21.11.2023,
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Wien (OTS) - Georg H. Jeitler, aus diversen Korruptionscausen
bekannter Sachverständiger, äußert scharfe Kritik an der heute
endenden Ausschreibung des Rechnungshofes zur Plausibilisierung der
Wahlwerbungsausgaben.
Die Ausschreibung beruht auf § 11a des Parteiengesetzes, in dem
eine Analyse der Wahlkämpfe der wahlwerbenden Parteien samt
Plausibilisierung der Einhaltung der gesetzlichen
Wahlkampfkostengrenze durch drei Sachverständige vorgesehen ist. Vom
Rechnungshof wurden nun im Wege der Bundesbeschaffung die Analysen zu
den kommenden zwei Wahlen – der Europawahl und der Nationalratswahl –
gemeinsam ausgeschrieben.
Laut Jeitler zwinge eine in der Ausschreibung offenbar willkürlich
festgelegte Budgetobergrenze von ca. EUR 50.000 je Wahlkampf die
anbietenden Sachverständigen de facto zu einem unseriösen Vorgehen.
Im Fall der Nationalratswahl sei z.B. über etwa 12 Wochen hinweg eine
umfassende tägliche Analyse der Wahlkämpfe gleichzeitig auf
Bundesebene, 9-mal auf Landesebene sowie für 39 Regionalwahlkreise
durchzuführen. Dies betreffe nicht nur eine noch nicht feststehende
Zahl an wahlwerbenden Parteien, sondern auch nahestehende
Organisationen, Personenkomitees und hunderte Einzelkandidaten, durch
welche allesamt eine Vielzahl eigener Maßnahmen auf
unterschiedlichsten Medienkanälen gesetzt werde. Die Parteien trifft
hierbei gegenüber den Sachverständigen keinerlei Auskunftspflicht.
„Wahlkämpfe finden zu einem großen Teil abseits der klassischen
Medien statt und entziehen sich daher in vielen Bereichen
standardisierten Analysemethoden. Mit dem vorgegebenen Budget ist nur
ein völlig unseriöser educated guess möglich“, so Jeitler.
In der Ausschreibung wird explizit gefordert, dass neben
Werbemaßnahmen in klassischen Medien auch Kosten für „verdeckte“
Maßnahmen wie z.B. für zusätzliches Personal, Wahlveranstaltungen,
Postwurfsendungen, Werbegeschenke, Kommunikationsdienstleister,
Meinungsforscher oder Werbung im Internet berücksichtigt werden.
„Durch die Regionalität österreichischer Wahlkämpfe kann nichts
hochgerechnet werden und es ist eine umfassende Beobachtung mit
individuellen Erhebungen notwendig. Dies benötigt zahlreiche
Hilfskräfte und tausende Arbeitsstunden, teils auch abends und an
Wochenenden mit zehntausenden Einzelergebnissen, die verbunden,
interpretiert und bewertet werden müssen“, so Jeitler. Das
vorgegebene Budget ermögliche auch keine seriöse indikative Erhebung,
dies nicht zuletzt, da aus diesem auch sämtliche Kosten für
Hilfskräfte und zugekaufte Analysen und Daten zu decken seien.
„Bereits die gesetzliche Bestimmung ist als fachlich undurchdacht
und überarbeitungsbedürftig anzusehen“, so Jeitler. Die aktuelle
Ausschreibung verschärfe die Situation ohne Notwendigkeit und führe
dazu, dass anbietende Sachverständige ein ohnehin schon forderndes
Vorgehen unvollständig ausgestalten müssten, was wiederum mit den
Standesregeln für Gerichtssachverständige, denen eine Vielzahl der
qualifizierten potenziellen Bieter unterliege, schwer in Einklang zu
bringen sei. Die Ausschreibung in der derzeitigen Form führe
schlussendlich dazu, dass dem Rechnungshof tatsächlich taugliche
Analysekonzepte gar nicht zur Verfügung stünden, da Bieter über der
Budgetgrenze zwingend auszuscheiden seien. Vernünftiger sei es, eine
Ausschreibung ohne künstliche Beschränkungen vorzunehmen, um
anschließend eine informierte Entscheidung - gegebenenfalls dann auch
aus Kostenüberlegungen explizit für methodisch eingeschränkte
Vorgehensweisen - treffen zu können.
„Im Vergabeverfahren wurden durch die Bieter explizit Fragen
gestellt, die aufzeigen, dass hier fachlich problematische
Vorgehensweisen erzwungen werden und Korrekturbedarf herrscht“, so
Jeitler, „Es ist völlig unverständlich, wieso die Ausschreibung trotz
dieser Hinweise der Experten nicht nachgebessert wird und in der
Fragebeantwortung stur am verfolgten Vorgehen festgehalten wird. Ich
stand in den letzten Tagen mit mehreren hochqualifizierten Kollegen
in Kontakt, die allesamt - wie auch wir - aufgrund der
Rahmenbedingungen von einer Angebotslegung absehen werden.
Sachverständige müssen frei in der Wahl ihres Befundvorgehens sein.
Das ist hier nicht ausreichend möglich.“
„Das Vorgehen in der Ausschreibung schadet dem Ziel einer
transparenten und fachlich kompetenten Analyse der Wahlkampfkosten.
Dies, obwohl Vorgespräche mit potenziellen Bietern geführt wurden, in
denen auf die Rahmenbedingungen für ein seriöses Vorgehen hingewiesen
wurde“, so Jeitler abschließend.
Mag. Georg H. Jeitler BA MBA CMC ist allgemein beeideter und
gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für diverse Wirtschafts-
und Kommunikationsgebiete, Medienwesen und Urheberfragen, als
Delegierter im Hauptverband der Gerichtssachverständigen in der
Standesvertretung für Sachverständige tätig und Partner im Beratungs-
und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Grant Thornton Austria, wo er als
Geschäftsführer den Bereich Forensic Services verantwortet.
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