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Über Gerichtsurteile im Zusammenhang mit Alpine-Anleihen (Gerald Dürrschmid für das Börse Social Magazine)

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 Eine heimische Großbank wurde kürzlich, so berichteten mehrere Zeitungen unter Berufung auf die APA, vom Wiener Handelsgericht dazu verdonnert, einen Anleger sechsstellig zu entschädigen, der vor fünf Jahren Alpine-Anleihen gezeichnet hatte. Wir erinnern uns: Die Alpine Baugruppe war im Frühsommer 2013 in einen Milliarden-Konkurs geschlittert, und zwar relativ kurz nachdem das Unternehmen drei Anleihen begeben hatte. Die Insolvenz wirbelte viel Staub auf. Da war unter anderem von Bilanzfälschung die Rede und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelte im Zusammenhang mit der Emission der Anleihen. Diese Ermittlungen wurden zwischenzeitig eingestellt. Doch sind aus der Mega-Pleite noch zahlreiche juristische Baustellen offen.

Anlegerprofil und Schrottpapiere

Zurück zu der aktuellen Entscheidung. In dem zugrundeliegenden Fall ging es um „Hoppalas“ bei der internen Abwicklung. Die Anleihen entsprachen von ihrem Risikogehalt her offenbar nicht dem Anlegerprofil des betroffenen Kunden, der in Stufe drei von vier („hohes Risiko“) geführt wurde. Die Bank hatte, so das Gericht, das interne Rating der Alpine-Anleihe im Jahr 2012 bereits auf Stufe vier („spekulativ“) herabgestuft. Die Anleihen waren also „Junk Bonds“ („Schrottpapiere“), sie hatten keinen Belehnungswert mehr, beispielsweise zur Besicherung von Finanzierungen. Damit aber passten das Risikoprofil des Kunden und die Risikoeinschätzung der Veranlagung nicht mehr zusammen, wofür die Bank als Wertpapierdienstleister haftet. Das ist die Botschaft der nicht rechtskräftigen Entscheidung.

In einer vor zwei Jahren ebenfalls zu Alpine Anleihen ergangenen Entscheidung des OGH bekamen Anleger Recht, obwohl sie beim Zeichnen der Anleihe einen Hinweis unterschrieben hatten, demzufolge das damit verbundene Risiko höher sei, als es ihrem Anlegerprofil entspräche. Die Kunden hatten diesen Passus „übersehen“. Die Richter kamen zum Ergebnis, der schriftliche Warnhinweis allein reiche nicht aus …

Nun ist an dem Grundsatz, das empfohlene bzw. verkaufte Wertpapier müsse dem Risikoprofil des Kunden entsprechen, nicht zu rütteln. Auch der Anlegerschutz als Grundprinzip unserer Kapitalmärkte darf nicht infrage gestellt werden. Doch haben solche Entscheidungen eine Kehrseite. Die heimischen Banken werden mit jedem Schadenersatzproblem, das ihnen „im Namen der Republik“ zu Teil wird, restriktiver bei Beratung und Verkauf. Das wiederum engt die Freiheit an den Kapitalmärkten ein. Warum sollten mündige Anleger nicht auch „spekulative“ Papiere erwerben dürfen? Sogenannte „Fallen Angels“, Aktien oder Anleihen von Unternehmen, die auf „Non Investment Grade“ herabgestuft wurden, können mitunter ein interessantes Investment sein, gerade wenn es sich um Turnaround-Kandidaten handelt. Im Regelfall sind solche Titel auffallend billig oder aber mit einer fetten Dividende ausgestattet. Die letzte, 2012 begebene, Alpine-Anleihe versprach 6 Prozent Ertrag. Nachdem bekanntlich Dividende und Bonität eines Schuldners regelmäßig korrespondieren, sollte einem Zeichner im Umfeld sinkender Zinsen bewusst gewesen sein, dass er ein Risikopapier erworben hat.

Eigenverantwortung, no risk, no fun

Hat die zitierte Entscheidung Auswirkungen auf andere, anhängige Verfahren? Nun, diese Urteile sind zwar stets einzelfallbezogen. Doch ist in ähnlich gelagerten Sachverhalten, also Divergenz zwischen Risikoprofil des Anlegers und Risiko des Wertpapieres, mit ähnlichen Entscheidungen zu rechnen. Das entspricht dem vom Gesetzgeber in den letzten Jahren immer weiter ausgebauten Schutz der Anleger; ein Schutz, der allerdings, so er übertrieben wird, letztlich auf eine Bevormundung hinausläuft. Wenn wir Kunden jede Eigenverantwortung beim Veranlagen ablehnen, wenn wir, sobald ein Investment floppt, reflexartig den Banken die Schuld geben und sofort zum Kadi laufen, dann werden uns diese am Ende nur noch ihre eigenen Fonds verkaufen. Und Investments in Einzelaktien werden abwicklungstechnisch zum Spießrutenlauf. 

Zum Autor

Gerald Dürrschmid war als Jurist jahrelang im Risikomanagement einer österreichischen Großbank tätig. Er ist heute selbständiger Unternehmensberater, außerdem gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen.

Kontakt: g.duerrschmid@outlook.de

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Aus dem Börse Social Magazine #09
(September 2017)





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