25.11.2020
Wien (OTS) - Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie haben
zum schwersten Wirtschaftseinbruch in Österreich seit vielen
Jahrzehnten geführt. Stützungsmaßnahmen von Regierung, Zentralbank
und Aufsicht haben bislang u.a. darauf abgezielt, die Liquidität der
Unternehmen durch Sicherung der Kreditversorgung aufrechtzuerhalten.
Auf längere Sicht wird dadurch jedoch die Unternehmensverschuldung
steigen. Wenn Hilfsmaßnahmen künftig auslaufen, erscheinen die Risken
für die Finanzmarktstabilität auch aufgrund der aktuell robusten
Verfassung des Finanzsektors aus heutiger Sicht bewältigbar. Mit dem
zu erwartenden Anstieg der Insolvenzen im Jahr 2021 wird sich
allerdings auch die Kreditqualität in den Kreditportfolios der Banken
merklich verschlechtern. Diese haben deshalb bereits begonnen
Vorsorgen zu treffen, was zu einem deutlichen Gewinneinbruch im
ersten Halbjahr 2020 führte.
Nach den Kurseinbrüchen in Reaktion auf den Ausbruch der
COVID-19-Pandemie haben sich die internationalen Finanzmärkte dank
des entschlossenen Eingreifens von Geld- und Wirtschaftspolitik
stabilisiert. „Sowohl die Renditen auf dem Euro-Staatsanleihenmarkt
als auch die Risikoaufschläge bei Staats- und Unternehmensanleihen
haben sich wieder auf das Niveau vor Ausbruch von COVID-19
zurückgebildet. Die Stabilisierung der Finanzmärkte verbesserte die
Finanzierungsbedingungen von Unternehmen, Haushalten und auch
Staaten,“, sagte Gouverneur Robert Holzmann anlässlich der
Präsentation der 40. Ausgabe des Financial Stability Report der
Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).
Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie haben im ersten
Halbjahr 2020 zu einem massiven Rückgang der Wirtschaftstätigkeit in
Österreich geführt. Nach einer kräftigen Erholung im dritten Quartal
kam der konjunkturelle Aufholprozess zum Erliegen. Der zweite
Lockdown im November wird voraussichtlich einen neuerlichen,
wenngleich im Vergleich zum Frühjahr 2020 geringeren
Wirtschaftseinbruch bewirken. In vielen Unternehmen haben abrupte
Umsatzrückgänge zu einem sprunghaften Anstieg des Liquiditätsbedarfs
geführt. In diesem Umfeld hatte die Sicherung der Liquidität der
Unternehmen oberste Priorität. Ein zentrales Instrument bildete dabei
die Kreditvergabe durch die Banken. Fiskalische, geldpolitische und
aufsichtliche Stützungsmaßnahmen zielen u.a. darauf ab, die
Kreditversorgung der Unternehmen sicherzustellen. Das Kreditwachstum
in Österreich blieb daher auf ähnlichem Niveau wie vor COVID-19.
Ausleihungen dienen im aktuellen Umfeld vorrangig der
Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, während Finanzierungen von
Investitionen in den Hintergrund getreten sind.
Die umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen haben die Auswirkungen der
COVID-19-Pandemie auf die realwirtschaftlichen Sektoren abgefedert.
Die Unternehmensinsolvenzen entwickelten sich im zweiten und dritten
Quartal dieses Jahres sogar rückläufig, wenngleich dies auch aufgrund
der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung der Fall
war. Durch die Kreditaufnahmen wird der Verschuldungsgrad der
Unternehmen steigen. Gleichzeitig werden sinkende Unternehmensgewinne
als Folge des Wirtschaftsabschwungs die Mittel verringern, die für
den Schuldendienst zur Verfügung stehen, und überdies den
Eigenkapitalaufbau belasten. Ein von der OeNB entwickeltes Modell zur
Abschätzung der zu erwartenden Unternehmensinsolvenzen zeigt, dass
die umfangreichen Hilfsmaßnahmen die Anzahl der Insolvenzen im
heurigen Jahr um rund zwei Drittel reduzieren.
Der österreichische Bankensektor erfüllt auch in der anhaltenden
COVID-19-Pandemie weiterhin vollumfänglich seine wirtschaftliche
Funktion. Die Ausnutzung von Kreditmoratorien, die vor allem zu
Beginn der Pandemie stark war, ist in Österreich mittlerweile
deutlich rückläufig. Trotz der umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen
für den realwirtschaftlichen Sektor ist im weiteren Verlauf der
COVID-19-Pandemie ein Anstieg der Insolvenzen zu erwarten, der sich
auch in merklich steigenden Kreditrisikokosten bei den Banken
widerspiegeln wird. Aufgrund der im Vergleich zur Finanzkrise
deutlich verbesserten Kapital- und Liquiditätssituation des
Bankensektors zu Beginn der Pandemie erscheinen aus heutiger Sicht
die mit dem Auslaufen der Hilfsmaßnahmen verbundenen Risiken
bewältigbar. „Für zukünftige Herausforderungen, die aus der
COVID-19-Pandemie resultieren, haben die österreichischen Banken
bereits im ersten Halbjahr 2020 begonnen, ihre Risikovorsorgen zu
erhöhen “, erklärt Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Das spiegelt sich
nun in einem starken Einbruch des Halbjahresgewinns des Bankensektors
im Vergleich zum Vorjahr wider. Eine ähnliche, wenn auch weniger
deutliche Entwicklung zeigt sich auch bei den österreichischen
Tochterbanken in CESEE.
Die österreichischen Banken haben ihre Eigenmittelausstattung im
ersten Halbjahr 2020 stabil gehalten. Dazu haben auch die auf
europäischer Ebene vorübergehend gewährten regulatorischen
Erleichterungen beigetragen. Die Ergebnisse des aktuellen Stresstests
zeigen zudem, dass der heimische Bankensektor über eine adäquate
Risikotragfähigkeit verfügt. Die Banken sind ausreichend
kapitalisiert, um die Realwirtschaft weiterhin mit Krediten zu
versorgen. Trotz großer Herausforderungen steht das österreichische
Bankensystem im europäischen Vergleich weiterhin gut da, was unter
anderem auch von den internationalen Ratingagenturen gewürdigt wird.
Notleidende Kredite konnten in den vergangenen Jahren deutlich
reduziert werden, und die Profitabilität liegt trotz des deutlichen
Gewinneinbruchs über dem europäischen Durchschnitt. Um ihre
Ertragskraft auch mittelfristig sicher zu stellen, haben die Banken
Maßnahmen zur Steigerung ihrer Effizienz ergriffen. So wurde die
Anzahl der Zweigstellen in Österreich in den letzten Jahren deutlich
verringert. Dessen ungeachtet ist die Erreichbarkeit von Banken für
den Großteil der Bevölkerung nach wie vor gut, wie eine Studie im
aktuellen Bericht zeigt.
Neben den schon seit längerem bestehenden umfassenden
Herausforderungen aufgrund des Niedrigzinsumfelds belasten jedoch nun
auch höhere Wertberichtigungen die Profitabilität des
österreichischen Bankensektors. Mehr als ein halbes Jahr nach
Ausbruch der COVID-19-Pandemie haben gesetzliche und freiwillige
Maßnahmen eine stark unterstützende Wirkung für die Realwirtschaft –
und somit indirekt auch für die Banken – entfaltet. Gleichzeitig
erschweren einige dieser Maßnahmen auch die Risikoeinschätzung durch
Banken, Investoren und letztlich die Aufsicht. Darüber hinaus stellen
der Rückgang der Wirtschaftstätigkeit und die gestiegene Verschuldung
der Unternehmen höhere Risiken für die Finanzmarktstabilität dar. In
diesem herausfordernden Umfeld und im Hinblick auf die Stärkung der
Finanzmarktstabilität, empfiehlt die OeNB den Banken
in Anbetracht weiter steigender Kreditrisiken und erhöhter Unsicherheit das Augenmerk auf eine solide Kapitalbasis zu legen, d.h. in Übereinstimmung mit europäischen Empfehlungen Abstand von Aktienrückkäufen zu nehmen und Gewinnausschüttungen sorgfältig abzuwägen,\nsich auf das Auslaufen von Zahlungsmoratorien und staatlichen Garantien für Kredite vorzubereiten und die Transparenz bezüglich der Qualität ihres Kreditportfolios sicherzustellen,\nnachhaltige Kreditvergabestandards (insbesondere bei Immobilienkrediten) und die quantitative Leitlinie des Finanzmarktstabilitätsgremiums einzuhalten,\nauch in herausfordernden Zeiten die operative Effizienz weiter zu steigern, um eine nachhaltige Profitabilität zu sichern, und\ngeeignete Strategien zum Umgang mit Herausforderungen aufgrund
neuer Informationstechnologien zu entwickeln und umzusetzen.\nDer halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial
Stability Report der OeNB analysiert finanzmarktstabilitätsrelevante
Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie
Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität.
Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Website der OeNB:
www.oenb.at/Publikationen/Finanzmarkt/Finanzmarktstabilitaetsbericht
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