09.09.2017, 3217 Zeichen
Die EZB war am Donnerstag wieder butterweich. Trotzdem stieg der Euro kurzzeitig über 1,20. Was ist da schiefgelaufen?
Der Markt wusste anscheinend nicht so recht, was er mit Draghis Worten anfangen sollte. Einerseits wurde die wirtschaftliche Entwicklung gelobt, andererseits gab es keine Andeutung dazu, wie es mit QE weitergehen könnte. Das wird wahrscheinlich im Oktober entschieden.
Bis dahin bleibt die EZB auf ihrem bisherigen Standpunkt: die Geldschleusen bleiben offen. Wenn notwendig, kann auch noch mehr getan werden. Das glaubt zwar niemand mehr so recht, aber die EZB bleibt dabei.
In der Pressekonferenz wurde nachgehakt. Was kann die EZB denn noch tun, zumal ihr aus einigen Ländern die Anleihen ausgehen?
Draghi, der heute so sympathisch wie ein Kampfhund war, erklärte lapidar: bisher hätte die Notenbank immer noch ausreichend Anleihen gefunden. Und wenn es doch einmal knapp werden sollte, werden die Regeln vermutlich so angepasst, dass es wieder ausreichend Anleihen gibt, die die EZB kaufen darf.
Die EZB macht bisher keine Anstalten QE auslaufen zu lassen. Auch wenn die Entscheidung darüber erst im Oktober gefällt wird, so wurde heute das vieles klarer. Die EZB wird im Oktober verkünden wie es mit QE im nächsten Jahr weitergeht. Dass es weitergeht, schien vollkommen außer Frage zu stehen.
Persönlich halte ich dies auch für realistisch. Die Notenbank ist über die Wechselkursentwicklung besorgt. Wegen der Euroaufwertung senkte sie sogar ihre Inflationsprognose. Nun ist ihr einziges Mandat die Preisstabilität. Wertet der Euro auf, so ist diese Preisstabilität (knapp 2 % Inflation) gefährdet. Mit anderen Worten: bleibt der Euro stark bzw. wertet weiter auf, wird auch QE entsprechend länger laufen.
Die EZB macht zwar keine explizite Wechselkurspolitik, aber der Zusammenhang aus Wechselkurs und Inflation ist stark genug, um weitere Interventionen zu rechtfertigen, wenn der Euro weiter aufwertet. Letztlich übersetzt sich ein stärkerer Euro wirtschaftlich in geringeres Export- und Wirtschaftswachstum. Damit werden auch weniger neue Jobs geschaffen und die Löhne steigen dann auch nicht schneller. Werden weniger Jobs geschaffen und verdienen die Menschen nicht mehr, können sie auch nicht mehr Geld für Konsum ausgeben. Ein langsameres Nachfragewachstum dämpft die Inflation.
Da haben wir es also: eine Euroaufwertung gefährdet die Preisstabilität. So machte Draghi klar: die Notenbank ist über die Inflationsentwicklung enttäuscht, wobei diese Enttäuschung nur durch das solide Wirtschaftswachstum gedämpft wird. Was soll das heißen? Keiner weiß es.
Die Mehrheit der Notenbanker scheint jedenfalls der festen Überzeugung zu sein, dass das solide Wirtschaftswachstum durch die lockere Geldpolitik erreicht wird. Ohne diese Politik sähe es anders aus. Daher kann und muss die Geldpolitik weiter locker bleiben. Das klingt nicht nach einem baldigen Ende von QE.
Die Erstreaktion des Marktes – ein steigender Euro – ist da völlig fehl am Platz. Erkennen Marktteilnehmer erst, was da heute überhaupt gesagt wurde, dürfte der Euro in den nächsten Tagen, vielleicht sogar bis zur nächsten Notenbanksitzung, Schwäche zeigen.
Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de
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