichen
Derzeit gibt es auf den Finanzmärkten nur ein Thema: Der Preisverfall des Ölpreises. Aus diesem Grund habe ich auch hier im Financeblog in letzer Zeit viel darüber geschrieben.
Alleine am Freitag fiel der Preis für WTI-Crude Rohöl an der New Yorker Börse NYMEX wieder um 3,50%. Bald hat er sich im Vergleich zum letzten Hoch im Juni 2014 (USD 107,26 pro Barrel) halbiert. Derzeit liegt er noch bei USD 57,81 pro Barrel.
Preis für Rohöl der Marke Wti-Crude im letzten Jahr
Der immer schneller sinkende Ölpreis hat die Sorgen um die Entwicklung der Weltwirtschaft und damit auch die Sorgen um die Bewertung von Aktien stark ansteigen lassen.
Oktober 2014 wiederholt sich auf den Aktienmärkten
Derzeit wiederholen sich auf den Aktienmärkten gerade die Geschehnisse von Anfang Oktober – interessanterweise wirklich um exakt 2 Monate zeitversetzt.
Anfang Oktober waren die Märkte (besonders in den USA) in der Nähe eines neuen Höhepunktes bevor es steil bergab ging. Die Angst (und damit die erwartete (implizite) Volatilität) nahm stark zu.
Ich habe hier darüber berichtet.
S&P 500 Index im letzten Jahr
VIX (Volatilitätsindex des S&P 500) im letzten Jahr
Nach 2 Wochen war alles vergessen und wir waren auf den Weg zu neuen Höhen – bis Anfang Dezember. In den beiden Charts ist das gut zu erkennen.
Das Muster von Anfang Oktober wiederholt sich gerade. Nachdem der S&P 500 Anfang Dezember wieder neue Rekordhöhen erreichte begann ein neuer Rücksetzer ab der zweiten Dezemberwoche. Der Preisverfall bei den Aktien des S&P 500 war in der letzten Woche sogar der schlimmste seit 2011 – also seit etwa 3 Jahren.
Aktien fallen seit Anfang Dezember gemeinsam mit dem Ölpreis
Plötzlich steigt die Angst wieder und die Aktienkurse gehen nach unten. Gemeinsam mit dem Ölpreis, dessen Verfall an Beschleunigung zugenommen hat. Gleichzeitig gibt es Bedenken bezüglich des Wirtschaftswachstums generell und speziell in China.
Ist Öl derzeit so billig, weil die Wirtschaft es nicht nachfragt?
Ein sinkender Ölpreis kann natürlich viele Ursachen haben. Eine davon ist sinkende Nachfrage. Eine sinkende Nachfrage nach Öl deutet natürlich auf eine schlechtere Entwicklung der Wirtschaft hin – so wird Rohöl in vielen Bereichen benötigt, besonders als Energielieferant angefangen bei Autos und Flugzeugen bis hin zu Fabriken. Außerdem ist es ein wertvoller Rohstoff für die Produktion von vielen Kunststoffen etc.
Eine sinkende Nachfrage nach dem schwarzen Gold könnte also tatsächlich darauf hindeuten, dass die Weltwirtschaft schwächelt. Das ist es, was derzeit von den Märkten befürchtet und langsam eingepreist wird.
Einige Staaten kommen dadurch sicher massiv in Bedrängnis – besonders Russland. Der Verfall des Rubels zeigt das deutlich: So waren zum Jahresanfang für einen EUR noch 45,3 Rubel zu haben. Heute bekommt man für einen EUR schon 72,75 Rubel. Das entspricht einer Abwertung von fast 40%. Der Rubel hat fast im Gleichschritt mit dem sinkenden Ölpreis an Kaufkraft verloren.
Es gibt aber noch eine zweite Erklärung für den starken Preisverfall beim Rohöl – die auf komplett andere Auswirkungen hindeuten würde:
Ist Überangebot vielleicht eine Erklärung?
Das Gegenteil eines Nachfragedefizites wäre allerdings, wenn der Preisverfall durch Überangebot zustande käme: Während sich diverse Öl-Lieferanten einen Preiskrieg geben um Marktanteile zu verteidigen und dadurch den Ölpreis in den Keller treiben, profitieren die Abnehmer. Es bleibt also mehr Geld für anderen Konsum. (Jeder kann das nachvollziehen: Wenn man das Auto billiger betanken kann, bleibt mehr im Börserl für Weihnachtseinkäufe)
Es ist nun nicht leicht festzustellen, ob eine sinkende Nachfrage oder ein Überangebot schuld an den sinkenden Preisen für das schwarze Gold sind.
Allerdings gibt es Aussagen von einigen OPEC-Staaten wie z.B. Saudi Arabien die die Fördermenge nicht reduzieren möchten um ihren Marktanteil zu sichern. Gleichzeitig hat die USA ihre Förderquote stark steigern können (unter anderem durch “Fracking”). Das wäre also ein Argument für ein Überangebot.
Eine sinkende Nachfrage innerhalb von wenigen Monaten erscheint mir eher unrealistisch – besonders, da viele börsenotierte Unternehmen in diesem Zeitraum steigene Umsätze und Gewinne verzeichnen konnten. (Zum Beispiel Dow-Jones Größen wie : Procter & Gamble, Johnson & Johnson oder 3M)
Ich persönlich gehe deshalb davon aus, dass der Ölpreis derzeit so stark fällt, weil das Angebot zu groß ist. Das ist eine schlechte Nachricht für alle Öl-Produzierenden Firmen, da sie in einem Preiskrieg verwickelt sind. Für alle anderen Unternehmen und für die Konsumenten ist das aber eine gute Nachricht: Ein wertvoller Rohstoff ist derzeit günstig zu haben (Auch wenn wir das in Österreich an den Tankstellen leider nicht wirklich mitbekommen)
Es bleibt also mehr Geld für andere Ausgaben.
Rücksetzer bei Aktienkursen zum Kaufen nutzen?
Ich persönlich sehe in der derzeitigen Situation Rücksetzer immer als Chance zum Kauf von fundamental guten Unternehmen, besonders da sich die wirtschaftliche Situation (insbesondere in den USA) in den letzten Monaten – abgesehen vom fallenden Ölpreis – nicht gravierend geändert hat.
Schwankungen sind in Aktienmärken sind völlig normal. In den letzten Monaten sind sie zwar sehr extrem (was auch an die starken Ausschlägen beim VIX deutlich zu sehen ist). Derzeit schwanken die Marktteilnehmer offensichtlich sehr stark zwischen Optimismus und Pessimissmus bzw. “kämpfen” Optimisten (Bullen) und Pessimisten (Bären) gerade an den Börsen um die vorherrschende Stimmung.
Der reine Bullenmarkt der letzten Jahre könnte also langsam zu Ende gehen und damit ist Stockpicking sehr wichtig. Man muss genau wissen, welche Unternehmen man besitzt und fest daran glauben, damit man auch Rücksetzer verkraften kann.
Der Beitrag Jahresendrally in Gefahr? Fallender Ölpreis reißt Aktien mit erschien zuerst auf Financeblog.
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