200 Bank-Vorstände sitzen in einem Raum. Stickige Luft, schlechte Beleuchtung und der CEO einer großen deutschen Bank sitzt mit mir am Podium und antwortet auf die Frage, was denn das größte Asset seiner Bank wäre: „Unser dichtes Filialnetz“. Stille. Wir schreiben das Jahr 2017! In diesem Moment wurde auch seinen Kollegen klar, dass dies die denkbar schlechteste aller Antworten ist. In einer Zeit, in der Bankfilialen eher einem Maschinen-Park denn einer Wohlfühl-Zone für Kunden gleichen. Wo Nummern ziehen, um in einer engen Koje mit seinem Berater noch sprechen zu dürfen, zur Tagesordnung gehört. Wo Geldanlage für nicht HNWIs (High-Net-Worth-Individuals mit einem investierbaren Vermögen von mindestens 1 Mio. US-Dollar) nicht mehr gewollt ist, da Beratungsprotokolle bereits den Umfang von Bezirks-Telefonbüchern haben. Ja, man würde ja wollen, aber der Regulator ist an allem schuld – so der einhellige Kanon der Industrie.
Seltsamer Fintech-Zugang
Und dann kamen auch noch die Fintechs in den letzten fünf Jahren (verspätet im deutschsprachigen Raum). Zuerst belächelt, dann völlig überschätzt und jetzt in einer gesunden Konsolidierungsphase, haben sie doch eines ganz gewiss gemacht: Sie haben die Erwartungshaltung des Kunden an User Experience und Einfachheit deutlich verändert. Man kann ein Konto nur mit seinem Mobiltelefon eröffnen – mit Video-Identifizierung. Ohne Schlange stehen, ohne zig Unterschriften. Wahnsinn! Und die Fintechs haben die Initiative ergriffen und sich wichtige Teile der Wertschöpfungskette genommen, verändert und deutlich schlanker gemacht. Einfach digitalisiert. Der große erhoffte Wechsel zu neuen Anbietern ist bisher jedoch weitgehend ausgeblieben, da man einen wichtigen Faktor vergessen hat: Die Trägheit des Kunden. Es können noch so viele Bankkrisen kommen, man vertraut in unseren Gefilden dann eben doch (noch) dem Bankberater mit Krawatte mehr als einem Hipster in einem Berliner Hinterhof. Schade eigentlich, denn die wenigsten innovativen Fintechs sitzen in Berlin, noch entsprechen sie dem gängigen Klischee.
Veränderung
Die Finanzindustrie pendelt zwischen Schockstarre und purem Aktionismus. Dazwischen gibt es wenig. Man hat, so meine Vermutung, auch die Geschwindigkeit der Veränderung unterschätzt. Da wird auf der einen Seite das Thema noch kleingeredet, auf der anderen werden digitale Agenden 2020 und/oder Fintech-Acceleratoren mit Heerscharen von Strategie-Beratern aus dem Boden gestampft. Leider haben auch diese Consultants in den meisten Fällen selbst wenig Erfahrung mit Digitalisierung und neuen Geschäftsmodellen. Auch sie wurden überrascht. Es erinnert an die frühen 2000er Jahre – Banken und Unternehmensberater sind am gleichen Wissensstand. Man nickt andächtig.
Chefsache
Der Ausweg wäre denkbar einfach, wenn man von Bankenseite zwei Dinge machen würde. Zum einen den neuen Playern im Markt auf Augenhöhe begegnen, mit ihnen und nicht nur von ihnen zu lernen. An der einen oder anderen Stelle zu kooperieren, oder auch sinnvolle Beteiligungen einzugehen. Ein Venture-Arm, der nicht in das strategische Gesamtkonzept passt, führt allerorts zu Frustration und nicht erfüllten Erwartungen. Zum anderen muss das Thema Digitalisierung in die Vorstandsebene. Ein Schritt, wie bei der erfolgreichen spanischen BBVA geschehen, dass der Head Digital Banking Carlos Torres Vila zum CEO berufen wird, wäre in Österreich, Hand aufs Herz, noch völlig undenkbar.
Banken werden sich in den nächsten fünf Jahren entscheiden müssen, in welcher Rolle sie sein wollen: Ob als „face to the customer“ oder reiner technischer Abwickler im Hintergrund. Jetzt ist es noch nicht zu spät die Weichen zu stellen. Analog zur Peter Handke Erzählung: Nur dem Tormann/Banker, der sich völlig ruhig und besonnen verhält, schießt der Schütze/Kunde den Ball in die Hände.
Zum Autor
Stefan Greunz, Managing Partner der Growth Ninjas GmbH, ist passionierter Netzwerker, Business Developer und Speaker. Er hat mit wikifolio.com eines der erfolgreichsten Fintechs in der DACH-Region mitaufgebaut und berät nun Corporates, sowie aufstrebende Startups bei Wachstums- und Digitalisierungs-Themen.
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