01.02.2023,
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St. Pölten (OTS) - „2023 wird für die niederösterreichischen
Industriebetriebe das Jahr der Weichenstellungen“, fasst Thomas
Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich
(IV-NÖ) am heutigen Mittwoch in einer Pressekonferenz die aktuelle
Situation zusammen. „Es geht um nichts weniger als um die
Aufrechterhaltung der globalen Wettbewerbsfähigkeit unserer
Betriebe.“
Nachdem 2022 durch Ukraine-Krieg, hohe Energiekosten, Inflation,
Lieferketten-Probleme und Subventions-Wettläufen zwischen Staaten und
Kontinenten völlig neue Herausforderungen für Unternehmen gebracht
hat, ist es nun an der Zeit, nachhaltige Lösungen zu finden und
Chancen zu nutzen.
Gerade für Niederösterreich ist das Szenario der
Deindustrialisierung besonders bedrohlich, weil hier in unserem
Bundesland die Wertschöpfung zu mehr als 50 Prozent im Bereich der
energieintensiven Industrie generiert wird. Betriebe, die
energieintensiv produzieren, sind oftmals aufgrund der hohen
Energiekosten im Vergleich zu Mitbewerbern im Ausland aktuell nicht
konkurrenzfähig.
„Etwa die Hälfte des Umsatzes in der niederösterreichischen
Industrie wird im Ausland erwirtschaftet, viele Produktionsbetriebe
haben sogar Exportquoten von mehr als 90 Prozent“, so Salzer.
Zum Vergleich: Österreichweit liegen nur 30 Prozent der
Wertschöpfung im Bereich der energieintensiven Unternehmen.
„Niederösterreich ist diesbezüglich weit über dem
Österreich-Schnitt“, veranschaulicht er.
Der IV-NÖ Präsident warnt daher: „Gerade für kleine und mittlere
Industrieunternehmen geht es jetzt oftmals um die Existenzfrage:
Mache ich weiter oder sperre ich zu? Globale Konzerne tun sich etwas
leichter. Sie können die Produktion in ein anderes Land verlegen oder
ein Werk stilllegen, um in einem anderen zu produzieren.“ Die
Kombination von hohen Kosten mit Nachfrageeinbrüchen ergibt eine
toxische Mixtur, die die Liquidität vieler Unternehmen strapaziert
und die finanziellen Reserven auffrisst.
Zwtl.: Harter Weg bis zur konjunkturellen Stabilisierung
Auch wenn die aktuelle Konjunkturerhebung der IV (4. Quartal 2022,
Befragungszeitraum: 9.12.2022 bis 12.1.2023) unter den
Industriebetrieben bereits erste Anzeichen einer konjunkturellen
Stabilisierung erkennen lässt, so zeigt sie auch den harten Weg
dorthin mit gedämpften bis negativen Erwartungen im Bereich der
Auslandsaufträge, der Auslastung von Produktionskapazitäten und
generell der Geschäftslage in den kommenden Wochen und Monaten.
„Deswegen ist gerade jetzt weiter eine gute und intensive
politische Zusammenarbeit mit der künftigen Landesregierung und dem
Bund das Um und Auf, damit es alle, auch die energieintensiven
Unternehmen in Niederösterreich, bis zur erwarteten konjunkturellen
Stabilisierung schaffen und das Wiedereinschwenken auf den
Expansionspfad gelingt“, bekräftigt Salzer.
Zwtl.: Standortsicherung dringend notwendig
Damit der Industriestandort Niederösterreich auch nachhaltig
gesichert wird, muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf allen
Ebenen beschleunigt werden. „Vor allem die Genehmigungsverfahren
dauern noch immer viel zu lange. In dem Tempo schaffen wird niemals
die Energiewende bis 2030“, so der IV-NÖ Präsident.
Übergeordnetes Ziel muss eine „Strategische Autonomie“ der
Energie- insbesondere der Gasversorgung sein. Dafür braucht es eine
Diversifizierung der derzeitigen Energieversorgung Europas. Für Gas
bedeutet das etwa die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen
gasproduzierenden Ländern, neue Pipeline-Projekte, die langfristig
gesehen auch Wasserstoff-kompatibel sind aber auch die rasche Nutzung
eigener Gas-Vorkommen in Österreich und Europa.
Notwendig ist auch eine Neudotierung des
Wirtschaftsförderungs-Fonds. „Es braucht unbedingt eine
Ausgewogenheit zwischen Kultur- und Wirtschaftsförderung - gerade
jetzt, um die krisenbelasteten Unternehmen gut in dieser schwierigen
Phase zu unterstützen“, unterstreicht Salzer.
Im Mittelpunkt muss dabei auch die Förderung von Innovationen
stehen. „Der Kampf gegen den Klimawandel ist unbestritten eine der
großen Herausforderungen unserer Zeit. Die Industrie ist Teil der
Lösung: Klimaeffiziente Produkte aus Niederösterreich, aber auch
innovative technische Lösungen unserer Industrie sind die treibende
Kraft des Green Deals.“
Und weiter: „Es darf dabei kein ideologisches Scheuklappen-Denken
und keine Denkverbote geben, auch was den Zugang zu Ressourcen vor
unserer Haustür anbelangt. Wir brauchen Offenheit für neue
Technologien.“ Neben Fracking und der Weiterentwicklung der
Wasserstoff-Technologie sollte beispielsweise auch Carbon Capture und
-Storage mehr in den Fokus gerückt werden. „Wir hätten bereits die
Voraussetzungen – nämlich Kraftwerke, die mit Gas, Kohle oder Öl
funktionieren - und wären daher technologisch in der Lage, dort das
CO2 abzuscheiden, zu speichern und anderen Prozessen zuzuführen.“
Neben den Energiekosten ein weiteres wesentliches und schon
bekanntes Problem ist der Mangel an Arbeitskräften. Nachdem in
Österreich praktisch Vollbeschäftigung in Zeiten einer Stagnation
herrscht, wird das Thema immer herausfordernder werden. „Wir müssen
rasch alle Potenziale innerhalb und außerhalb des Landes heben, um
Menschen für den Arbeitsmarkt verfügbar zu machen“, fordert Salzer.
Zwtl.: Ausblick und Chancen für die NÖ Industrie
<a></a>IV-Chefökonom Christian Helmenstein erwartet aufgrund der
vorliegenden Daten ein „hartes Jahr 2023“. Frühestens ab der zweiten
Jahreshälfte 2023 werde sich die Situation entspannen. „Es ist zwar
noch offen, wann der gesamtwirtschaftliche Turnaround kommt, aber er
kommt. Jedes Unternehmen ist gut beraten, das heurige Jahr zu nutzen,
um sich darauf vorzubereiten.“ Jetzt sei der Moment, die
Investitionen der nächsten Jahre zu planen und zu gewährleisten, dass
die benötigten Fachkräfte an Bord sind, wenn der Aufschwung einsetzt.
Bis dahin sollten auch die Lieferketten ausreichend diversifiziert
worden sein.
Außerdem sind laut Helmenstein in Österreich enorme Investitionen
notwendig, um einerseits die Wettbewerbsfähigkeit durch
Digitalisierung, insbesondere Automatisierung und Robotisierung, zu
erhöhen und so den Standortnachteil bei den Energiekosten abzufedern,
und andererseits die Energietransformation selbst zu bewerkstelligen.
„Genau hier liegt auch die Chance für Niederösterreich als großes
Flächenbundesland. Hier gibt es Platz für den Ausbau der
Erneuerbaren.“
Zwtl.: Beispiel für die Auswirkungen der Krisen: ZKW Group
Wie sich die zahlreichen Großkrisen von rasant gestiegenen
Energiekosten, Schwierigkeiten bei den Lieferketten bis hin zur
Teuerung auswirken können und welche massiven Effekte diese haben,
zeigt sich auch am Beispiel der ZKW Group. ZKW hatte 2022 an den
beiden Standorten in Wieselburg und Wiener Neustadt insgesamt 20 Mio.
EUR Energiekosten zu stemmen, das entspricht einem Plus von 366
Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
„Wir brauchen eine Preissicherheit für Energie. Wenn das
Merit-Order-Prinzip abgeschafft wird, die Strom- und Gaspreise
entkoppelt werden, kann die Industrie viel stärker von der günstigen
Produktion erneuerbarer Energien profitieren. Ich sehe hier eine
immense Chance. Denn unsere Kunden, die Automobilhersteller, fragen
CO2-freie Lieferketten unbedingt nach. Damit wäre unmittelbar ein
Standortvorteil für Österreich gegeben“, sagt Wilhelm Steger, CEO der
ZKW Group.
ZKW ist Spezialist für innovative Premium-Lichtsysteme und
Elektronik und als Systemlieferant weltweit einer der führenden
strategischen Partner der Automobilindustrie. Neben der
Energiethematik beschäftigt ZKW als Konzern auch die Inflationskrise.
„Die USA haben mit dem Inflation Reduction Act viel schneller
reagiert als Europa. Das US-Gesetz sieht 369 Milliarden Dollar an
Steuerrabatten und Subventionen für grüne Technologien vor. Damit ist
die Gefahr gegeben, dass europäische Unternehmen einen Teil ihrer
Produktion über den Atlantik verlagern. Es braucht hier rasch eine
gemeinsame europäische Anstrengung, um die Fahrt in Richtung der
Deindustrialisierung Europas noch zu stoppen“, so Steger.
Zwtl.: Die Ergebnisse der aktuellen IV-NÖ Konjunkturumfrage
Das IV-Konjunkturbarometer, welches als (gewichteter) Mittelwert
aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der
Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, passiert die Nullmarke
– nämlich in positiver Richtung. Sein Wert steigt von -6,7 Punkten
auf +7,4 Punkte.
So hat sich die Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage von +31
Punkten auf +46 Punkte etwas verbessert. 57 Prozent der befragten
Unternehmen geben die derzeitige Geschäftslage mit „gut“ an (Q3/2022:
54 Prozent), 31 Prozent mit „befriedigend“ (Q3/2022: 24 Prozent) und
12 Prozent mit „schlecht“ (Q3/2022: 22 Prozent).
Auch was die Geschäftslage in sechs Monaten betrifft, hat sich die
Stimmung von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend auf nunmehr -31
Punkte etwas verbessert, liegt damit aber weiterhin auf
Rezessionsniveau. Diese Trendumkehr hat vor allem damit zu tun, dass
nur mehr 34 Prozent der Befragten eine abermalige Verschlechterung
des Geschäftsganges erwarten, während es in der Befragung im 3.
Quartal noch 58 Prozent waren. Im Gegensatz dazu erwarten nur mehr 3
Prozent einen günstigen Geschäftsverlauf in den nächsten sechs
Monaten (Q3/2022: 14 Prozent). 63 Prozent gehen von „gleichbleibend“
aus (Q3/2022: 27 Prozent)
Ein Saldo von +42 Punkten nach zuvor +60 Punkten weist sinkende
Auftragsbestände in der Industrie aus. 56 Prozent der Befragten sind
mit der aktuellen Situation noch zufrieden, 13 Prozent sind es nicht.
(Q3/2022: 67 Prozent „gut“, 7 Prozent „zu niedrig“).
Dass das internationale Umfeld für Niederösterreichs Industrie
herausfordernd bleibt, zeigt auch das Umfrageergebnis zu den
Auslandsaufträgen, deren Saldo sich von +52 Punkten auf +19 Punkte
verringert hat. Mit 34 Prozent bewertet nur mehr etwas mehr als ein
Drittel der befragten Unternehmen den diesbezüglichen Stand in den
Auftragsbüchern mit „gut“ (Q3/2022: 57 Prozent), 14 Prozent mit „zu
niedrig“ (Q3/2022: 13 Prozent).
Die eingetrübte Lage in den Auftragsbüchern wirkt sich in den
kommenden Monaten auch auf die Produktionsplanung aus. Mit einem
Saldo von -36 Punkten nach zuvor ‑10 Punkten sinken die
Produktionserwartungen weiter. Damit einhergehend rechnen
mittlerweile 38 Prozent der Unternehmen mit einer schlechten
Auslastung der Produktionskapazität in drei Monaten (Q3/2022: 23
Prozent), zumindest 46 Prozent gehen von einer gleichbleibenden
Situation aus (Q3/2022: 65 Prozent). Mit „gut“ wird die Aussicht von
nur 16 Prozent bewertet (Q3/2022: 12 Prozent).
Trotz der schwierigen Lage rechnen fast drei Viertel der
Unternehmen mit einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand in drei
Monaten. Nur 3 Prozent streben einen höheren Beschäftigtenstand an,
während 21 Prozent einen niedrigeren Personalstand nicht vermeiden
können.
Was die Entwicklung der Verkaufspreise in den nächsten drei
Monaten anbelangt, gehen die Erwartungen wieder etwas zurück.
Mittlerweile gehen nur mehr 53 Prozent der Respondenten von weiteren
Erhöhungen aus (Q3/2022: 64 Prozent), 21 Prozent rechnen sogar mit
fallenden Preisen (Q3/2022: 0 Prozent).
Die hohe Zahl an konjunkturellen Störeinflüssen wirkt sich weniger
auf die aktuelle Ertragslage aus als auf künftige. Aktuell wird die
Ertragslage von 37 Prozent mit „gut“ und von 42 Prozent mit
„durchschnittlich“ bewertet (Q3/2022: 43 Prozent „gut“, 26 Prozent
„durchschnittlich“). Eingetrübt haben sich indes die Erwartungen für
die kommenden sechs Monate. Nur noch 3 Prozent rechnen mit einer
Verbesserung ihrer Ertragssituation, 71 Prozent rechnen mit einer
Stagnation und 26 Prozent mit einer Verschlechterung (Q3/2022: 12
Prozent „gut“, 45 Prozent „durchschnittlich“, 43 Prozent „schlecht“).
Zwtl.: Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
Bei der Befragung, die die IV-NÖ quartalsweise in Auftrag gibt,
haben dieses Mal 36 Unternehmen mit insgesamt 17.962 Beschäftigten
teilgenommen. Das Konjunkturbarometer ist der Mittelwert aus der
Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Geschäftsentwicklung
bei den befragten Unternehmen.
Bei den Detailergebnissen der Konjunkturumfrage der IV kommt die
folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei
Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ.
Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile
dieser Antwortkategorien, danach wird der konjunktursensible „Saldo“
aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter
Vernachlässigung der neutralen gebildet. Diese Werte werden auch für
die grafische Darstellung der Ergebnisse herangezogen.
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