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Virtuelle Frauenthal-HV: 28 Aktionäre, 94 Spione, Wettbewerb, Dividende und überwiegend Positives (Günter Luntsch)

08.06.2020, 9698 Zeichen

Virtuelle Frauenthal-HV 5.6.2020. Wie jedes Jahr fand auch heuer wieder die HV der Frauenthal Holding AG am Nachmittag statt, genauer gesagt um 14 Uhr, nur dass das gemütliche Beisammensein beim gemeinsamen Mittagstisch dieses Jahr coronabedingt ausfallen musste. Trotzdem gab es 122 Interessenten, die sich den HV-Stream nicht entgehen ließen: 28 Aktionäre mit 7,944.767 Stimmrechten und 94 Spione. Wenn ich die Andeutung von CEO Hannes Winkler richtig gedeutet habe: Man könne sich schon vorstellen, welche Leute das sind, die unangemeldet der HV zuschauen. Ich tippe da eher auf faule Aktionäre wie mich, denn wenn ich eh nix zu melden hab auf der HV, nur einer kurzen Wortmeldung wegen nehme ich die Anmeldung bei einem von vier besonderen Stimmrechtsvertretern nicht auf mich, die ich nicht kenne. Meine Depotbestätigung war zwar angemeldet wie immer, den nun zusätzlich notwendigen Schritt habe ich nicht vorgenommen, daher galt ich als nicht angemeldet. Und wie ich haben es einige andere auch getan, die ich kenne. Wer nicht vorhatte, sich zu Wort zu melden (das geht nur über die Bevollmächtigten), der hat da eher keinen zusätzlichen Finger mehr gerührt. Was aber an seiner Aktionärseigenschaft nichts ändert. Ich verstehe zwar nicht ganz, was sich die Regierung dabei gedacht hat (aber ist eh hoffentlich nur für heuer), doch wer sich keinen besonderen Stimmrechtsvertreter genommen hat, galt als nicht anwesend. Spione waren wohl die wenigsten. Und dass man laut Winkler solche auf einer Präsenz-HV niemals zugelassen hätte, glaube ich auch nicht, denn als Aktionär hat man das Recht auf Teilnahme an der HV. Ich verstehe schon, dass es eine Gratwanderung ist, zwischen berechtigtem Auskunftsinteresse der Aktionäre und zwischen der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen. Aber das ist halt das Dilemma: Scheut man die Öffentlichkeit, sollte man eher nicht an der Börse sein. Dafür kann die Börsenotiz aber auch gute Werbung sein, denn über börsenotierte Unternehmen wird berichtet. So wie ich es hier mache.

Einleitend erfuhren wir von CEO Winkler jedenfalls, dass die HV aus Wettbewerbsgründen nicht auf die Homepage gestellt wird. Ich erinnere hier daran, dass sich die AG im Vorjahr ausdrücklich (und gegen meine Stimmen als treuem Präsenzaktionär) das Recht in die Satzung schreiben hat lassen, dass sie auch virtuelle Hauptversammlungen abhalten dürfen. Und das in weiser Voraussicht schon zu einem Zeitpunkt, als noch niemand Corona hat kommen sehen. Screenshots und Photos dürfen während der virtuellen HV gemacht werden, stellte Winkler klar. Dem leistete ich kleiner Spion natürlich ausgiebig Folge. 2019 sei sehr erfreulich verlaufen, aber dann kam Corona. Im April 2020 habe man über 1.000 Mitarbeiter im Konzern in Kurzarbeit gehabt. Aufgrund des Einkommenseinschnitts bei den Mitarbeitern wäre es das falsche Signal, wenn sich der oder die Gesellschafter in größerem Umfang Geld aus dem Unternehmen herausnehmen würden. Auch die Banken würden genau schauen, wie man mit der Solidität des Unternehmens umgeht. Er, Winkler, könne "in keiner Weise die Diskussion wie gestern im Börsen-Kurier nachvollziehen", wo über die Frage einer Dividende bei Frauenthal geschrieben wurde. Nun, diese Diskussion beschränkte sich nicht auf diese Zeitung, die beiden Anträge von zwei namhaften Aktionären auf Dividende in Höhe von 30 bzw. 20 Cent gab es jedenfalls ganz offiziell.

Wir erfuhren überwiegend Positives zum Geschäftsgang in den einzelnen Sparten, bei Elektromaterial (für Sanitär) sei man noch nicht die Nr.1. Die Profitabilität der deutschen Konkurrenz sei viel höher, man könne ihr aber nicht in die Karten schauen, da die wesentlichen Wettbewerber ausschließlich KGs seien, von dort käme jedenfalls der Margendruck, die Überkapazitäten würden sie in Österreich loswerden wollen. Er rechne dort mit 7 bis 8% Profitabiliät, was weit über der offiziellen Benchmark von etwa 5 bis 6% liege. Er sprach über den neuen Flagship Store hinter der Sezession am Getreidemarkt und über "PIM" (Product Information Management System). Der Schauraum sei auch offen für Private, das Geschäft werde dann aber über einen Installateur abgewickelt. Man habe intern einen "Boxenfunk", praktisch ein Facebook für das Unternehmen, wo nur Mitarbeiter Zugang hätten, dieser sei sehr effizient und habe während Covid geholfen, über Kurzarbeit zu kommunizieren. Man habe 1,4 Mio. Euro Kurzarbeitforderung an die Republik Österreich. Unter den Mitarbeitern habe es 3 Covid-Fälle gegeben, sie hätten das Unternehmen gar nicht betreten können, somit sei nichts ins Unternehmen gekommen, es habe keine "ernsthaften" Corona-Fälle gegeben, keine Erkrankungen.

Martin Sailer sprach über Frauenthal Automotive, wo es wegen Covid massive Verunsicherung im Markt gäbe. Der Bereich Druckluftbehälter habe Sorgen gemacht, im 1.HJ habe man über der Kapazitätsgrenze gearbeitet, was Zusatzkosten durch ineffiziente Abläufe (Sonderfracht etc.) mit sich gebracht habe. Im 2.HJ sei es dann zum Marktrückgang gekommen, der Umsatz sei weggebrochen. Gnotec sei umsatzseitig unser größter Produktbereich, Volvo hier unser größter Kunde. Die Führungskräfte hätten auf Gehalt verzichtet, ein klarer Schritt zur Liquiditätssicherung. Daten und Kunden seien sehr volatil und nicht wirklich zuverlässig.

CFO Erika Hochrieser sprach von einer Bilanzverlängerung um fast 30 Mio. Euro durch IFRS 16. Die EK-Quote wäre ohne IFRS 16 auf 30,7% angestiegen, durch die Bilanzverlängerung sei sie aber nur auf 28,6% angestiegen. Factoring spiele eine große Rolle, vor allem in den Bereichen Handel und Automotive. Sicherheit der Liquiditätssituation stehe für sie an erster Stelle. Wir hätten mit allen unseren Bankpartnern gesprochen und hätten ein gutes Standing bei RBI, Unicredit, Oberbank, Nordea und diversen Banken in China. Wir müssten umsichtig handeln, fast 90% unserer Belegschaft seien auf Kurzarbeit.

Grundsätzlich wurde der Kampf um die Dividende auf der virtuellen HV mit weniger Vehemenz ausgetragen als der gleiche Kampf im vorigen Jahr (wo wider Erwarten am Ende das Pro-Dividende-Lager obsiegt hat, wohl weil sich die andere Seite von ihrer versöhnlichen Seite zeigen wollte, total spannend war es jedenfalls). Statt dessen spielte Winkler die sentimentale Karte aus: Die Krawatte, die er heute trägt, habe er im Jahr 2002 getragen, das sei kurz nach 9/11 und nach dem Verkauf des Isolatorengeschäfts gewesen, wo 40 Mio. Euro frische Liquidität ins Unternehmen geflossen seien, wo aber kein Gewinn ausgewiesen worden sei, trotzdem habe sich die FT Holding damals entschlossen, aus reiner Großzügigkeit eine Vorzugsdividende in Höhe von 266.405 Euro am 1.7.2002 an die Minderheitsaktionäre auszuschütten. Er sprach davon, nur das beste Interesse der Gesellschaft im Kopf zu haben. Anmerkung: Gefällt mir, wenn jemand eine Krawatte ein zweites Mal trägt, zeugt von Bodenständigkeit. Queen Elizabeth muss sich eh immer sagen lassen, dass sie ein Kleid ein zweites Mal trägt. Und im Gegensatz zu meiner Krawatte aus den 70ern, Marke Fliegenpracker, die mal wirklich in Mode war, kann man Winklers Krawatte auch heute noch tragen.

Der AR-Vorsitzende bekräftigte, dass es für den Aufsichtsrat ein zusätzliches Honorar gegeben hätte, wenn es eine Dividende gegeben hätte, und trotzdem hätten sie im Aufsichtsrat dagegen gestimmt. Hochrieser beantwortete eine Aktionärsfrage: Steuerbegünstigte Mitarbeiterbeteiligung gebe es nicht, das scheitere an rechtlichen und administrativen Hürden, sie begründete das vor allem mit der jährlichen Kontrolle der Depotbestätigungen zur Überprüfung der Steuerbefreiung. Zur Frage nach den hohen Aufwendungen für Nichtprüfungstätigkeiten der BDO erfuhren wir, dass bereits rabattierte Stundensätze ausverhandelt worden seien (also für die Folgejahre). Die Prämie von 41.000 Euro für eine Versicherungsleistung von max. 25 Mio. Euro pro Versicherungsfall in der D&O-Versicherung umfasse Vorstand, Aufsichtsrat und Geschäftsführer. Die Manager hätten während der Mitarbeiterkurzarbeit für 3 Monate auf 20% der Nettobezüge verzichtet, aus "Solidarität mit den Mitarbeitern, weil wir nicht Kurzarbeit angemeldet haben, wir arbeiten ja nicht kürzer". Es gab dann noch die Information, dass man den Kunden im Bereich Powertrain nicht nennen könne, dessen Entschluss des Lieferantenwechsels schon vor der Übernahme gefallen sei, man habe jedenfalls nachverhandelt und eine Kaufpreisminderung erzielt. Was die versäumte Rückforderung von 4 Mio. Euro EEG-Beiträgen in Deutschland betreffe, so habe man sich mit dem verantwortlichen Berater geeinigt, dass man die Hälfte ersetzt bekommt, der Rest könne noch lange dauern, das Verfahren sei erst am Beginn, wir würden jedenfalls damit rechnen, dass wir am Ende Recht bekommen, eine sehr lange Rechtsauseinandersetzung sei zu erwarten. Der Zinssatz für Factoring von 0,94% bis 0,99% hat mich überrascht, ich dachte nicht, dass das so günstig ist. Falls es sich um einen Jahreszinssatz handelt. Auch dass gleich 6 Factoring-Bankpartner in Österreich genannt wurden, hat mich überrascht, ich dachte gar nicht, dass dieses Geschäft heute noch eine wesentliche Rolle spielt. Was neue Antriebssysteme betrifft, so rechne man mit Hybrid (Anm: für reine E-Autos haben wir leider nichts in der Produktpalette). Zur Frage, warum Staribacher im Aufsichtsrat schon heuer verlängert werde: wir wollen Kontinuität im Aufsichtsrat, es sollen sich nicht so viele Personen gleichzeitig ändern, das wolle man damit verhindern. Bei einer Anwesenheit von ca. 84% des Grundkapitals gab es regelmäßig 222.630 Gegenstimmen, das sind etwa 2,9%. Nach 5 Stunden und 5 Minuten waren wir um 17:05 h fertig.

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 08.06.)


(08.06.2020)

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    Martin Sailer sprach über Frauenthal Automotive, wo es wegen Covid massive Verunsicherung im Markt gäbe. Der Bereich Druckluftbehälter habe Sorgen gemacht, im 1.HJ habe man über der Kapazitätsgrenze gearbeitet, was Zusatzkosten durch ineffiziente Abläufe (Sonderfracht etc.) mit sich gebracht habe. Im 2.HJ sei es dann zum Marktrückgang gekommen, der Umsatz sei weggebrochen. Gnotec sei umsatzseitig unser größter Produktbereich, Volvo hier unser größter Kunde. Die Führungskräfte hätten auf Gehalt verzichtet, ein klarer Schritt zur Liquiditätssicherung. Daten und Kunden seien sehr volatil und nicht wirklich zuverlässig.

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