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Finanzmarkt auf Sicht (Gerald Dürrschmid für das Börse Social Magazine)

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Frankfurt hat Scale. Und Wien?

Als mich Christian Drastil einlud, eine BSM-Kolumne zu betreuen, war ich sofort begeistert. Es ist eine Weile her, seit ich zuletzt redaktionell tätig war. In den letzten Jahren hatte ich fast ausschließlich Gutachten zu schreiben. Ursprünglich komme ich aus dem aktiven Bankgeschäft, also von der Finanzierungsseite. Bekanntlich verschmelzen jedoch Aktiv- und Passivgeschäft von Kreditinstituten spätestens am Ende der Fahnenstange, also im Large Corporate Business. Dort macht den Unterschied zwischen Veranlagung und Finanzierung bloß die Seite aus, auf der man sich im Moment befindet. 

Beginnen möchte ich mit einem Thema, das mich schon vor zehn Jahren in meiner Tätigkeit im Firmenkundengeschäft beschäftigt hat: Der Zugang von KMU zum Kapitalmarkt. Die Deutschen zeigen, wie es gehen kann. Mit 1. März wurde in Frankfurt das Segment Scale installiert. Scale löst den Entry Standard ab und verbessert (hoffentlich) für KMU die Möglichkeit, sich am Kapitalmarkt zu finanzieren, entscheidend. Das Korsett einer Kolumne verbietet, sich in Details zu verlieren; nur so viel: Natürlich erfolgt der Zugang geordnet, die Unternehmen müssen über eine bestimmte Kapitalisierung und einen Mindest-Streubesitz verfügen, sie müssen eine Reihe von Auflagen erfüllen und beim Einstieg professionellen Support in Anspruch nehmen. 

Es ist ein alter Hut, dass auch hierzulande das KMU-Segment traditionell bankenfinanziert war und ist. Österreich war die Oase des Kreditgeschäftes mit Firmenkunden. Das ging so lange gut, bis zur Jahrtausendwende „Basel-II“ an die Pforten klopfte. Die neuen Eigenmittelunterlegungsvorschriften zwangen Banken in einem ersten Schritt dazu, Ausfalls- und Verlustdaten in den einzelnen Kundensegmenten zu sammeln – mit wenig überraschenden Ergebnissen: Das Finanzierungsgeschäft im KMU-Segment positiv zu führen war und ist schwierig, wenn man die Erträge daraus „risikoadjusiert“, also den „Erwarteten Verlust“ vom Profit in Abzug bringt. Die Konsequenzen waren so vorhersehbar wie die Ergebnisse aus der Datensammlung: Plötzlich wollten/durften/konnten Banken gewisse Kunden nicht mehr finanzieren, waren sie doch gezwungen, die vergebenen Kredite in Abhängigkeit vom damit verbundenen Risiko mit zusätzlichen Eigenmitteln zu unterlegen. Wer keine ausreichende Bonität besaß, musste Sicherheiten zur Verfügung stellen. War auch das nicht möglich, gab es keinen Kredit mehr.   

Finanzkrise

Die Oase schien trockengelegt. Betroffene Unternehmen und deren Vertretung prangerten das restriktive Vorgehen der Banken an und beklagten die künstlich herbeigeführte Kreditklemme. Wieder einmal erklang der Ruf nach Öffnung des Kapitalmarktes auch für die „Kleinen“. Die Finanzkrise von 2007/2008 überspringe ich hier; natürlich verschärfte sie das Szenario. 2011 kam eine Gesetzesänderung, deren Konsequenzen von einigen Experten als Show-Stopper für die gewünschte Kapitalmarkt-Öffnung angesehen werden. Mit dem Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2011 durften auf dem Dritten Markt faktisch nur noch Namensaktien emittiert werden. Das dafür verpflichtend zu führende Aktionärsbuch bereitet nach wie vor Probleme; offenbar technischer Natur. Doch ist das wirklich die alleinige Ursache dafür, dass es keine Neuemissionen in diesem Segment gibt? Eine Studie des WIFO aus dem vergangenen Sommer sieht noch andere Gründe: Das wirtschaftliche Umfeld, das Fehlen zusätzlicher Investoren und performancestarker Unternehmen und die passive Haltung der Wegbegleiter von IPOs (Investmentbanken, Berater).  Das klingt österreichisch. 

Die Aufregung im betroffenen Segment hat sich mittlerweile gelegt. Die niedrigen Zinsen führten zu einer Entschuldung der Unternehmen, ausländische Kreditgeber „entdeckten“ den österreichischen Markt. Aber ein dauerhafter Ersatz für den Kapitalmarkt kann das nicht sein. Was also braucht’s, um diesen für KMU zu öffnen? Nun, in jedem Fall gewitzte und gut vernetzte „Treiber“, Leute aus der Politik und den Interessenvertretungen, vielleicht einen Kapitalmarktbeauftragten, der sich dieses Themas annimmt! 

Autor: Gerald Dürrschmid war als Jurist jahrelang im Risikomanagement einer österreichischen Großbank tätig. Er ist heute selbständiger Unternehmensberater, außerdem gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen.

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Aus dem Börse Social Magazine #03
(März 2017)





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