24.04.2018, 3886 Zeichen
Wer sich noch letztes Jahr über die tiefen Volatilitäten an den Börsen gewundert hatte, der dürfte sich inzwischen wieder auf vertrautem Kapitalmarktterrain wissen. Die Vola ist zurück und mit ihr auch die intensivere Auseinandersetzung mit den einzelnen Kapitalmarktstorys.
Die Auslöser dieses „back to the mean“ waren aber weniger globale Wirtschaftsströme oder unerwartete Konjunktureffekte sondern eine Politik der Worte. Überwiegend Worte eines US-Präsidenten der fast schon amüsiert mit seinen im Brustton der Überzeugung entlassenen Wortspenden die halbe Welt vor sich hertreibt. Ob es jetzt Sanktionen gegen Hinz und Kunz, dann die Abschwächung genau dieser Drohungen, oder gleich der Ausschluss ganzer Staaten aus dem Wirtschaftskreislauf ungeahnt der damit verbundenen Schmerzen der eigenen Wirtschaft ist, ist komplett egal. Die Märkte hecheln brav hinter jedem Stöckchen, das das Herrchen wirft her. Überraschend fast, dass die „normalen“ Politiker, die ja sehr oft Betroffene dieser Polemik sind still und kontrolliert reagieren. China, Europa, Russland oder selbst Nordkorea sind relativ konstruktiv und streiten sich nicht um die Schlagzeile. Noch interessanter dabei aber, dass die Kapitalmärkte diese Stabilität und Konstanz derzeit so gar nicht im Fokus zu haben scheinen. Hektik ist ja viel besser, so scheint es.
Der Grund für dieses Zick-Zack liegt aber ziemlich sicher nicht an Mr. President oder an genereller ökonomischer Unsicherheit. Uns geht es ja wirtschaftlich nach wie vor gut und es fällt nicht wirklich schwer hinter der einen oder anderen Drohung die finale reale Auswirkung zu erkennen. Es ist die Zusammensetzung der Marktteilnehmer die sich mittlerweile geändert hat. Es gibt inzwischen einfach viel weniger Langfristinvestoren als noch vor einigen Jahren! Das Gewicht der Trader und kurzfristig agierenden Marktteilnehmer hat dadurch passiv zugenommen, weil eben diese langfristigen Portfolien nicht mehr im früher gewohnten Ausmaß am Aktienmarkt aktiv teilnehmen. Sieht man sich die durchschnittliche Struktur eines Portfolios einer EU-Versicherung an, kommt man schon dem Argument sehr nahe. Aktien als DIE Substanzwerte liegen zumeist bei unter 5% Gewichtung, wenn überhaupt. Ein völliger Kontrast zum damit intern verbundenen Geschäftsmodell, nämlich der langfristigen Absicherung gegen vertragliche Risiken. Dagegen hält man an den nach wie vor real-renditelosen Anleihen zumeist 85-90%. Der Rest sind Immobilien oder Sonstige Investments. Wer also keine Aktien mehr hat, weil der Regulator sagt, dass man die nicht mehr haben darf, den interessiert auch nicht, ob ein Geschäftsmodell einer Aktie am Markt kurzfristig durch Mr. Donald gestört ist oder nicht. Diesen Kurs bestimmen dann ungehindert die Trader oder Fonds. Natürlich wurde dadurch auch das Spielfeld der Hedgefunds frisch planiert. Die haben es aktuell deutlich leichter als die Jahre zuvor auf jede noch so kleine Störung ihren Einfluss zu vergrößern. Es genügt ja oft nur mehr eine Interpretation, die man manchmal sogar selbst in die Medien entlässt, und schon reagieren die restlichen Lemminge. Dass uns der Regulator aus diesem Arbitrage-Malheur heraushilft, ist sicher nur ein frommer Wunsch. Es sollte nur eben mal gesagt sein, dass eine freiere Asset-Auswahl bei Langfristinvestoren zum Geschäftsmodell dazu passt, eine regulatorisch unausgewogene Balance bei Kapitalmarktteilnehmern insbesondere bei Leerverkäufen samt Wertpapierleihe-Unfairness zum Missbrauch geradezu einlädt und kurzfristige Risikovorgaben jede Langfristinvestition im Keim ersticken.
In der Zwischenzeit liegen wir reihenweise auf der Lauer, ob der nächste Politkommentar oder die Interpretation irgendeines Quartalsergebnisses jene Unruhe erzeugt, die man, so selten man als fundamentaler Investor doch geworden zu sein scheint, zusätzlich nutzen kann. Portfoliomanager-Opportunismus könnte man meinen.
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