06.07.2022,
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Wien (OTS) - Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im
Auftrag des Sozialministeriums die Barracuda Music GmbH wegen
mehrerer Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
geklagt. Die beanstandeten Bestimmungen betreffen vor allem die
Absage von Veranstaltungen. Unter anderem möchte Barracuda Music
nicht nur beim Ausfall von Veranstaltungen aufgrund der
COVID-19-Pandemie, sondern auch in sonstigen Fällen höherer Gewalt,
Gutscheine anstelle von Geld an die Kundinnen und Kunden ausgeben
können. Das Handelsgericht (HG) Wien gab jetzt der Klage des VKI zu
fünf Klauseln statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Eine der vom HG Wien verworfenen Klauseln besagte, dass
Terminänderungen aufgrund der Covid‑19‑Pandemie (oder anderer Fälle
höherer Gewalt) dann geringfügig und somit zumutbar seien, wenn der
neue Veranstaltungstermin nicht länger als 18 Monate nach dem
ursprünglichen Termin liegt. Barracuda Music räumt sich damit ein
einseitiges Leistungsänderungsrecht ein. Um die vertragliche Leistung
im Falle einer Terminverschiebung konsumieren zu können, müssten sich
Verbraucher also über einen Zeitraum von insgesamt eineinhalb Jahren
in Bereitschaft halten. Eine solche einseitige Ersetzungsbefugnis des
Unternehmens, durch die Kunden an einen beliebigen Ersatztermin in
den folgenden 18 Monaten gebunden werden können, ist weder
geringfügig noch sachlich gerechtfertigt oder zumutbar. Die Klausel
ist daher gesetzwidrig.
Eine andere Bestimmung sah vor, dass für „Veranstaltungen, die
aufgrund der Covid-19-Pandemie oder sonstiger Fälle höherer Gewalt
entfallen“, den Kunden anstelle der Rückzahlung des Ticketpreises ein
Gutschein ausgestellt wird. Zwar ermöglicht das Kunst-, Kultur- und
Sportsicherungsgesetzes (KuKuSpoSiG) dem Veranstalter bei Ausfall
einer Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie, bis zu einem
bestimmten Betrag einen Gutschein anstelle des Eintrittspreises
auszugeben. Barracuda Music möchte dies jedoch auch auf sonstige
Fälle höherer Gewalt ausdehnen. Dem erteilt das HG Wien eine
deutliche Abfuhr: Es besteht keine ausreichende Rechtfertigung für
die vertragliche Erstreckung der Gutscheinlösung auf sämtliche Fälle
höherer Gewalt. Die Ausweitung auf sonstige Fälle höherer Gewalt ist
nicht vom Zweck des KuKuSpoSiG umfasst. Die Klausel ist gröblich
benachteiligend.
Ebenfalls für unzulässig erklärt wurde eine Klausel, nach der „im
Falle einer Refundierung allfällige Gebühren nicht rückerstattet
werden können“. Diese Klausel erfasst nach ihrem Wortlaut auch Fälle,
bei denen die Nichtdurchführung der Veranstaltung ausschließlich von
Barracuda Music verschuldet ist. Dies lässt sich sachlich nicht
rechtfertigen, sodass die Klausel ebenfalls gröblich benachteiligend
ist. Zudem widerspricht sie dem KuKuSpoSiG, wonach eine Verrechnung
allfälliger Gebühren für die Ausstellung oder Zusendung eines
Ersatzgutscheins nicht erlaubt ist.
In einem Punkt wurde die Klage des VKI abgewiesen: Dabei ging es
darum, dass Barracuda auf der Homepage mitteilte, dass aufgrund der
„aktuellen Planungsunsicherheit“ und der „noch unsicheren
Pandemielage nach dem Sommer 2021“ die Apache-Tour erneut verschoben
werden musste. Apache 207 ist ein deutscher Rapper. Den VKI hatte
dazu die Beschwerde einer Konsumentin erreicht, die eine
Rückerstattung des Ticketpreises forderte. Barracuda verweigerte dies
und verwies auf die Gutscheinlösung im KuKuSpoSiG. Bei dieser
Veröffentlichung auf der Homepage handelt es sich nach Ansicht des HG
Wien nicht um eine Vertragsbedingung, sondern um eine bloße
Information, sodass der VKI keine Verbandsklagsbefugnis dagegen hat.
Mit dem Inhalt dieser „Information“ setzte sich das Gericht dann
nicht mehr auseinander.
„Das anlässlich der Covid-19-Pandemie erschaffene KuKuSpoSiG
weicht ohnehin bereits zu Lasten der Kundinnen und Kunden vom
allgemeinen österreichischen Zivilrecht ab. Dass es hier auch noch
benutzt wird, um im Falle einer Planungsunsicherheit oder unsicheren
Pandemielage Veranstaltungen abzusagen und Verbraucherinnen und
Verbraucher mit Gutscheinen zu vertrösten, geht aus unserer Sicht
wirklich zu weit. Schade, dass sich das Gericht inhaltlich – in dem
ansonsten sehr erfreulichen Urteil – nicht damit auseinandergesetzt
hat“, kommentiert Dr. Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen
das Urteil.
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf
[www.verbraucherrecht.at/barracuda072022]
(
http://www.verbraucherrecht.at/barracuda072022).
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