26.09.2017, 5455 Zeichen
Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG (WKN: 519406 / ISIN: DE0005194062), hat der Abstieg seines Unternehmens aus dem deutschen Kleinwerteindex SDAX dazu veranlasst, die Kriterien der Deutschen Börse (WKN: 581005 / ISIN: DE0005810055) für die Zusammensetzung der wichtigsten Indizes DAX, MDAX, SDAX und TecDAX zu hinterfragen und eine Diskussion über andere, qualitative Faktoren angeregt. Über die Hintergründe der Debatte und den Wachstumskurs von BayWa gab er im Börsenblogger-Gespräch interessante Einblicke.
Die Deutsche Börse hat entschieden, dass BayWa den Kleinwerteindex SDAX verlassen muss. Sie haben die Kriterien zur Zusammensetzung der Börsenindizes kritisiert. Was steckt dahinter?
Lassen Sie mich eines vorausschicken: Der Grund meiner Kritik ist nicht, dass ich beleidigt bin. Die BayWa hat eine sehr starke Aktionärsstruktur mit 60 Prozent Ankeraktionären. Das ist für einen CEO eine komfortable Situation und damit fühle ich mich auch sehr wohl. Ich wollte aber einen Denkanstoß geben: Ich halte es für wichtig, dass in den Börsenindizes die Bandbreite der deutschen Wirtschaft abgebildet wird und finde einen sektoralen Ausgleich zwischen den wichtigsten Branchen sehr sinnvoll. Dies würde zum Beispiel die Volatilität in den Indizes und damit das Risiko für Privatanleger verringern. In diesem Zusammenhang darf man schon die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, dass in MDAX und SDAX mittlerweile 13 Immobilientitel vertreten sind. Nach meiner Auffassung sollten darüber hinaus auch qualitative Kriterien bei der Indexberechnung an der Deutschen Börse eine Rolle spielen, wie es bis 2016 im übrigen der Fall gewesen ist.
Wird sich der SDAX-Abstieg in irgendeiner Form auf ihr Geschäft auswirken und wie soll der Wiederaufstieg geschafft werden?
Auf unser Geschäft wird sich der SDAX-Abstieg in gar keiner Weise auswirken. Wir werden auch weiterhin sehr viele Einzelgespräche mit Investoren führen, auf zahlreichen Road Shows auftreten und zum Beispiel unser überaus erfolgreiches Geschäft mit Erneuerbaren Energien kommunizieren. Die Volatilität des Agrarhandels können wir allerdings nicht ändern.
Die erneuerbaren Energien waren für BayWa zuletzt ein wichtiger Wachstumstreiber. Haben Sie die Sorge, dass der Schwung insgesamt erlahmt, nachdem US-Präsident Donald Trump den Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hat?
Mit unserer Beteiligung BayWa r.e. sind wir mittlerweile in allen Ländern der Welt vertreten, in denen Erneuerbare Energien eine wichtige Rolle spielen. In dynamisch wachsenden Märkten wie Südostasien oder auch in Australien werden Erneuerbare Energien zudem immer bedeutsamer. Davon profitieren wir. Trotz eines möglichen Gegenwinds aus dem Weißen Haus – der weltweite Ausbau der Erneuerbaren Energien ist nicht mehr aufzuhalten.
Welche Ziele verfolgen Sie im Geschäft mit den erneuerbaren Energien?
Um uns in diesem Wachstumsmarkt zu positionieren, haben wir 2009 begonnen, sukzessive Firmen zuzukaufen, die vor allem im Solar- und Windbereich tätig sind und entsprechende Geschäftsmodelle innerhalb der Baywa r.e. aufzubauen. Beim Bau von großen Anlagen heißt das, dass wir sie planen und bauen, sie zeitweilig betreiben und an Investoren verkaufen – oft noch vor der Fertigstellung. In den letzten zwei Jahren hat außerdem unser Servicegeschäft deutlich zugenommen, weil wir diese Anlagen häufig nach dem Kauf für die Investoren technisch und kaufmännisch betreuen. Außerdem handeln wir mittlerweile weltweit über unsere Beteiligungen mit Solarkomponenten. Nicht zuletzt wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus rechnen wir auch in Zukunft mit einer soliden Nachfrage bei den Erneuerbaren Energien.
Im Vorjahr musste BayWa mit einigen Herausforderungen in der Agrarsparte fertig werden. Ein Grund waren die schwankenden Soja- und Sojaschrotpreise. Inwieweit hat sich Ihr Unternehmen besser auf Schwankungen auf den Weltmärkten eingestellt?
Bei klassischen Agrar-Produkten wie Getreide, Mais und Soja, die an der Börse gehandelt werden, werden die Preise volatil bleiben. Darum investieren wir in den Handel mit Spezialitäten wie zum Beispiel Hopfen, Biogetreide, Obst und Fruchtgemüse. Unsere internationale Ausrichtung und eine starke Diversifizierung bei den von uns gehandelten Gütern helfen uns, Risiken zu minimieren.
BayWa kommen einige Trends (Wachstum der Weltbevölkerung, höherer Fleischkonsum) zugute. Wie wollen Sie von diesen Trends profitieren?
Das prognostizierte Wachstum der Weltbevölkerung steht einem Rückgang an verfügbarer Ackerfläche gegenüber. Umwelt- und Klimaschutz sowie eine nachhaltige Produktion gewinnen immer mehr an Bedeutung. Damit steigt der Effizienzdruck für die Landwirte. Um mit der Entwicklung Schritt halten zu können, müssen sie ihre Betriebsprozesse optimieren und Kosten senken. Die Digitalisierung bietet hier Chancen, ist für viele Betriebe aber gleichzeitig eine Herausforderung. Für die BayWa ist deshalb die Digitalisierung ein Thema, das wir stark vorantreiben, denn hier liegen große Geschäftschancen für uns, da wir uns zum Beispiel auch herstellerunabhängig aufstellen. Schon heute bieten wir Landwirten ganzheitliche Lösungen an, die ihnen die Arbeit erleichtern, Betriebsmittel sparen und die Effizienz verbessern.
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