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Magazine Roundtable: Aktienforum, CIRA und ÖVFA liefern gleich mehrfache Aha-Erlebnisse

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Topmanager aus börsenotierten Unternehmen sprechen über ihre „Nebenbeschäftigungen“ in Aktienforum, CIRA bzw. ÖVFA und bringen griffige Beispiele aus der Praxis. Ja, es passiert Sinnvolles und Skurriles, wenn eine wirtschaftsdominierte Welt auf eine rechtliche Welt stösst. Ein launig optimistischer Talk, bei dem weder der Wunsch nach einem neuen Kapitalmarktbeauftragten noch eine Selbsthilfegruppe via WhatsApp vergessen wurde. 

Danke, Herr Ottel, für die Bereitstellung der Wiener voestalpine-Räume für dieses Roundtable. Heute geht es bei allen dreien um die Arbeit in den wichtigen Vereinen am Wiener Kapitalmarkt. Starten wir mit dem Aktienforum.

Robert Ottel: Das Aktienforum sieht sich selbst als Repräsentant der wesentlichen Stakeholder am Finanzmarkt Wien. Ungefähr 3/4 der Marktkapitalisierung der Wiener Börse sind Mitglied, daneben auch Banken, Finanzdienstleister und Finanzberater sowie andere Interessensvertretungen, die alle mit dem österreichischen Kapitalmarkt zu tun haben. Das Aktienforum selbst gibt es seit 1989 und wir sind sowohl auf nationaler Ebene als auch international tätig. International sind wir Mitglied der European Issuers und der European Association for Share Promotion. Der klare Arbeitsschwerpunkt des Aktienforums liegt in Österreich.

Kann man viel mitnehmen aus internationalen Verbänden oder ist Österreich irgendwie besonders?

Ottel: Natürlich ist Österreich nicht mit Frankfurt oder London vergleichbar, wir sind nur ein kleinerer bis mittlerer Platz. Gleichzeitig sind wir europäisch und haben enorme Regularien zu bewältigen, die die Kosten nach oben treiben. 

Sie sind Präsident.  Wie ist das gekommen und wie lange üben Sie diese Funktion schon aus?

Ottel: Ich bin seit 2010 Präsident, zuvor war ich Vizepräsident im Aktienforum. Als CFO der voestalpine wurde ich vom damaligen Präsidenten eingeladen, mitzuarbeiten bzw. mitzuhelfen. Irgendwann kam der Generationenwechsel. 

Macht es Spass?

Ottel (Pause, schmunzelt): Nicht alles muss immer Spass machen. Man verfolgt auch Ziele, manchmal sind diese idealistisch. Sagen wir so:  Die Arbeit für den österreichischen Kapitalmarkt macht Spass und ist frustrierend zugleich.

Herr Hagenauer, bitte kurz zur CIRA.

Harald Hagenauer: Etwa 25 Jahre ist es her, dass vier Unternehmen - Creditanstalt, EVN , Maculan, OMV - eine Selbsthilfegruppe für Kapitalmarktkommunikation gründeten. Seither verstehen wir uns als Know-How-Drehscheibe auf allen operativen Ebenen: Regulatorische Themen, Schulungsmassnahmen und Best Practice Aktivitäten. Das ist unser Anspruch. Dazu gehören Konferenzen, Veranstaltungen, u.a. Kooperationen mit Aktienforum und ÖVFA. Ich selbst dachte mir vor Jahren, dass der Wiener Markt so klein ist, dass er einfach funktionieren muss, um eine Chance in Europa zu haben. Die Player, die es gibt, müssen zusammenarbeiten und die Kräfte bündeln. Grosse Brocken müssen wir umschiffen, kleinere Steinchen gemeinsam aus dem Weg schaffen. Und es macht Spass, mit Kollegen was weiterzubringen. 

Paul Severin: Ich schliesse da gleich an. Die ÖVFA wurde bereits 1972 gegründet. Das Ziel war - in einer Zeit lange vor IAS oder US-GAAP - Transparenz zu schaffen. Es gab damals nur ein steuerliches Ergebnis und aus diesem hat man hochgerechnet, wie der Jahresüberschuss, das EGT, ausschauen könnte. Über diese Methodenfindung zur Herleitung des Unternehmensgewinnes hat sich die Vereinigung ergeben, zu Beginn gab es explizite Rechentermine, da trafen sich Analysten und haben eben aus dem Steuerergebnis gemeinsam den Gewinn je Aktie errechnet, das wurde dann über die OeKB publiziert. Natürlich penibel genau im Kammerl alles recherchiert. 

Wer hatte initiiert?

Severin: Die erwähnte Kontrollbank war dabei. Gemeinsam mit der Bankwissenschaftlichen Gesellschaft, Lucius. Langsam ist die Vereinigung übereingekommen, die Interessen der Analysten wahrzunehmen, es wurde später auf Asset Management erweitert. So heisst es jetzt auch Österreichische Vereiniung für Finanzanalysten und Asset Manager. Verschiedene Methoden wurden weiterentwickelt, zB Performancestandards von Portfolios. Wir verstehen uns als Interessensverband und sind zB auch, was die Grundsätze ordentlicher Finanzanalysen betrifft,  Ansprechpartner der Finanzmarktaufsicht. Es ist schade, dass das traditionelle Primärresearch zurückgegangen ist. 

Es fällt auf, dass die Erste Group mit Ihrem Kollegen Fritz Mostböck und auch Ihnen bei der ÖVFA stark engagiert ist ...

Severin: Wir sind beide im Vorstand der ÖVFA, Fritz ist der Präsident, er macht das sehr gut, ich bin im Vorstand der Kassier.  Fritz ist für uns auch international im Gremium EFFAS vertreten. Frisches Blut kam durch die RCB und Pioneer mit Stefan Maxian bzw. Andreas Wosol in die ÖVFA, beide haben CFA Charter Ausbildung. Neu ist auch Dietmar Rupar von der VÖIG, damit die Asset Management Themen besser verankert sind.

EFFAS wurde jetzt von der ÖVFA genannt, die European Issuers zuvor vom Aktienforum, mit wem arbeitet die CIRA auf internationaler Basis?

Hagenauer: Wir sind in Kontakt mit den europäischen Verbänden, am meisten jedoch im DACH-Raum mit Deutschland und der Schweiz, da sind die Themen am Ähnlichsten. London hat da auch andere Grössenordnungen, die Wiener Börse ist von der Dimension her 1,3 Prozent von London und 0,4 Prozent von New York.

Stichwort Events, gemeinsamer Wiener Börsepreis, Pressekonferenzen, Jahreshighlights der Verbände. Wer mag beginnen?

Severin: Highlight ist bei der ÖVFA grundsätzlich die Ausbildungsschiene, es gibt da den ÖVFA-Lehrgang, der gemeinsam mit der VÖIG aufgesetzt ist. Im Februar starteten wieder 22 Teilnehmer, es ist eine Ausbildung mit stark internationaler Schiene. Das Thema bleibt wichtig, auch wenn wir nicht mehr alles selber organisieren. Der Wiener Börsepreis ist natürlich ebenso ein Highlight, da bringt sich zusätzlich auch die Wiener Börse stark ein und wir versuchen, politisch wichtige Teilnehmer einzuladen, um die Diskussionen über den Kapitalmarkt weiterzuführen. 

Wer ist heuer der Keynote Speaker?

Severin: Das sollte Dr. Schelling sein.

Er sollte am besten gleich wieder einen neuen Kapitalmarktbeauftragten mitbringen ...

Severin: Ja, es ist in der Tat nicht so leicht. Es ist auch nicht leicht, Statements aus der politischen Ecke zum Kapitalmarkt zu bekommen.

Ottel: … Statements, die positiv sind, sonst kommt da eine Menge aus der Politik.

Severin: Ansonsten nehmen wir uns auch Themen wie zuletzt zB MiFiD 2 mit dem CFA Institut an, da gab es 70 Teilnehmer, dazu auch immer wieder Spezialthemen wie zB rund um Ölpreisschwankungen.  

Beim Aktienforum gab es Mitte Februar eine Pressekonferenz, die viel Echo brachte. Auch der AED, der Austrian Equity Day, war stark. Kommt dieser wieder?

Ottel: Wir überlegen jedes Jahr, wie wir die knappen Mittel, die wir haben, einsetzen, um die Öffentlichkeit von der Wichtigkeit des Aktienmarkts zu überzeugen. Daher versuchen wir stärker, die Mittel in Instrumente zu stecken, die nicht so sehr die eigene Community betreffen, sondern eine höhere Öffentlichkeits- und Breitenwirkung haben. Dazu zählen etwa Studien und Ergebnisse, die wir selbst präsentieren oder mit denen wir von Partnerverbänden oder auch der Wiener Börse zitiert werden, zB die Studie über die Bedeutung der Börsenotierten für Wirtschaft und Arbeitsplätze. Wir machen auch in regelmäßigeren Abständen eine Dividendenstudie, bei der es auch um die Frage der Höhe der Dividende geht. In Zeitungen liest man oft, dass die Dividende schlecht ist, weil sie die Unternehmen schwäche oder aushöhle. Da braucht es Aufklärung, wofür die Dividende da ist und wozu sie nötig ist. 

Wir sind auch, wenn EU-Richtlinien in nationales Gesetz umgesetzt werden,  rasch und kompetent in der Begutachtung der Umsetzungsvorschläge. Oft muss man darauf drängen, dass es nicht zu nationalen Alleingängen kommt, die den kleinen Markt zusätzlich über Gebühr belasten. Drüber hinaus überlegen wir vermehrt Veranstaltungen mit politischen Stakeholdern zu organisieren. Unsere Veranstaltung mit den Finanzsprechern der Regierungsparteien war sehr gut besucht. Kapitalmarkt ist kein Orchideenthema mehr. 

Gelingt es mit den Aktivitäten auch, aus der Community rauszukommen, zB dass auch der Boulevard was schreibt?

Ottel: Es gelingt uns immer besser, natürlich ist die Rezension in nicht fachspezifischen Medien eine andere, die Schwerpunktsetzung ist uns nicht immer ganz recht, weil gerne auf Themen wie regulative Kosten oder die Dividendenhöhe reduziert wird. Man muss das jedoch in Kauf nehmen, wenn man wahrgenommen werden will.  Es ist für uns als Verein auch eine Aufgabe, Dinge anzusprechen, bei denen einzelne Unternehmen Hemmungen haben, weil im Hintergrund die Befürchtung negativer Konsequenzen auf die Unternehmen bezogen besteht. Als Aktienforum sind wir eines der Ventile, um auch die gesammelte Meinung veröffentlichen zu können.

Bei der CIRA-Jahreskonferenz durfte ich im Vorjahr wieder dabeisein, wir werden zB für das nächste Magazine und  boersenradio.at an die 10 Stunden Audiomaterial highlighten. Welchen Stellenwert hat die Konferenz?

Hagenauer: Ist uns sehr wichtig, da sind 250 Leute aus dem Kapitalmarkt dabei. Wir wollen, dass da möglichst verschiedene Bereiche vertreten sind: IR, Juristen, Vorstände, Compliance, da geht es um Meinungsbildung und Know-How-Transfer. Daneben gibt es mehr als ein Dutzend kleinere Events, die das Set unseres Jahreskalenders darstellen. Die Arbeit, die in Kombination mit dem Aktienforum gemacht wird, wenn es um regulatorische Arbeit geht, ist ebenso wichtig. Wir müssen schauen, dass wir nicht die Bürde der grossen Welt schultern.

Wie sind die drei Verbände mit der Mitarbeit der jeweils angesprochenen Zielgruppe zufrieden? Wie ist das Engagement der Mitglieder? Gibt es Common Sense, dass das cool ist, oder müssen einige doch ordentlich motiviert werden? Zwangsverpflichtungen sind es ja nicht.

Severin: Es ist nicht immer so einfach, wir sind zB ehrenamtlich unterwegs, da muss man schon einiges an Zeit investieren. Wir haben bestimmte Arbeitskreise, für die wir gerne noch Spezialisten gewinnen würden, also mehr Breite schadet nie. Es gäbe viele interessante Personen aus anderen Bereichen, zB Privatbanken, da könnte man gemeinsame Ziele und Interessen verfolgen. 

Und wie machen die Börsenotierten beim Aktienforum mit?

Ottel: Wir versuchen uns auch als Serviceeinrichtung zu sehen, wir arbeiten also für die Mitglieder. Die CIRA unterstützen wir bei ihrer Jahresveranstaltung selbstverständlich auch via Sponsoring. Dort, wo es möglich ist und die Unternehmen bereit sind, sind wir froh über jede Mitarbeit, wobei man sagen muss, dass das Gros der Arbeit an Karl Fuchs, dem Geschäftsführer, liegt. Ohne ihn würde das nicht gehen. Man muss sich auch bewusst sein, dass es an der Größe der Unternehmen liegt, wir haben jede Bandbreite an Größe, und ich glaube, alle fühlen sich vertreten. Aufgrund der Vielfalt der aufkommenden Themen ist es für Repräsentanten kleinerer Firmen sehr schwer, sich in die oft komplexe Materie einzuarbeiten.  

Das ist auch eine Zeitfrage.

Ottel: Eine Zeit- und eine Ressourcenfrage. Ich selbst kann in einem großen Unternehmen natürlich auch viel einfacher zB IR oder Chefjuristen um Meinung und professionellen Input fragen.

Über die CIRA und deren Tools hört man vor allem von den jungen IR-Leuten sehr viel Positives. Ist die Mitarbeit durchgängig gut?

Hagenauer: Das freut mich zu hören. Ja, alle kommen zur Jahreskonferenz, das Einbringen ist natürlich auch bei uns auch spezifisch. Gerade für die jungen Leute ist es gut, dass wir ein Programm aufgesetzt haben, bei dem man lernen kann, wie der Markt tickt, da geht es zum Beispiel nach London. Das erleichtert den Einstieg für Personen, die meist entweder aus dem Rechnungswesen oder aus der Kommunikation kommen. Wir haben 90 Mitglieder, davon 60 börsenotierte Unternehmen. Da gibt es welche, die sehr gut ausgestattet sind, aber nach den Top10 im ATX ist es eine andere Thematik.

Wie hilft man den Kleinen bei konkreten Themen?

Hagenauer: Best Practice, da gibt es Events und sogar eine WhatsApp-Group. 

Also WhatsApp als Alert?

Hagenauer: Genau. Wenn jemand sagt, ich habe Schwierigkeiten zB mit der praktischen Umsetzung der Compliance-Verordnung. Da kommen dann rasch schon mal zehn Antworten, es ist eine Gruppe von 60 Leuten, das klappt gut.

Find ich ganz toll.

Severin: Ich auch.

Hagenauer: Da geht es aber auch um Preise von Serviceprovidern, das spricht sich rum.

… oder unsere kommerziellen Angebote vom Börse Social Network.

Hagenauer (lacht): Genau, alles spricht sich rum. 

Ich find das jedenfalls sehr gut. Zurück noch ein wenig zu Regulatorien. Was sind die ganz grossen Herausforderungen 2017?

Severin: Im Research-Bereich ist es klar MiFiD 2, hier geht es um die Verrechnung von Research, bisher war Research Teil von den Tradinggebühren, das ist mit MiFiD 2 nicht mehr möglich. Wir sagen, dass das einerseits ein Schritt in Richtung Transparenz ist, es zwingt aber die Anbieter nachzudenken, was eine adäquate Leistung ist. Man muss genauer hinschauen, auch, was man sich überhaupt leisten kann, wenn man als Kostencenter geführt wird. Da gibt es noch einige offene Fragen. In UK hat es zB nicht funktioniert mit dem Researchkonto. An einem kleinen Markt wie Wien ist es zB auch schwierig, weil so viele Small Caps da sind: Soll da der Emittent mitfinanzieren? Das wird sicher nicht so einfach werden. 

Das ist ja auch bei der CIRA immer wieder ein Thema, das Bezahlresearch ...

Hagenauer: Ja, generell sind die gestiegenen Kosten des Kapitalmarktes ein grosses Thema. Die Eintrittskarte ist teurer geworden. Wir haben Compliance und Governance Abteilungen aufgebaut. Es stellt sich die Frage, was man weglassen kann oder reduzieren, vieles ist sinnlos. Ein Beispiel mit der Compliance-Verordnung: Warum müssen wir 10.000 Postler über die Verordnung informieren, wenn diese nie in einem Vertraulichkeitsbereich sein werden. Wird bei der voestalpine ähnlich sein. Also wohlgemeint, aber sinnlos und teuer. Und dann auch die Informationspflicht der Aufsichtsräte und Organe. Eine Bank sprach von 4000 Meldungen pro Monat, wenn man das alles konform umsetzen würde. Also viele gute Ideen begleitet von Ausführungen, die Bürokratie befördern. Wir sind ein Micky Maus Markt, der die Welt nicht aus den Angeln heben wird. Wir sehen, dass die Verrechnungssystematik im Kapitalmarkt sich verändert. Die grossen Fonds geben 20 Prozent weniger für Research aus, das kostet bei kleineren Banken Jobs und kleinere Unternehmen haben weniger Research. Die Top10 in Österreich wird das nicht beeinträchtigen, die haben alle mindestens 10. Wir erheben als CIRA, dass das Research aber insgesamt rückläufig ist und der Trend wird sich leider beschleunigen. Nun ist aber Coverage sehr wichtig, es geht um Aufmerksamkeit. Weiters die ad-hoc-Problematik: Denn wenn ich keinen Konsensus im Bloomberg habe, kann ich mich nicht benchmarken, aber dann bin ich in der ad-hoc-Gefahr, da schleppt man Risiko mit. Wenn es bei Palfinger , FACC oder Rosenbauer nur noch 2-3 Analysten gibt, ist es schwer, einen Konsensus zu finden. Dh, wir müssen uns zusammensetzen, wie man Anreizsysteme schaffen kann, um mehr Analyse am Marktplatz Wien zu kreieren. Analyse ist die Glut, die ein Marktplatz braucht. Ohne Glut kein Feuer.

Einige Unternehmen sind aber sehr vorsichtig mit ihrer Guidance.

Hagenauer: Richtig, aber das ist nur ein Randthema. Das hält einen Analysten nicht ab.

Severin: Die Transparenz ist die grosse Stärke des Kapitalmarkts, je mehr Research da ist, desto effizienter wird ein Markt in der Preisfindung sein. Die Volatiliät nimmt mit Abnahme von Research deutlich zu. 

Hagenauer: Ich sehe die Gefahr, dass wir unterkritisch werden und sich einfach noch weniger Leute für den Markt interessieren. Es braucht also Incentivierungsmodelle, die Schweizer Börse hat da ein interessantes Modell geschaffen.

Was tun die?

Hagenauer: Das gibt es ein Incentivesystem, das die Börse unterstützt.

Severin: Das war bei uns auch schon mal Thema.

Hagenauer: Ist ein grosses Thema für uns als Verbände. 

Ottel: Zur Regulatorik ein grundsätzlicher Gedanke. Es kollidiert eine wirtschaftsdominierte Welt mit einer rechtlichen Welt. Und überall dort, wo es eine Schnittmenge zwischen den beiden gibt, kommt es zu unterschiedlichen Interpretationen. Wir haben zB über Jahre ein Enforcement eingeführt in Österreich, das jetzt mit OePR und FMA zweistufig ist. Aus der Sicht des rechtlichen Hintergrundes ist es natürlich wichtig, die Jahresabschlüsse der Unternehmen als Basis für Analysten und Beurteilung möglichst perfekt zu machen. Fragt man aber Investoren, ob sie wissen, wer in Österreich oder Deutschland eine Fehlerfeststellung hat, kommt in der Regel, dass man keine Ahnung hat, was das ist. Das ist für die Investoren also gar kein Thema. Da kann man sich dann schon fragen, ob nicht zu viel Aufwand betrieben wird, wenn es dann just die Investoren überhaupt nicht interessiert. Es gibt also hier nur rechtliche Relevanz, in wirtschaftlicher Sicht nur, dass es Geld kostet und nicht einmal beachtet wird. Zweites Beispiel ist die Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie, wir haben da kaum Gestaltungsspielraum. Muss ich verstehen, dass ich meine minderjährigen Kinder schriftlich über ihre Verpflichtungen aus der Marktmissbrauchsrichtlinie informieren muss, auch wenn die das noch gar nicht begreifen können? Ich muss es aber machen und den Schrieb aufheben. So etwas trägt zu einer „Was-soll-das?“-Stimmung bei. Oder die Directors Dealings: Früher musste ich als Vorstand meine Käufe und Verkäufe melden, völlig richtig so. Und dann ist es auf die FMA-Homepage gestellt worden. Man konnte als Journalist oder sonstiger Interessierter leicht schauen, wer Transaktionen getätigt hat. Heute veröffentlicht die FMA nicht mehr, man muss jedoch eine Ad-hoc schalten, die nur Spezialisten - wenn überhaupt - mitbekommen ... 

… wir haben uns dafür ein Programm geschrieben. Aber ja: Der Überblick, die Gesamtansicht, fehlt. 

Ottel: Genau, es ist komplizierter, aber mit weniger Transparenz. Das sind kleine Beispiele, bei denen ich mich frage, was das Ziel ist. Der Weg ist manchmal nicht so super.

Ich muss da einhaken, ich hab Sie das auch zuletzt bei der PK schon gefragt, aber journalistisch noch nicht verwertet. Sie hatten vor wenigen Wochen voestalpine-Aktien erworben, auch früher schon gekauft, aber noch nie verkauft. Nun gibt es Manager, die sagen, ich kauf gleich gar nicht, denn wenn ich mal verkaufen will, fliegt mir das um die Ohren und dem Unternehmen gleich mit ...

Ottel: Ich bin mit meinen Aktien gut gefahren, daher gibt es auch keinen Grund zu verkaufen. Bei mir ist es der beste Teil meiner Veranlagung. Ich persönlich glaube, dass Ängste übertrieben sind. Aber natürlich kann das ein Problem sein, weil man Angst hat, ein Verkaufssignal zu setzen.

Die Size wird ja mitgeliefert, oft ein Neid-Thema.

Ottel: Als Vorstand eines börsenotierten Unternehmens ist mein Einkommen offengelegt, das kann ich sowieso nicht vermeiden. Aber noch etwas zur Umsetzung der MAR und zwar zum Thema der Whistleblower Homepage für Börsegesetz und MAR. In Deutschland ist es relativ klar umgesetzt, dass die Corporates das nicht machen müssen, in Österreich ist die gesetzliche Formulierung leider ein bisschen unglücklich. Da gibt es zwei Interpretationen des Gesetzes und es ist unklar, ob Corporates betroffen sind oder nicht. Europäisch ist es nicht gefordert und möglicherweise in Österreich schon. Da sprechen wir von jährlich ca. 60.000 Euro Kosten je Unternehmen zusätzlich, das ist für die Kleinen viel Geld. Dazu kommt, dass der administrative Aufwand heftig ist, für die Umsetzung einer genehmigten Whistleblower-Homepage braucht man zwei Jahre. Also machen wir es bitte nicht komplizierter als notwendig.

Hagenauer: Vieles kommt aus Europa und bei uns setzt man das Sahnehäubchen drauf, sei es Gehorsam, Gold -Plating oder auch Skurrilitäten. 

Das ist auch etwas, das mir in den Interviews mit Christoph Boschan aufgefallen ist, dass das Sahnehäubchen eine österreichische Spezialität sei. So lange ist der Börsevorstand ja noch nicht in Österreich und von aussen sieht man das ja nicht.

Severin: Man muss aufpassen, weil es auch einen Wettbewerb der internationalen Aufsichtsbehörden gibt, gerade in der Investmentfondsbranche tut sich viel. Die Union Invest zieht alles nach Luxemburg ab, weil offensichtlich dort ein anderer Zugang geboten wird und ein anderes Mindset zum Kapitalmarkt gegeben ist. Was Sie, Herr Ottel, vorher gesagt haben, fand ich sehr wichtig. Man sollte neben der gesetzlichen Seite auch die wirtschaftliche Seite sehen. Der Kapitalmarkt hat viele Vorteile und die Aufsichtsbehörden sollten ins Boot geholt werden, weil es eben auch um den Standort geht, da kann es eine Wiener Börse unnötig schwer haben.

Ottel: Man muss auch ein bisschen eine Lanze für die Aufseher brechen, nicht zu stark …

(alle lachen)

Ottel: ... natürlich ist es für den Aufseher schwer zu entscheiden, wenn das Gesetz nicht klar formuliert ist. Ich verstehe den Aufseher, der eher streng anwendet, damit er keine Probleme bekommt. Wir haben kein Kapitalmarktbewusstsein, keine Ausbildung wie beispielsweise in den Niederlanden oder in England. Wenn die Bedeutung nicht da ist, sind die Abstimmungsprozesse in der Gesetzgebung nicht ganz so effizient und da kommt der Wunsch und die Bitte, wie Sie vorher angesprochen haben, wieder einen Kapitalmarktbeauftragten zu installieren, der einfach nur ermöglicht, als Ansprechperson da zu sein und vermeidbare Fehler zu reduzieren bzw. diese gleich zu vermeiden.

Was antwortet die Politik zum Thema Kapitalmarktbeauftragter, Sie werden ja schon vorgefühlt haben ...

Ottel: Was ich wahrnehme, ist, dass der Kapitalmarkt wieder stärker wahrgenommen wird.

Das Low haben wir quasi mindset-mässig gesehen? Ich glaub das schon.

Ottel: Ja, das glaub ich auch. Das Low, dass man an der Börse als Spekulant nur den Zaster abnehmen will, ist vorbei. Da kam auch einiges aus Oberösterreich, leider. Im Arbeitsprogramm der Regierung gibt es Willensbekundungen. Hoffen wir einfach, dass es auch in der Umsetzung materialisiert wird. Ich bin guter Dinge. Das ist die Antwort, weil Sie vorher nach Spaß gefragt haben. Ja, das könnte Spaß machen. Das Low hat nicht viel Spaß gemacht.

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(Februar 2017)





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