16.09.2019, 3586 Zeichen
Die Analysten von Raiffeisen Research haben nach den jüngsten Angriffen auf Ölaufbereitungsanlagen ein Research-Update zum Ölmarkt veröffentlicht. Darin heißt es: "Am Samstag wurden durch Drohnenangriffe auf die größte saudische Ölaufbereitungsanlage rund 5,7 Mio Fass Ölproduktion/Tag vorübergehend stillgelegt. Das sind rund 5 % der Welt-Ölproduktion und wäre insofern höchst preisrelevant für den Ölmarkt, wenn der Ausfall längere Zeit anhalten sollte (die Produktionskürzungen der OPEC+ zur Preisstützung sind nur rund ein Viertel so hoch).
Der Ölpreis eröffnete heute Morgen entsprechend mit einem Kurssprung von 20 % auf USD 72 (Brent), um sich danach bei rund +10 % einzupendeln. Einschätzung: Auch wenn der Vorfall einzigartig ist und die Zahlen dramatisch, besteht derzeit kein Grund zu übertriebener Dramatisierung: Allein Saudi Arabien hat Exportlager von knapp 200 Mio Fass und kann den Ausfall damit über einen Monat lang kompensieren. Aktueller Stand ist, dass die Wiederherstellung der Produktion mehrere Wochen benötigen wird. Außerdem besitzen alle Industriestaaten für solche Zwecke strategische Ölreserven, welche die Nachfrage mehrere Monate abdecken können (allein in den USA über 600 Mio Fass, die US-Regierung hat bereits ihren Einsatz ermächtigt). Außerdem ist der Ölmarkt derzeit überversorgt und die internationalen Öllager so voll, dass laut Reuters ein Förderausfall von 5 Mio Fass mehrere Monate dauern müsste, um die Lagerbestände gerade einmal auf den langfristigen Durchschnitt absinken zu lassen. Was man argumentieren kann, ist, dass die politische Risikoprämie im Ölpreis erhöht bleiben sollte, da ähnliche Anschläge nicht auszuschließen sind, und die Verletzlichkeit der modernen Öl-Infrastruktur anschaulich demonstriert wurde. Das größte Risiko für weitere Ölpreisanstiege ist die Gefahr einer Eskalation des Konflikts mit dem Iran (derzeit von den USA für die Anschläge beschuldigt): Eine kriegerische Eskalation im Golf würde ein weit größeres Exportvolumen an Öl unterbrechen und wäre geeignet einen relevanten Ölpreisschock auszulösen, der die globale Wirtschaft sowie die Finanzmärkte ernsthaft beeinträchtigen würde. Ausblick: Angesichts des wahrscheinlich nur vorübergehenden Produktionsausfalls und der hohen Lagerbestände sehen wir keinen Grund unsere Ölpreisprognose anzuheben (USD 64 Ende 2019).
Der Ölpreissprung um 10 % klingt zwar dramatisch, das Niveau von USD 66 (Brent) entspricht aber gerade einmal dem Niveau von Anfang Juli. Wegen des Anschlags jetzt noch Öl long zu gehen erscheint uns zu spät. Sobald ein absehbarer Zeitplan für die Wiederaufnahme der saudischen Ölproduktion existiert, sollte der Preis sogar wieder (weiter) zurückgehen. Dementsprechend erwarten wir auch keine relevanten Effekte auf andere Märkte (selbst die Börse in Saudi Arabien – am Sonntag geöffnet – schloss nur mit einem Minus von rund 1 %!). Auch die globalen Aktienmärkte reagieren heute Morgen recht gelassen: Asien leicht im Plus (außer China, wo Industrieproduktionsdaten mit dem schwächsten Zuwachs seit Indikation für fast 18 Jahren belasten), S&P-Future -0,6 %, und Europa ähnlich stark im Minus.
Sollte der Anschlag in weiterer Folge zu einem kriegerischen Konflikt mit dem Iran eskalieren, würde sich unser Szenario drastisch ändern (Ölpreisschock falls Straße von Hormuz und damit Transportroute für großen Teil der Golf-Produktion blockiert würde). Dieses Szenario hätte aber so negative globale Folgen, dass die Hemmschwelle dafür hoffentlich entsprechend hoch liegt. Entsprechend gering setzen wir derzeit die Wahrscheinlichkeit dafür an."
Wiener Börse Party #632: Warum CA Immo, Immofinanz und RBI positiv bzw. voestalpine negativ auffallen, morgen April-Verfall
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Öl, Ölpreis, Rohöl (Bild: Pixabay/lalabell68 https://pixabay.com/de/öl-monahans-texas-sonnenuntergang-106913/ )
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